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Samstag, 4. Mai 2013

Tag0070 – Das Leben selbst...

gualtiero / Foter.com / CC BY-SA














Nachträglich aus dem Handschriftlichen Übertragen.

Blog vom 21.04.2013

In den letzten Tagen hat sich die Situation der Internetnutzung für mich erheblich geändert. Wir haben ein Büro eingerichtet und unsere PC’s entsprechend neu verteilt sowie Neuanschaffungen gemacht. Ich habe dabei festgestellt, dass ich nachdem ich für einige Tage wenig bis überhaupt keinen Zugang zu den üblichen Internet-Portalen hatte, merkwürdigerweise ein leichtes Empfinden der Unzulänglichkeit bekomme. Dass mir die Beobachtung und die Neuigkeiten fehlen würden, dass ich die Kommunikation über facebook vermissen würde ist nicht ungewöhnlich und das habe ich auch nicht anders erwartet. Dass ich abe das Gefühl bekomme in meinem Leben selbst, meinem eigenen Prozess der Selbstentwicklung und überwindung weniger, schlechter und langsamer voranzukommen ist allerdings etwas anderes.

Was ist denn das wirklich relevante, reale und wirkungsvolle in meiner Entwicklung der Selbstbestimmung und Selbstbefreiung? Ist es die Repräsentation meiner Arbeit im Internet? Ist es meine Teilnahme in den foren und an dem allgemeinen Austausch?

Sicher sind diese Punkte Teil dieser Entwicklung, dieses Prozesses, Teil meiner selbstbestimmten Entscheidung für das Leben, als eigenes, lebendiges Beispiel meine Selbstdekonstruktion und Neuausrichtung öffentlich zu teilen, doch der wahrhaftige Kern, der letztlich einzig reale Wirkungsgrad zeigt sich in meinem eigenen Leben in jedem Moment, hier, jetzt, in direkter Interaktion, im Alltag und in meinem Umfeld. Das Internet und meine Arbeit dort sind natürlich ebenso Teil dieses Lebens, aber der notwendige Verzicht der durch die Umstände eingetreten ist, ist ein ebenso gleichwertiger Teil all dessen. Das Empfinden eines Mangels, einer Unzulänglichkeit, eines Versäumnisses im Bezug auf meine selbstbestimmte Entwicklung ist also unangebracht und deutet auf eine Entwicklung hin, die die Arbeit im und mit dem Internet für mich zu einem Teil einer Persönlichkeitsentwicklung hat werden lassen, auf eine Unaufmerksamkeit durch die ich eine Selbstkonditionierung eraubt und zugelassen habe. 

Diese Situation gibt mir also wieder die Möglichkeit mich für einen Umgang mit ihr zu entscheiden, der zu mehr Selbsterkenntnis und damit zu mehr Selbstbestimmung führt, anstatt in der eher üblichen, gewohnten und emotional vorprogrammierten Mustern entsprechenden Weise mit Ärger über den scheinbaren Verlust oder Mangel mit Selbstbedauern und Frust, Selbstbeurteilung und Angst – in dem Fall vor dem Zurückbleiben auf dem Weg der Selbstbefreiung – zu reagieren und sich sinnlos selbst zu bremsen, sich zu täuschen und an der Ursache des empfundenen Problems vorbeizuleben. Das ist ein sehr interessanter Punkt und eine wichtige Lehre für mich, die gerade zu einem rechten Zeitpunkt eingetreten ist.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir erlaubt und zugelassen habe zu glauben meine Teilnahme an den Plattformen im Internet mehrere Stunden täglich, die Kommentare, Blogs, Vlogs und Emails seien ein Hauptbestandteil in meinem selbstbestimmten Prozess der Selbstbefreiung und nicht etwa eine Erweiterung als Darstellung, zur Information, als Beipiel mich in der Selbstentwicklung zu offenbaren und dafür zu stehen.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir erlaubt und es zugelassen habe meine online-Tätigkeiten und meine Selbstrepräsentation zu einem Teil meiner Selbstwahrnehmung werden zu lassen und mich dadurch in meiner Selbstbesfreiung und Selbstbestimmung zu behindern.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir erlaubt und es zugelassen habe in Teilen meiner selbstbestimmten Entwicklung und Neuausrichtung das eigentliche ‚Hier‘ als das Leben in der phhysischen Interaktion aus den Augen verloren zu haben.

