Das ist der zweite Beitrag einer Reihe zum persönlichen Selbstanalyse-, Entwicklungs- und Korrekturprozess
Teil 1:
Tag 179 - Warten auf das "Jetzt"
Auszug:
"Große
Pläne? Nein, denn das, was ich bin und was ich zu tun gedenke, das beginnt
jetzt und hier. Mit jedem Schritt und jedem Atemzug. Bleibe ich gesund liegen
nach Abschluss des Studiums noch gute zwanzig Jahre Arbeitsleben vor mir, mehr
als genug um mcih entsprechend einzubringen. Ich will hier nicht klingen wie
ein unreifer Idealist, daher stoppe ich diesen Gedankengang hier. Die Entscheidung
ist gefallen und diese Entscheidung wird in dieser Größenordnung wohl meine
letzte sein. Ich konnte immer schon am besten unter existentiellem Druck
arbeiten also habe ich die besten Voraussetzungen für mich und diesen Moment geschaffen. "
2. Teil
Ich habe mein Leben in geduckter Haltung verbracht und werde
diesen Fehler jetzt Schritt für Schritt und Stück für Stück beseitigen.
Verantwortlich für meine Haltung oder besser gesagt meine
Zurückhaltung bin immer ich selbst und niemand sonst, keine äußeren Umstände,
kein Verhalten anderer und auch nicht meine Natur oder das, was man gemeinhin
die „Natur“ und den „Charakter“ nennt, ohne genau zu wissen wovon man da
eigentlich spricht. Verantwortung beginnt immer bei einem selbst und erst in
zweiter Linie sind andere mit verantwortlich für die Situation in der man lebt
und die das eigene Leben mitbestimmt. Doch auch die Verantwortlichkeit anderer
ist eine Eigenverantwortung die sie zunächst sich selbst gegenüber zu
akzeptieren und zu erfüllen haben, denn nur dann kann man davon ausgehen, es
mit Selbst-bewussten und vertrauenswürdigen Menschen zu tun zu haben und nur
dann ist es möglich ein produktives Miteinander zu gestalten das nicht auf
Misstrauen, Missgunst, Angst und gegenseitiger Ausbeutung beruht.
Ich habe diese verdrängten und verborgenen Ängste in mir
herangezüchtet und es ihnen gestattet mich zu bestimmen. Wenn man ein Leben im
Verborgenen führt, wenn man sich versteckt hinter Fassaden, hinter Heuchelei
und Schauspielerei, wenn man nur in seinem geheimen Bewusstsein eine „intime
Persönlichkeit“ kultiviert, dann bleibt keine Wahl außer sich selbst zu belügen
und damit auch die anderen. Und mit der Zeit glaubt man seine eigenen Lügen und
identifiziert sich tatsächlich mit dieser geheimen Instanz und man bemerkt
nicht, dass das Gefühl des Mangels und der Unzulänglichkeit, die Unzufriedenheit
und die ständige Suche nach Erfüllung nur aus diesem unglücklichen Selbstbetrug
erwachsen. Man bemerkt diese ständige Fremdbestimmung durch die inneren
Programme, die Ängste sich zu offenbaren in allen Entscheidungen und Taten
nicht mehr, man wird verkrampft und verbittert, man verliert den Blick und die
Wahrnehmung für das Hier, den wirklichen Moment des Lebendigen Seins. Die Last
der erdrückenden Gedankenmuster und Konstrukte die man sich als Schutzwall vor
der Wirklichkeit aufgebaut hat lassen einen in die Knie gehen, man versucht
ständig auch das wahre körperliche Selbst verborgen zu halten. Entweder man
verkleidet sich wie ein Pfau oder man versucht so unauffällig und normal wie
möglich zu wirken, oder aber man senkt den Kopf um nicht gesehen oder erkannt
zu werden, lässt die Schultern hängen und steht geduckt, versuch sich in sich
selbst zurückzuziehen. Doch dort gibt es keinen Lebensraum, sondern nur die
Welt der eigenen Gedanken, welche nur durch das Körperliche überhaupt
existiert.
