Ist das Pflegen von Freundschaften zwingendermaßen ein kontinuierlicher
Arbeitsprozess?
Ist die Anstrengung für das Aufrechterhalten von interessanten
Konversationen die Energie die notwendig ist eine Beziehung aufrecht zu
erhalten? Ist Zeit ein relevanter Faktor? Vergeht die Intensität einer
Beziehung bei ausbleibender Kontaktaufnahme? Was sagt uns das über die Natur
einer Beziehung? Ist eine Beziehung nicht immer ein beiderseitiges festhalten
wollen an Illusionen und individuellen Zukunftsprojektionen? Muss eine Beziehung
nicht notwendigerweise universal sein, weil eben Menschen universal sind? Ist
eine Beziehung basierend auf kulturellen und erfahrungsbedingten Wertvorstellungen,
Empfindungen und Erwartungen die beide oder alle beteiligten Personen bis zu
einem gewissen Grad teilen? Was ist dann der grundlegende Basiswert einer
Beziehung überhaupt? Besteht er aus reinen Vorstellungen? Wie haben wir
Menschen den notwendigen, physischen Kontakt zu uns selbst und untereinander
verloren, unabhängig von imaginären Persönlichkeitsmerkmalen, wandelbaren
Idealen, Präferenzen und Abneigungen, an illusionär geformten und
programmierten Idealen gemessenen Wertungen? Wo ist der Kontakt zum Hier, zum
Lebendigen in uns allen? Muss eine Beziehung nicht in erster Linie auf der
bedingungslosen Akzeptanz des Selbst als Bestandteil des Lebens aufbauen, die
alles Leben als Einheit mit einschließt und aus dem Selbst heraus entsteht, das
du wirklich bist, anstatt aus den Erwartungen an eine andere Person?
All diese Fragen und einige mehr habe ich mir im Lauf der
letzten Jahre immer wieder gestellt und sie mir nach und nach selbst
beantwortet, so dass ich absolut in jedem Moment zu diesen Antworten stehen
kann.
Eine Beziehung aufrecht zu erhalten ist anstrengend. Ja, das
ist wohl so, denn wenn wir uns selbst einmal betrachten, unsere Persönlichkeit
mit all ihren Vorlieben, Abneigungen, mit all ihren Wünschen, den emotionalen
Reaktionen auf die unterschiedlichsten Situationen und Menschen, wenn wir
erkennen wie wenig wir davon im Grunde verstehen, wie wenig wir uns selbst
verstehen, und wie viel wir von alledem blind hinnehmen, es als das was wir
sind akzeptieren ohne auch nur einmal innezuhalten und uns zu fragen ob das
wirklich der Fall ist, ob wir unsere Beziehung zu allem nicht selbstbestimmt ändern
und beeinflussen können, dann erkennen und verstehen wir zwangsläufig, dass
eben aufgrund der Tatsache, dass es allen anderen Menschen, zu denen wir eine
Beziehung haben können, ebenso ergeht und dass das eine Beziehung im Grunde
nahezu unmöglich macht, wenn man sich nicht unheimlich dafür anstrengen würde.
Was bleibt ist die Frage, ob diese Beziehung die aus einer
Anstrengung erwächst tatsächlich eine gesunde, bzw. eine Früchte tragende
Beziehung ist, ob diese Beziehung tatsächlich das ist, wonach wir uns im
innersten sehnen, oder ob sie ein verzweifelter Versuch ist, die eigentlich
notwendige Anstrengung, die Arbeit an sich selbst, die Erkenntnis und das
Verständnis für sich selbst zu erlangen zu umgehen, weil diese uns unangenehm
erscheint und dafür ein Ersatzkonstrukt einer Beziehung in Kauf zu nehmen, das
krampfhaft und unter erheblichem Aufwand der gegenseitigen Manipulation und des
gegenseitigen Hintergehens am Leben erhalten werden muss, nur um irgendwann
zwangsläufig unter der erdrückenden Last der mentalen, gedanklichen
Verstrickungen und des Selbstbetrugs zusammenzubrechen und auseinanderzufallen.
Dann stellt sich aber für alle Beteiligten im Grunde immer diese ehemalige
Beziehung als ein Scheinkonstrukt dar, nur dass man sich selbst diese Lüge eben
nicht eingesteht, sondern noch immer versucht, den anderen für das
unausweichliche Scheitern verantwortlich zu machen.
Doch in Wahrheit muss eine Beziehung aufgebaut auf
trügerischen Lügen nicht scheitern. Wenn man es ernst meint mit der Selbstentwicklung
und den schritt einmal gegangen ist, sich in Selbstehrlichkeit seiner
Eigenverantwortung zu stellen, dann stellt eine solche Beziehung eine Chance
dar, sich auf diesem Weg der Desillusionierung und hin zu einer ehrlichen,
aufrichtigen Beziehung auf Augenhöhe und gleich miteinander gegenseitig zu
stützen und bei der Einsicht in die Gedankenfallen und die trügerischen
Bewusstseins-Konstrukte beiderseitig zu helfen. Ich rede dabei auch nicht
unbedingt von Partnerschaften und Ehen, sondern ganz bewusst von jeder Art von
Beziehung, über Verwandtschaftliche, freundschaftliche, sexuelle und
Lebensgemeinschaftliche Beziehungen jeder Art.
