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Donnerstag, 14. Juli 2016

Tag 209 - 'Kings & Queens' - Wahre Herrschaft #1





„Leben wie ein König“ / "Leben wie die Könige"

Eine weit verbreitete Aussage, meist im Zusammenhang mit der Vorstellung eines Lebens im Überfluss, in zurücklehnender Bequemlichkeit oder überschwänglicher Konsumgier. Doch was steckt wirklich hinter dem Wunsch zu „herrschen“, Macht zu besitzen und zu bestimmen? Es ist der Wunsch die Zügel für das eigene Leben, die eigenen Geschicke tatsächlich wieder in den Händen zu halten. Sich selbstbestimmt zu entwickeln und im Leben zu bewegen. Da wir das völlig verlernt haben, da wir in unserem Selbstwert durch die Verlagerung desselben in imaginäre Images und konsumabhängige Waren zutiefst verunsichert sind, halten wir Herrschen für etwas, das andere über uns tun, oder aber das wir über andere tun müssten. Dieser pervertierte Gedanke der Machtausübung ist eines der größten Hemmnisse tatsächlicher Entwicklung und eine Sabotage des menschlichen Potentials. Herrschen, Be-herrschen und alleinige Macht gibt es nur über dich, bzw. dein Selbst. Und genau da beginnt der Königsweg.

Leben wie die Könige bedeute eben nicht, wie es seit jeher in den Büchern und Geschichten, bzw. den Geschichtsbüchern beschrieben wird ein Leben in Völlerei und habgieriger Grausamkeit. Es bedeute auch nicht Ein König als Herrscher über das Volk, nicht Despot, Monarch oder Diktator. Ein Leben wie die Könige gibt es nur unter Königen und Königinnen, unter gleichgestellten Herrschern. Wie soll man die Gesellschaft derer genießen die man in wahnkranker Selbstverliebtheit missachtet? Die Perfektionierung gestalterischer Herrschaft muss Gleichstellung anstreben, einen Ausgleich und eine gemeinschaftliche Anstrengung. Der Drang selbst zu herrschen und die Geschicke zu bestimmen, als ein einzelner Teil vom Ganzen, kann nur sabotierende Wirkung auf die Möglichkeiten der potentiellen, eigenverantwortlich getragenen Entwicklung einer Gesellschaft oder Gemeinschaft haben. Ganz davon abgesehen, dass eine solche Position allein durch gewaltsame, räuberische Unterdrückung und Ausbeutung errichtet und gehalten werden kann.

Die eigentliche Macht als Mensch richtet sich letztendlich immer auf dich selbst und mündet konsequent in das Leben eines Verantwortung tragenden, in sich selbst ruhenden Menschen, der sich nicht beherrschen lässt und über nichts anderes herrschen will als sein eigenes Selbst. Und wer sich der eigene König und die eigene Königin ist achtet, ehrt und respektiert sich selbst ausschließlich angesichts seiner Taten, worin sie gründen und wohin sie führen. Darin ist er unantastbar, weder zu verurteilen noch sich selbst verurteilend, unbestechlich und sicher. Einen sich selbst bestimmenden, lenkenden und beobachtenden Menschen kann man nur in seiner eigenen Sprache, mit gleichgestellten Mitteln derart beeindrucken, dass er beeinflusst, bzw. bereichert wird. Und dieser Eindruck kann nur gelebt vermittelt werden, als das Beispiel, das hier und jetzt der Fall ist.
Seine eigene Natur in dieser Weise zu schulen, zu kultivieren,  an die Prinzipien des tatsächlichen Lebens und all seiner bedingten Abhängigkeiten anzugleichen und die eingeschlagenen Wege an den Prinzipien der einheitlichen Entwicklung eines Ganzen zum Wohl aller auszurichten, das ist die schöpferische Kraft die das gesamte Potential des Menschen abverlangt und ihn wahrhaft lebendig und stark macht. Es gibt nichts erbärmlicheres als einen Sklaven seines fremdbestimmt emotionalen Körpers und jeder Versuch der Rechtfertigung solch reaktionärer Bequemlichkeitsmuster verlagert die eigene Existent mehr und mehr in die imaginäre Welt der Gedanken, während die körperliche Existenz zu einem Instrument des Systems verkümmert.