Es mag erscheinen wie ein defensiver Zustand der
Zurückhaltung aber wenn man es genauer betrachtet erkennt man, dass das
Gegenteil der Fall ist. Denn durch diesen permanenten Selbstbetrug, die
Anstrengung das Geheimnis der eigenen innersten Ängste, der verborgenen
selbstsüchtigen Pläne, der verbitterten Gedanken dass man es ja schließlich
verdient habe sich zu bereichern wo es nur geht, ohne Rücksicht auf Verluste in
der Hoffnung dass es einem dadurch besser ginge, ist man in ständigem Kampfmodus, man ist eigentlich
aggressiv-passiv, man versucht Gelegenheiten zu nutzen um aus dem Verborgenen
zuzuschlagen. Die Verteidigungs- und Opferhaltung ist hier nur eine Konsequenz
der eigenen Unaufrichtigkeit und der Versuch einer Rechtfertigung, denn man
muss sich nur dort verteidigen, wo man auf unsicherem Grund steht und wenn die
eigene Selbstidentifikation unsicher und wackelig ist lebt man in Angst und
kann sicher sein, dass sie nicht wahrhaftig ist.
In meinem letzten Blog habe ich die Komplexe meiner
Vergangenheitserlebnisse und der mentalen Systeme die ich auf meiner
Interpretation dieser Erfahrungen aufgebaut habe beschrieben und gezeigt, dass
es immer wieder darauf hinausläuft mich mit einer gedanklichen Idealvorstellung
zu vergleichen, einer imaginären Person die bestimmte Voraussetzungen und
Bedingungen erfüllt, die ich erst noch erreichen muss um so zu sein, wie ich es
mir vorstelle. Stark, Standhaft, Selbstbewusst und Zielgerichtet. Diese
Eigenschaften zu erwerben war für mich immer mit der Laufbahn einer durch die
Gesellschaft und das System vorgegebenen Weise verbunden und nur so zu
erreichen. Die Aufrichtigkeit und Selbstehrlichkeit immer als das was man ist,
was man sich erlaubt hat zu werden einfach zu SEIN und in dieser Akzeptanz das
eigene Potential zu entfalten, zu nutzen und selbst zu bestimmen wohin man
dabei geht ist aber immer Hier und in jedem Atemzug wählbar. Auf dieser
Aufrichtigkeit und Selbstehrlichkeit basiert das Selbstbewusstsein das
unumstößlich ist, weil es die eigene Gleichheit/Gleichwertigkeit und Einheit
mit allem Leben anerkennt und in das Sein integriert, also lebt. Dieser
Selbstwert ist dann nicht nur ein Gefühl oder ein Gedankenkonstrukt, sondern
basiert auf den Fakten des Lebens das unabhängig von den Idealen und Ideologien
existiert. All das scheinbare Versagen und die Niederlagen die ich als solche
in meine Persönlichkeit eingeflochten habe sind nur aus dem einen Grund für
mich, mein Leben, meine Entscheidungen und meine Selbstwahrnehmung bestimmend
geworden, weil ich das zugelassen habe. Ich habe mich vor mir selbst versteckt
und den Wunsch nach Anerkennung durch das Erfüllen von äußeren Bedingungen als
Rechtfertigung dafür benutzt, mich immer weiter in die gedanklichen
Wahrnehmungen meiner Selbst und meines Umfeldes zu flüchten, ohne die
Verantwortung für all die Schwierigkeiten die diese Welt bereithält zu
übernehmen und meinen eigenen Beitrag anzuerkennen. Was ist das Beschuldigen
und die Abwälzung von Verantwortung anderes als das Betteln um eine
Sonderbehandlung?
Bei alledem war mir nie wirklich klar, weil ich es nicht
wollte, dass meine Selbstwahrnehmung und die Minderwertigkeitsgefühle meine
eigene Kreation sind und ich nur durch meine Unehrlichkeit mir selbst gegenüber
die Ängste in mir geschaffen habe, die diese Wahrheit vor mir verbergen
sollten. Tatsächlich habe ich immer ein großes Potential an Fähigkeiten, an
Durchhaltevermögen, Disziplin und Fleiß gezeigt, wenn es darauf ankam mich und
meine imaginäre Selbstidentifikation zu schützen. Und diesen Schutz hatte ich
immer dann nötig, wenn ich mich eben durch den stetigen Selbstbetrug in eine
bedrohliche Lage gebracht habe. Durch diesen selbst geschaffenen Teufelskreis
konnte ich mir selbst die Fähigkeiten die ich darin aufgebracht habe nie
eingestehen oder sie schätzen lernen, denn sie waren ja immer nur zu dem Zweck
da, ein zum Scheitern verurteiltes Selbstbild aufrecht zu erhalten, das mit der
Wirklichkeit in Konflikt kommen musste, und diese Konflikt offenbarte eben
immer wieder die eigentliche Lüge dieser Konstruktion meiner Persönlichkeit.