Denn tatsächlich und für den gesunden Menschenverstand frei
einsehbar ist die Erkenntnis, dass es sich bei und allen als Lebewesen, als
Substanz und Existenz dieses Daseins um eine Familie handelt und dass jeder
Versuch sich abzutrennen, sich hervorzuheben, sich als außergewöhnlich zu
stellen –oder eben jemand anderen – eine reine Einbildung ist. Es ist der
freiwillige Verzicht auf die Fähigkeit der Einsicht und die Hingabe an etwas,
das man wahnhaften Glauben nennen könnte. Fortschritt, Wachstum und Entwicklung
schieben wir vor als Grund für diese Lüge gegenüber uns selbst und versuchen
damit all die zerstörerischen, katastrophalen und das Leben von uns allen
bedrohenden Konsequenten dieses Wahnkranken Handelns zu rechtfertigen. Wir wissen, dass unser kurzes Bewusstes Leben
endet und dennoch hoffen wir, innerhalb dieser Zeitspanne die äußerlich
bedingte Erfüllung zu erlangen, durch Konsum, Technologie, Komfort und Wachstum
in allen Bereichen. Wir erkennen nicht, dass dieses kurzsichtige und
kurzfristige Handeln enorme Konsequenzen für die nachkommenden Generationen
hat, oder schlimmer noch: wir erkennen es, aber wir ignorieren es, weil wir
lieber an der Unsterblichkeitsfantasie unserer eigenen Seelen festhalten.
Und daher haben wir auch unzählige Konzepte einer perfekten
Beziehung erfunden, die uns eben das vormachen sollen, die Erfüllung eines
Wahns, eines Märchens das uns einlullt in die Selbstverliebte Egomanie. Eine
Freundschaft zu einer bestimmten Person, unter bestimmten Bedingungen, mit
hundert künstlichen Verhaltensregeln. Eine Liebe mit abertausend Bedingungen an
die äußeren und inneren Umstände, eine Familiäre Bindung die unter gewissen
Voraussetzungen wieder in Frage gestellt wird um sich von Verantwortung oder
unangenehmen Konsequenzen loszusagen, all das sind Traumtänzereien, aber
niemals wirkliche Beziehungen zu dem Lebendigen, zum Leben, zu dem Wandelbaren,
Wunderbaren, dem Gleichen, dem, was uns alle eint in dieser Existenz. Diese
scheinbaren Beziehungen sind Illusionen und Zwänge, und deshalb krampfhaft und
unwirklich.
Eine wahrhaftig aufrichtige Beziehung kann nur der führen,
der eine ebensolche zu sich selbst als Mensch und Gleicher unter Gleichen hat.
Jemand der eine Beziehung zum Leben selbst hat, die ihn mit allem eint und der
daher auch niemanden mehr oder weniger lieben kann als sich selbst. Eine solche
Beziehung ist und muss immer universal sein, und daher Bedingungslos.
Bedingungslos bedeutet aber eben auch, dass körperliche
Trennung, der mangelnde Kontakt zu einer bestimmten Person, die mangelnde
Pflege dieser Beziehung, wie man es gesellschaftlich bezeichnen würde,
keinerlei Rolle für das Fortbestehen oder die Intensität dieser Beziehung
spielt. Denn all diese Konstrukte der Enttäuschung, des Beleidigt Seins, der
zwanghaften, genötigten Kontaktaufnahme, dienen nur einem Zweck, der Entstehung
eine krankhaften, egoistisch-parasitären gegenseitigen Ausnutzung der
beteiligten Persönlichkeiten. Diese Form der Zusammenhänge, egal wie auch immer
man sie nennt – ob Freundschaft, Partnerschaft, Ehe, Liebe, ist eine sind ein
Resultat mehrerer untereinander verketteter Ego-Persönlichkeiten, die in dem
jeweils anderen vor allem einen Vorteil sehen, egal welcher Art. Das muss nicht
einmal immer ein sozialer, finanzieller Vorteil sein, es reicht völlig, wenn
sich die Ego-Persönlichkeit, das eingebildete Gedankenkonstrukt eines Selbst
von diesem Verhältnis ernähren und aufrecht erhalten kann, wenn genügend
Energie aus dem Fleisch emotional generiert wird, um es zu füttern.
Der Beweis meiner Behauptungen liegt, neben der Beobachtung
des Menschen und menschlicher Auseinandersetzungen während und vor allem
nachdem Beziehungen beendet wurden, in der ständigen Erwartungshaltung und den
mit ihr verbundenen Enttäuschungen, die immer wieder, fortwährend eintreten
aber geduldig und angestrengt ignoriert und übersehen werden, bis auf
diejenigen Male in denen sich dann der Frust und die Unzufriedenheit in
systemkonformen Momenten die explizit vom Unterbewusstsein ausgewählt werden
entlädt. Das heißt der Beweis bleibt einzig und allein jedem selbst zugänglich,
wenn er bereit ist sich und seine inneren Reaktionen zu studieren, zu beobachten
und sich in Selbstehrlichkeit zu schulen wenn es darum geht die eigenen,
tatsächlichen Motive in jedem Moment und in jeder emotionalen Reaktion zu
erkennen.
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