Ein Volk von Königen und Königinnen, das ist das zivilisatorische Ziel, das dem Menschen und seinem Potential würdig ist. Was wir bisher verfolgt haben und immer noch mit einem rückwärts gerichteten Blick in die Zukunft als unseren Weg akzeptieren ist das genaue Gegenteil davon. Es ist der krankhaft sehnsuchtsvolle Wunsch nach Führung, nach externalisierter Schuld und damit auch der Auslagerung jeder Eigenverantwortung, nach Regulation und gewaltsamer Ordnungserhaltung. Es ist ein in einem programmierten Identitätsverlust gründender Wunsch nach gefühlter Sicherheit, die wir im Grunde nur uns selbst geben können.
Man könnte das Ganze auch andersherum beschreiben, indem man sagt ein Leben wie die Könige kann es nur ohne Könige geben. Allerdings wirkt dieser Gedanke im derzeitigen Angst-Zustand, in einer vollkommen menschen- und lebensfeindlichen Weltordnung, einem heuchlerischen Wertesystem und der permanent angetriebenen Flucht vor dem Selbst und seiner Verantwortlichkeit vielmehr Angstverstärkend als einladend.
Richtiger wäre diese Herangehensweise dennoch, denn im Sinne einer Entwicklung gesellschaftlichen Zusammenlebens zum Vorteil aller kann das Herrschen nicht in der herkömmlichen Weise verstanden werden. Das Herrschen wird vielmehr zum Beherrschen im Sinne einer Fertigkeit, sowohl im Umgang mit sich selbst, als naturgegeben auch im Umgang mit den anderen. Dieses „sich selbst beherrschen“ lässt vor allem aber auch keine andere Einsicht zu, als dass das Verstehen seines eigenen Selbst immer in Abhängigkeit zu den anderen und in Interaktion mit ihnen stattfindet, ob rein gedanklich oder auch körperlich, (wobei das Erstere nur bedingt durch die Erfahrung des physischen Erfassens möglich ist), und dass sich genau darin alle gleichen. Anderenfalls wäre überhaupt keine Art der sinngebenden Verständigung möglich.

Es ist und muss jeder Versuch der persönlichen Ausgrenzung durch eine Annahme der eigenen Erhabenheit motiviert sein und ist damit ein gewaltsamer Akt zum Schaden des Ganzen, und damit natürlich auch zum Schaden des betreffenden Individuums selbst. Das öffentliche Jammern, das selbstmitleidige Fingerzeigen, ist ein heute allgegenwärtiges Symptom einer feigen Selbstaufgabe und des Versuches, sich in scheinlogischen, abstrakten Gedankenwelten eine neue, im Vergleich zur wahren Natur lächerlich anmutenden Lebens- und Identitätsgrundlage anzueignen. Ein billiger Ersatz ohne Gehalt, ohne solide Beständigkeit, Gedanken und Worte ohne jegliche Bedeutung. Daher sind alle Debatten, jede politische Wendung innerhalb dieser Strukturen lediglich Ablenkungen, Beschäftigung für den Verstand, damit er sich nicht selbst in seiner erbärmlichen, geduckten, beschnittenen Position erblickt, erkennt und traumatisiert.