Daher müssen selbst erdachte Illusionen, Fantasien und scheinlogische
Konstrukte die Konflikte verbergen und aus ihnen Angriffe machen, Attacken auf
ein schuldloses Opfer, Bedrohungen durch ein übermächtiges System von dem ich
mich selbst getrennt wahrnehme. Aber genau diese Trennung ist die größte
Illusion und die Ursache oder besser gesagt der gedankliche Nährboden für alle
irrationalen Ängste.
Die Herausforderungen des Systems annehmen das wir alle mit
tragen und dessen längst überfällige Überarbeitung nur dann angegangen werden
kann, wenn wir alle gemeinsam und jeder für sich diese Flucht in Illusionen
aufgeben, wenn wir nicht mehr die symbolischen Artefakte des Ideals
repräsentieren, sondern die Aufrichtigkeit, die Einheit und Gleichheit des Lebens
wahrhaftig Umsetzen indem wir sie auch in jedem Augenblick leben, bedeutet
einen Schritt in die eigenverantwortliche Selbstbestimmung die dem Potential
entspricht, das der Mensch hat. Die Verantwortung die seine Fähigkeiten mit
sich bringen zu übernehmen bedeutet alles in Betracht zu ziehen was möglich
ist, Konsequenzen bewusst zu überschauen und herauszukommen aus der stickigen
Höhle des geheimen Bewusstseins, sich zu offenbaren und sich in jedem anderen
zu erkennen, zu respektieren und zu ehren mit der Würde die uns allen zusteht.
Wenn wir dafür die äußeren und inneren Bedingungen erfüllen
gibt es keinen Grund mehr für defensives und/oder aggressives Verhalten, keinen
Grund sich selbst zu beschränken, sich zu unterdrücken und zu verstellen. Es
gibt keinen Grund für ein geheimes Bewusstsein oder eine persönliche Agenda der
Selbstsucht. Und es kann auch nichts und niemand den eigenen Selbstwert
entkräften.
Ich habe in diesen zwei Blogs bereits sehr viel über mich
und weitere Bereiche meiner Persönlichkeit erfahren und zu akzeptieren und
verstehen gelernt. Ich habe erkannt wie sehr ich mich selbst unterschätzt, mich
selbst beschränkt und unterdrückt habe und dass ich mir ein Selbstbild
erschaffen habe das weit entfernt von meinem wirklichen Potenzial und
Fähigkeiten liegt. Tatsächlich war das Potenzial immer da, nur mein
Bewusstsein, meine Gedanken und die Persönlichkeitsprogramme haben es
ermöglicht, meine Sicht auf die tatsächlichen Ereignisse, meine Handlungen,
Erfolge und Errungenschaften zu verstellen, die mir trotz aller Widerstände und
aller widrigen Umstände gelungen sind. Die Akzeptanz dieser Möglichkeiten und
dieses Potentials bedeutet aber eben auch die Verantwortung zu übernehmen
beides im Sinne und zum Besten allen Lebens einzusetzen. Und die Angst vor
dieser Verantwortung, die eine Eigenverantwortung ist zu der dich niemand
auffordert und die dir auch niemand hoch anrechnet in unserer Welt, ist der
Antrieb und der Trigger für all die Selbstrechtfertigungen, die
Entschuldigungen und selbstgefälligen Ausreden dafür, sich der Wirklichkeit
unserer menschlichen Welt nicht zu stellen.
Veränderung ist unumgänglich in dieser Welt. Doch wenn man
nicht einmal bereit ist den IST-Zustand anzuerkennen und die eigene
Verantwortung dafür mit in die Berechnungen zu nehmen, dann wird man
wirkungslos in seinem Tun und hat keine Möglichkeit für etwas wirklich
einzustehen.
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