Montag, 25. Februar 2013

Tag0015 - Der Lerneffekt des bewußten Verzichts














Unsere Lebensweise, der scheinbare Wohlstand den wir genießen, die Überflußproduktion, vor allem der Nahrungsmittelindustrie ist so abgrundtief verwerflich und inakzeptabel, dass einem die Worte fehlen. Beziehungsweise sind diese Zustände schon so oft in unterschiedlichster Weise formuliert und der Öffentlichkeit präsentiert wurden, ohne dass sich nennenswerte Änderungen ergeben hätten und man kommt irgendwie zu dem Punkt, dass es keine Ausdrucksweise zu geben scheint, kein Medium zur Übermittlung der 'Botschaft', das verstanden wird und das es dem Empfänger unmöglich macht sich abzuwenden. Ich war gerade wieder dabei, nach einer Phase des Verzichts auf Milchprodukte, mich wieder an den Verzehr von Käse zu gewöhnen, aus Bequemlichkeit, aus Gewohnheit und auch aus sogenanntem 'Appetit', ein Luxus der Nahrungsaufnahme den sich auch nur ein kleiner und immer kleiner werdender Teil der Menschen überhaupt erlauben kann. Doch es ist mir einfach nicht möglich dauernd wegzusehen oder mich beim Essen eines Käsebrotes ständig in Gedanken ablenken zu müssen von der Tatsache der unerträglichen, lebensverachtenden Mechanismen die hinter der Produktionskette dieses Nahrungsmittels heute stehen und arbeiten. Da ist es, wenn diese Art des Vergleichens von Lebenswürde überhaupt sinn macht, schon eher zu vertreten ein Stück Fleisch zu essen, denn das Martyrium dieses Tieres hat wenigstens ein schnelleres Ende, während die Milchkühe pausenlos immer wieder zwangsgeschwängert werden, während die Kälber wie ein lästiges Nebenprodukt einfach im Müll landen. Es hängen also an den paar Litern Milch einer Kuh das Blut und das Leben vieler Kühe sozusagen und letztlich der qualvolle Tot des vergewaltigten und ausgebluteten Muttertieres selbst. Der Käse müsste tief rot sein, und so auch alle anderen Milchprodukte die uns in bunten Verpackungen in den Supermärkten angeboten werden. Und tatsächlich ist natürlich auch diese Milch die dann verarbeitet wird oder die wir zu trinken beabsichtigen keinesfalls mehr als Milch zu bezeichnen wenn sie in den Regalen landet und durch allerlei Zusatzstoffe wie Farbstoffe der Vorstellung des Kunden von einem gesunden Stück Käse angepaßt. Nicht zuletzt auch aufgrund der unerträglichen Haltung der Tiere, der Qualen und der Pein die sie zu erdulden haben ist es unumgänglich sie mit einer großen Menge von Medikamenten am Leben zu halten, sonst würden sie wahrscheinlich unter diesen Umständen nicht einmal eine Woche durchstehen. Und natürlich landen all diese Rückstände und Wirkstoffe letztlich in der Milch. Da gibt es keine verantwortungsvollen Filtermechanismen und Methoden. Das müssen wir schon schlucken, wenn wir es uns anmaßen auf diese Art und Weise unsere unersättliche Konsumsucht zu stillen.