Wo sind die Individualisten in unserer Welt? Woher nehmen sie ihre Meinungen, ihr Erscheinungsbild, ihre Werte des Anstands, der Moral und der Ethik? Sie übernehmen sie, sie akzeptieren vorgegebene Nischen, niemand stellt sich gegen den allgemeinen Strom. Im Gegenteil, sie suchen nach Mit-treibenden, um sich ihnen anzuschließen, sie möchten sich nicht selbst rechtfertigen, sondern kopieren zirkelschlüssige Argumentationsketten unter völliger Ignoranz ihrer eigenen Wahrnehmungsfähigkeit. Angst, und aus Angst geborener Hass, projizierte Wut die durch den gerichteten Finger wie durch einen Blitzableiter auf Feindbilder gelenkt wird veranlassen sie zu permanenter Bestätigungssuche. Spaltung, Unsicherheit, ängstliche Verhaltenheit, Misstrauen und Missgunst sind das Ergebnis und sie schaffen so eine hervorragend lenkbare Masse, ein Volk nutzbar gemacht als Ressource eines alles verdauenden Konsumsystems.

Es gibt keine wahren Individuen mehr. Diese würden hervorstechen, nicht in ihrer Rücksichtslosigkeit, in ihrem zwanghaften Versuch zu glänzen, sich mit den geborgten Werten zu schmücken um falsche Anerkennung einzuheimsen. Sie würden durch ihr Brennen für das Leben, ihren hingebungsvollen Einsatz für die Bereicherung der Gemeinschaft leuchtend hervortreten. Sie würden sich vor sich selbst rechtfertigen können und vor jeder Anklage für sich selbst geradestehen. Sie würden ihre erlernten Fähigkeiten nicht verbergen, sie nicht mystifizieren um sich Vorteile zu verschaffen, sondern offen und vollkommen transparent ein Beispiel geben, wie jeder Einzelne sich selbst zum Leben verhelfen, sich selbst als gleichwertiger Teil einbringen und als solcher teilhaben kann. 

Wir leben als Sklaven unserer eigenen Schöpfung, mehr denn je. Und der einzige Grund ist der Unwille, uns unseren Ängsten zu stellen, anstatt sie zu verdrängen und irgendwelchen Machtapparaten und Institutionen imaginär die Verantwortung zu überlassen.

Sonntag, 21. Dezember 2014

Tag 189 - Was mache ich hier und wie bin ich dahin gekommen?




















Was mache ich hier und wie bin ich hier her gekommen?

(bzw.: Was ich hier mache und wie ich dahin gekommen bin)

Es ist nicht so, dass ich mich von der Verantwortung lossagen möchte mit dieser Frage. Im Gegenteil. Meine Intention ist es, dieser Frage auf den Grund zu gehen, und zwar gerade im Hinblick auf meine ganz persönlichen und eigenen Handlungen und Entscheidungen.


Die Momentaufnahme (10 Selbsturteile):




1. Ich bin zutiefst enttäuscht von mir selbst.

2. Ich habe große Schwierigkeiten mich selbst zu definieren.

3. Ich habe ein starkes Verlangen nach Veränderung.

4. Ich kann diese Veränderung nicht beschreiben, ich weiß weder wohin ich will, noch was ich  
    dafür tun kann etwas zu verändern.

5. Ich empfinde mich selbst als unzulänglich in fast allen Bereichen.

6. Ich habe starke Schuldgefühle, weil ich das Potential und die Ressourcen die mir zur
    Verfügung stehen nicht nutze.

7. Ich habe keine Schwierigkeiten mich als Versager zu definieren.

8. Das Leben das ich führe kommt mir fremd und aufgezwungen vor.

9. Ich verstehe mich selbst nicht, bzw. vermeide es, mich selbst wirklich aufrichtig zu 
    hinterfragen.

10. Ich stecke fest.
 



Auslegung:

1. Die Enttäuschung im Sinne der Definition des Wortes als eine Wegnahme einer Täuschung hängt mit der Selbsttäuschung zusammen, die ich über mich und von mir selbst gestaltet und aufrechterhalten habe. Ich habe ein diffuses, schwer fassbares, von Emotionen geprägtes Bild von mir selbst. Ich sehe mich als einen Menschen mit einer bewegten Vergangenheit, die vornehmlich von einer Aneinanderreihung von Fehlschlägen und mittleren Katastrophen bestimmt zu sein scheint. Ich habe immer wieder Wege beschritten und diese wieder vorzeitig verlassen, habe keine Kontinuität  und keinen Biss, keinen Ehrgeiz bewiesen. Ich habe keine Erfolge vorzuweisen, keine Leistungen erbracht die mich in irgendeiner Weise nach offiziellen Maßstäben auszeichnen würden.  Bei alledem habe ich aber von mir selbst die Überzeugung getragen, dass ich durchaus in der Lage gewesen wäre und bin, diese Leistungen zu erbringen. Warum und weshalb ich das dennoch nie zu meiner Zufriedenheit geschafft habe war mir nie wirklich klar, und ich habe über viele Jahre hinweg die Verantwortung dafür im Verhalten anderer gesucht und die Umstände meines Lebens beschuldigt. Heute weiß ich, dass ich in der Lage bin vieles zu schaffen, dass ich mir selbst im Weg gestanden habe weil ich mir selbst nicht vertraut und mir selbst nie wirklich etwas zugetraut hatte und weil ich die Disziplin nicht aufbringen wollte durchzuhalten. Ich habe mich immer verleiten lassen den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen und dabei immer zur Rechtfertigung ein Gefühl und eine Vorstellung herangezogen die in etwa so lautet: Ich habe so viel Pech gehabt und mir wurde so viel vorenthalten, anderen geht es viel besser und sie haben es leichter. Deshalb steht es mir zu, jede Möglichkeit des persönlichen Vorteils, jede Möglichkeit der Bedürfnisbefriedigung zu ergreifen ohne mich dabei um meine Verantwortlichkeiten und die Folgen dieses kurzsichtigen Handelns kümmern zu müssen.

Eine Urteilsfreie Betrachtung dieser Selbstrechtfertigung deckt folgendes auf:
Wenn es so ist, dass andere Menschen ein „besseres“ Leben und es allgemein leichter haben, dann gibt es mir das Recht, meiner Verantwortung für mein Leben so wie es ist den Rücken zuzukehren und mich mit diesen Menschen zu messen, indem ich mir nehme was ich an Komfort, Bequemlichkeit und Befriedigung bekommen kann. Den Vergleich mit den „anderen“ Menschen und ihrem Leben ziehe ich dabei auf der Grundlage meiner Vermutungen und Interpretationen ihres Alltags und diese richten sich von mir unbemerkt ausschließlich nach dem Konzept meiner eigenen Selbstrechtfertigung. Diese Interpretationen werden  also meine ganz persönlichen Vorlieben, Wünsche und Bedürfnisse in die Leben dieser Menschen hineinprojizieren. Die Wirklichkeit der Lebenssituation und die Systemischen Bedingungen der Lebenswelt machen es für mich aber unmöglich, dieselben Möglichkeiten die anderen Menschen zur Verfügung stehen für mich zu nutzen. Ganz banal was die finanziellen Mittel angeht, beispielsweise. Daher werden meine Mittel zur Bedürfnisbefriedigung nur Ersatzmittel sein. Letztlich bedingt die soziale Situation eines auf der Basis von Neid und Trotz geführten Lebens ohne klare Zieldefinition und Prinzipien, dass diese Ersatz-Befriedigungen die eigene Situation noch verschlechtern, oder gar die eigene Gesundheit gefährden. Ganz davon abgesehen, wie diese Menschen in ihre Situation gekommen sind, in der sie es angeblich „besser“ haben als ich, wird mein Leben auf dieser Ebene von meinen Imaginationen und meinem Wahn bestimmt. Dieser kann verschiedenste Formen annehmen, er kann in Hass ausarten, er kann mich zu einem Süchtigen von bestimmten Substanzen werden lassen, die mir scheinbar Ersatzbefriedigung verschaffen, er kann rein auf die sozialen Statussymbole ausgelegt sein so dass ich diese zu erlangen versuche ohne wirklich hinter dem zu stehen, was sie repräsentieren, er kann auf die emotionale Ebene eines „besseren“ Lebens ausgerichtet sein, so dass ich immer wieder nach den Momenten suche, die mir eine solche Emotion verschaffen so wie ich sie mir in meinen Vorstellungen erwünsche, aber in jedem Fall ist er Selbstzerstörerisch, weil er die eigene Verantwortlichkeit, vor allem auch für die realen Konsequenzen solchen Verhaltens zu ignorieren versucht.

Diese Wahnhafte Flucht vor der Eigenverantwortung lässt alle Vernunft und alle verstandesmäßigen Möglichkeiten einer Selbstreflexion in Anbetracht und Analyse der realen Lebensumstände von vornherein außer Acht. Es ist ein vornehmlich mental konstruiertes Lebenskonzept das einer Ideologie entspricht die der reine Selbstzweck ist. Dabei werden die tatsächlichen Bedingungen nur insoweit beachtet, als sie der persönlichen Bedürfnisbefriedigung des mentalen Konstruktes der Ego-Persönlichkeit von Nutzen sind. Alle andere Gegebenheiten menschlicher Fähigkeit, die Subsumtion der Konsequenzen des eigenen strategischen Handelns, die Wahrnehmung des eigenen Selbst als die Person in einer tatsächlichen Situation,  die Möglichkeit der Selbstbestimmung und der Selbstdisziplin zielgerichteten Handelns, werden bewusst ignoriert. Es wird also eine Selbst-Täuschung aufgebaut, weil sie der Selbst-Sucht der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung gelegen kommt. Der freiwillige Verzicht auf einen Teil der eigenen Fähigkeiten aufgrund egoistischer Motive entlarvt einerseits die selbstzerstörerische Natur des eigens aufgebauten Egos und andererseits die Eigenverantwortung für die eigene, tatsächliche Lebenssituation, vor allem aber natürlich auch für die universalen Konsequenzen des selbstsüchtigen Handelns. Davon abgesehen schwelt im Hintergrund des Bewusstseins das Wissen um die Sinnlosigkeit dieses Selbstbetrugs und die Wahrheit über die Wertlosigkeit dieser künstlichen Strukturen für das eigene Selbst. Das Schuldgefühl ist also zumindest in Teilen offensichtlich in dem Wissen um den alltäglichen Selbstbetrug begründet. Die Enttäuschung ist eine logische Konsequenz eines anhaltenden Versuchs der Aufrechterhaltung schwankender, unsteter und substanzloser Strukturen die in der Begrenztheit der mentalen Fähigkeiten begründet ist. Ein gedankliches Konstrukt kann nur so lange bestehen und wachsen, sich verändern und entwickeln, wie das eigene Bewusstsein in der Lage ist sich zu erinnern, Bezüge wieder herzustellen und die Vielseitigkeit und Vielfältigkeit der realen Umstände in das enge Konzept der Selbstsucht einzufügen. 

Aus der Ent-Täuschung resultiert die Hilflosigkeit die die Schwierigkeiten der Selbstdefinierung  darstellt. Die (vor)getäuschte Identität hat versagt, sie konnte nicht aufrechterhalten werden, was bleibt ist ein unbekanntes Selbst, eine Unsicherheit, etwas scheinbar Fremdes. Die Reaktion ist in natürlicher Weise mit Ängsten verbunden. Diese Ängste werden verstärkt und gerechtfertigt durch das Verlangen nach Geborgenheit im „Gewohnten“. Doch dieses Gewohnte ist bereits als Täuschung entlarvt, bietet also auch keinen scheinbaren Schutz mehr. 

Ein Verlangen nach Veränderung das auf dieser Basis der Verängstigung und der gefühlte Leere und einem empfundenen Verlust beruht kann dann dazu führen, dass diese Veränderung in einem ähnlichen Konzept wie dem ursprünglichen gesucht wird. Man versucht, ein neues Gebilde der Selbsttäuschung aufzubauen, indem man das ursprüngliche einfach nur verändert. Man kann dadurch beispielsweise neue Feindbilder schaffen, die Schuld für das eigene Versagen nun anderen zuschreiben, sich einen neuen Lebensweg suchen, neuen Systemen oder Ideologien folgen ohne sich dabei auch nur einen Deut besser zu verstehen. Tatsächlich macht man immer wieder diesen Fehler sich ein neues Weltbild zu erschaffen, nur um sich selbst den Blick auf die eigene Verbundenheit und die eigene Verantwortung sowohl für sich selbst, sein eigenes Leben als auch die Umstände in denen es sich befindet zu verstellen. Ein auf und Ab, neue Bilder, neue Reize, neue Ziele sorgen für ein Gefühl der Erregung, eine Leidenschaftlichkeit die rein emotional ist und dem Ego als Futter dient, nicht aber dem eigentlichen Leben das man führt als Basis. Daher kommt derselbe Moment der Enttäuschung fast zwangsläufig und verstärkt noch das Gefühl des Versagens, der Nutzlosigkeit und der Sinnlosigkeit eines jeden Unterfangens. Wie auch immer, wann auch immer dieser Moment kommt -und bei manchen mag er niemals kommen, weil ihre Konzepte der Selbsttäuschung gepaart mit privilegierter Stellung im System so gestärkt und clever ausgearbeitet sind, dass sie ein Leben lang anhalten können- er bietet einem die Chance sich selbst zu finden und sich daraufhin zu verstehen, sich selbst kennen zu lernen und einzusehen, dass nur das Selbst-Bewusstsein das die Eigenverantwortung in Einheit und Gleichheit mit allem anderen Wahrhaftigkeit besitzt und einen substanziellen Boden für die eigene Sinnentfaltung bieten kann. Nur das Bewusstsein für die Wirklichkeit der eigenen Beteiligung an allem und die Möglichkeit des eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Einflusses anerkennt die Fähigkeiten und das gesamte Potential eines menschlichen Lebens. Das ist dann der Weg wirklicher Veränderung, der grundlegenden Veränderung des eigenen Selbst und der Natur der Selbst-Täuschung des Bewusstseins.

Wieder ist es die eigene Verantwortung diesen Moment der Enttäuschung und der Frustration, das Verlangen nach Veränderung zu nutzen und sich den Ängsten vor der Einsicht in das unbeachtete wahre Selbst zu stellen. Wenn man sich eingesteht was man geworden ist, in vollem Umfang und sei die Einsicht auch noch so schmerzhaft, kann man sich eben auch wahrhaft und aufrichtig ändern. Etwas, das ich nicht kenne oder kennen will kann ich nur ignorieren, unterdrücken oder gewaltsam beiseiteschieben. Aber all diese Maßnahmen beseitigen nicht das Problem, sondern schaffen nur neue Schwierigkeiten, da sich die ursächlichen Unsicherheiten und die Schuldgefühle  an allen Schwachstellen der künstlichen Persönlichkeit Freiraum verschaffen werden. 

Dies führt zu einem permanenten Kampf, zu einer immer wiederkehrenden Situation der Unterdrückung oder Bekämpfung eben der Unsicherheit, die aus dem verdeckten Wissen um die Unaufrichtigkeit mir selbst gegenüber herrührt und darauf hinweist, dass ich mich in meiner künstlichen Ummantelung nicht sicher fühlen sollte. Alle Anstrengung sich auf diesem Fundament gedanklicher Konzepte zu bewegen und zu bewähren ist letztlich vergebens und wird auf die eine oder andere Weise scheitern müssen, weil eben die Basis eine reine Einbildung ist. Die Prämisse ist fehlerhaft. Das führt natürlich zwangsläufig zu immer weiteren Unsicherheiten und dem Gefühl der persönlichen Unzulänglichkeit für die wiederum Verantwortliche Umstände gefunden werden müssen, um der Annahme der eigenen Fehlbeurteilungen zu entgehen und die selbstehrliche Selbstanalyse zu vermeiden.

Wenn aber die Suche nach Verantwortlichen Umständen und/oder Personen nicht mehr ausreicht um die emotionale Selbstbewertung durchzusetzen und wenigstens temporäre Beruhigung oder das Gefühl einer Sicherheit zu erlangen, dann kann sich das anklagende Konstrukt gedanklicher Rechtfertigung auch gegen dich selbst richten, genauer gesagt gegen die Person/Persönlichkeit die man eben zu sein glaubt und zu der man sich gemacht hat. Denn in dieser Vorgehensweise bietet sich die Möglichkeit einer Kapitulation vor dem Mechanismus der Selbstverurteilung indem man sich als Versager oder als unfähige Person wahrnimmt und endgültig akzeptiert. Darin liegt eine scheinbar dauerhafte Befriedigung oder Befriedung die natürlich nicht wirklich ist. Es scheint eine Flucht nach vorn zu sein bei der man die ohnehin aus dem eigenen Verhalten resultierenden Konsequenzen bereits vor dem Eintritt als Notwendigkeiten voraussetzt und somit dem eigenen Verhalten eine Sicherheit gibt die mit einem freiwilligen Sturz in unbekannte Tiefen vergleichbar ist. Man versucht gar nicht erst mehr, überhaupt etwas Sinnvolles zu verwirklichen, man schreibt den Erfolg jeder Handlung von vornherein ab und bildet sich ein, nicht mehr selbst verantwortlich zu sein. Allerdings hat man lediglich das verantwortungslose Verhalten bewusst als einen Teil der eigenen Natur akzeptiert und bleibt natürlich umso offensichtlicher (sollte man meinen) verantwortlich für die Konsequenzen des eigenen Handelns und der persönlichen Entscheidungen.

In dieser fatalistischen Akzeptanz einer selbst gewählten „Versager-Persönlichkeit“ lebt man ebenso wenig selbstbestimmt und gibt sich freiwillig in die Hände dieses mentalen Konstrukts. Immer dann, wenn das Verlangen nach Selbstbestimmung und nach der freien Entfaltung eines eigenverantwortlichen Selbst an die Oberfläche tritt und sich in der Unzufriedenheit mit dem Verlauf des eigenen Lebens zeigt, wirkt dieser Zustand als fremdbestimmt und aufgezwungen, was er ja auch ist. Allerdings, und hier beißt sich die Katze in den Schwanz, von dir selbst. Die eigene Ergebenheit gegenüber der Person/Natur die man sich selbst zugewiesen hat ist die eigene Entscheidung und die eigene Verantwortung, doch will und kann man das sich selbst natürlich nicht eingestehen, denn das würde das gesamte System des permanenten Selbstbetruges aus den Angeln heben und unwirksam machen, so dass man wieder vor der Fremdartigkeit und dem Unbekannten des eigenen Selbst in Einheit und Gleichheit, in universaler Verantwortlichkeit stehen würde. Davor aber hat man die größte Angst, der Grund warum man überhaupt diese Anstrengungen sich selbst derart zu blenden auf sich genommen hat. 

Alle Konsequenzen die aus einer verantwortlichen Annahme der eigenen Person als Schöpfung der persönlichen Zustimmungen und Bewertungen resultieren würden stehen im totalen Gegensatz zu der kurzsichtigen Sucht nach Bedürfnisbefriedigung und persönlichem Vorteil in permanenter Suche nach energetischer Aufladung die das Ego als reines Gedankenkonstrukt benötigt um sich durch emotionale Reibung, durch das Erleben von Gefühlsmomenten der Auf- und Entladung immer wieder seiner eigenen Existenz zu versichern. Diese bleibt dabei immer nur ein temporärer Annahmefaktor, eine Einbildung die in ihrer Art, in ihrem Zustand und ihrer Konsequenz immer variiert und nicht verlässlich, vertrauenswürdig oder zuverlässig sein kann. Die Einsicht in die Einheit und die Verantwortlichkeit für das Leben im Ganzen bedeutet auch zu akzeptieren, dass die Welt so wie wir sie alle mitgestaltet und getragen haben neu geordnet werden muss und dass dieser Prozess der Umkehr notwendigerweise ein langwieriger und schwieriger Weg ist, der die Selbstdisziplin und das Verantwortungsbewusstsein eines jeden abverlangt. Notwendig und unerlässlich aber ist dieser Weg, wenn wir tatsächlich als Menschen in Würde und zusammen leben wollen, so dass wir unser Potential gemeinsam entfalten können, entsprechend unserer tatsächlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Aller Wahn und Glaube kann den Verrat am Leben selbst den wir Menschen begehen und begangen haben nicht verdecken oder ungeschehen machen, und rechtfertigen schon gar nicht. Denn was sind Wahn und Glaube oder aber der Fatalismus anderes als die freiwillige Ignoranz gegenüber der Wirklichkeit, der Wirklichkeit der Welt die wir gestaltet und akzeptiert haben, und der Wirklichkeit unserer tatsächlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten als Menschen? Dieses Verhalten, das ziemlich exakt das der Menschen überall auf der Welt, in den Systemen und den politischen Strukturen beschreibt, ist nicht nur ein einfacher Verrat am Leben selbst, es ist auch noch ein unvergleichlich feiger Verrat. 

Ich stecke fest – das beschreibt eben genau den Zustand der sich durch den Kreislauf immer wiederkehrender Ent-Täuschungen und erneuter Selbstaufgabe durch das Schaffen neuer gedanklicher Rechtfertigungen und imaginärer Persönlichkeitsmerkmale bei gleichzeitigem Wissen um die Wirklichkeit der Angst vor sich selbst und der eigenen Verantwortung ergibt.
Dabei ergeben sich in jedem Moment der Ent-Täuschung Möglichkeiten den Kreislauf zu durchbrechen und einmal den Weg direkt in die Angst zu gehen und sich ihr – und damit sich selbst – zu stellen. 

Auch diese Entscheidung obliegt allein der Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen. 

Tatsächlich ist also die Frage „Was mache ich hier und wie bin ich hier her gekommen?“ nur an sich selbst zu stellen, da sie ausschließlich von dir selbst in aller Tiefe und in allen Details beantwortet werden kann. Man muss es aber auch wollen, man muss sich dieser Antwort stellen, weil sie keine einfache, schnelle Lösung bereithält, sondern in aller Regel zunächst eine schmerzhafte, peinigende Erkenntnis, nämlich die der Lebenslüge auf deren Basis man sein bisheriges Leben geführt und seine Entscheidungen getroffen hat. Es ist also nicht überraschend, dass vor allem diejenigen Menschen die sich soweit zum Opfer der Systeme gemacht haben, dass ihnen alles zu entgleiten droht, die sich existenziell und in ihrer Identität extrem bedroht fühlen die Entscheidung zur Selbstbefreiung von der eigenen Lüge treffen und bereit sind, sich dieser enormen Angst zu stellen. Denn sie haben bereits viel ertragen und sich selbst leiden lassen. Ein Mensch der sich noch in der rosaroten Wolke des Komforts eines räuberischen Systems und der parasitären Gesinnung befindet wird sich zunächst kaum davon befreien wollen, bis er bemerkt dass die rosarote Färbung seiner Wolke vom Blut des Lebens vieler anderer herrührt und es ihm klar wird, dass er eins mit ihnen ist und der Unterschied der Wertigkeiten reine Einbildung ist.

Fortsetzung vorgesehen.