Ich weiß natürlich, dass mein Verzicht auf diese Produkte keinen großen Einfluß haben wird auf die Nahrungsmittelinustrie, dass sie übermächtig ist und immer weiter wächst, ihre Methoden des Raubbaus am Leben immer weiter verbessert. Doch ist es nicht diese Industrie die allein verantwortlich ist dass all das geschieht, sondern es sind die Menschen die konsumieren und daher ist es mein persönlicher 'Schalter' sozusagen, das, was ich sofort tun kann um einen kleinen Stein zu werfen, mein Mittel so weit es diesen Zweig des Gesamtproblems betrifft. Und daher übernehme ich diese Verantwortung auch insoweit es mir möglich ist. Dass das niemals das System verändert ist klar, darum soll es hier nicht gehen. Verantwortlich für diese Mechanismen ist das gesamte System, die Toleranz und Erlaubnis, die Akzeptanz der Menschen, aller Menschen in allen Bereichen des Lebens und der Lebensphilosophie der Gesellschaft. Das ist nur ein Punkt an dem jeder sehen kann, und so auch ich, wie sehr wir darauf geeicht sind den 'einfachen' und 'gewohnten' Weg zu gehen, wie schnell wir zurückfallen in die selbstgerechten Ideologien der egozentrischen Welt- und Lebenssicht, wir als unsere Gesellschaft konstituieren und aufrecht erhalten. Und wenn es nicht passieren sollte dass man fällt, und man es tatsächlich einmal schafft auf ein solches Produkt dauerhaft zu verzichten, dann erkennt man ziemlich schnell, dass man gezwungen ist zu konsumieren, dass man ihm nicht entrinnen kann, dem System, den Klauen und Tentakeln die uns fest umschlossen halten. Denn alles, auch das, was eben beispielsweise keine Milchprodukte enthält, alles was wir konsumieren, unterstützt und bezahlt eben genau dieselben Firmen, Unternehmen und Konzerne, die mit der Ausbeutung und lebensverachtenden Produktion solcher sogenannter 'Lebensmittel' wie dem industriell gefertigten Käse und der Milch Profit schlagen. Nur ein Beispiel für die Unausweichlichkeit ist das oftmals in veganen Produkten verwendete Palmöl für dessen Produktionsprozesse ebensolche lebensverachtenden und rücksichtslosen Mechanismen des Raubbaus und der Zerstörung von Lebensraum vieler Tiere die Folge sind. Natürlich vor allem aus dem Grund, weil der Profit die Unternehmen überhaupt erst zur Herstellung veranlasst. Es ist also natürlich keine Lösung zu verzichten, genausowenig ist Vegetarismus die Lösung der Problematik von Massentierhaltung und Tierquälerei in der Fleischproduktion. Es ist die kultivierte Ignoranz und Selbstentfremdung des Menschen in der Selbstaufgabe und Hingabe an ein System der Hoffnungen und Illusionen die zu diesen Konsequenzen in allen Produktionsbereichen führt.
Dennoch ist der Verzicht für uns, die wir in den reichen und mächtigen Überflußgesellschaften Leben, eine Option um die Einsicht und die Überzeugung der Untragbarkeit dieser Umgehensweise mit dem Leben auch umzusetzen. Ein Schritt, Selbstbewußtsein auf diesem Gebiet zu erlangen und im Verlauf dieses Prozesses der Entwöhnung die tiefe Verwurzelung dieser Denkstrukturen und der Selbstrechtfertigungsmechanismen tatsächlich bis ins letzte Detail zu erkennen, um sie letztlich auch wirklich und wirksam auflösen zu können.
Das ist dann auch die Botschaft die verstanden und gehört werden kann, die Botschaft des Exempels, des gelebten, umgesetzten Beispiels. Das gilt für alle Bereiche der Systemkonfrontation, der verantwortungsbewußten und gelebten Kritik. Dass die Worte nicht nur Gedanken bleiben, sondern dass sie ins Fleisch übergehen, dass sie gelebt werden. Das ist es, worauf es bei Veränderung ankommt. Nicht der Verzicht selbst, sondern das Verändern des Selbst, das Verstehen-lernen der eigenen Prägung, der Programme die in uns tief verwurzelt sind und unsere Identität bestimmen, bis wir sie bis zu ihren Anfängen zurückverfolgen, in uns selbst aufspüren, analysieren, dekonstruieren und uns selbst neu ausrichten, selbstbestimmt und eigenverantwortlich. Der Appetit, das Verlangen, der Geschmack, die Vorlieben und Gewohnheiten, warum sind sie so geprägt und woher kommen sie wirklich, sind sie selbstbestimmt, eigens gewollt oder vorprogrammiert, anerzogen, angewöhnt? Ist das Freiheit, wenn man sich und sein Leben, seine Entscheidungen, nach diesen Mustern und Programmen richtet, ohne sie zu verstehen, ohne nach dem 'Warum überhaupt?' zu fragen?

Es ist offensichtlich, wir sind nicht frei, wir können längst nicht mehr entscheiden was oder wen wir durch unser Konsumverhalten unterstützen, denn wir stützen immer das gesamte System. Wir haben unsere Selbstbestimmung zusammen mit unserer Verantwortung abgegeben, wobei wir die Verantwortung immer noch tragen, nur haben wir eine Illusion der Freiheit dafür in unser Bewußtsein eingepflanzt bekommen. Wir können das System durch Aktivismus nicht mehr stoppen. Die einzige, wirkliche Gefahr oder Bedrohung für diese Strukturen, für die Macht der Institutionen, ist die selbstehrliche Selbstanalyse, ein willentlich entschiedener Prozess des Selbstverständnisses, sich als Mensch als das zu erkennen, was wir sind, zu lernen wie unsere Gedanken- und Bewußtseinsstrukturen, unsere Emotionen, Gefühle und Ängste arbeiten, funktionieren und in Gang gesetzt werden. Wenn wir uns selbst verstehen, uns selbst kennen, dann können wir nicht mehr einfach manipuliert und programmiert werden, dann lassen wir uns nicht mehr auf Scheinargumente und Scheinexistenzen in einer gesellschaftlich- kulturellen Illusion ein. Vor allem aber lassen wir unsere Kinder nicht mehr den selben Gehirnwäscheprogrammen zum Opfer fallen die uns unfrei, ängstlich und verantwortungslos haben werden lassen, die uns unserer Würde entledigt haben. Erst durch diese Schritte der Veränderung unseres Selbst können wir das System verändern und die zerstörerischen Mechanismen stoppen. Es wird durch uns am Leben gehalten, oder besser gesagt wir sind dieses System, wir leben es, und daher müssen wir auch die Veränderung leben um sie zu bewirken. Es kann keinen anderen Weg geben. Und daher ist nicht die direkte Konsequenz des Verzichts auf Fleisch, Milchprodukte oder andere Konsumartikel die Lösung, sondern der selbsterhellende Prozess der Entwöhnung, der einem, wenn er in Hingabe und Selbstehrlichkeit gegangen wird, die Augen für die Programme und Gedankenstrukturen öffnet, die einen zur Selbstaufgabe, zur Unmündigkeit und Unfreiheit, zur Ängstlichkeit erst verleitet haben. Jeder Verzicht auf Überflüssigkeiten und die allseits gepriesenen Konsumartikel dieser Gesellschaft ist ein Lernprozess der zu mehr Eigenständigkeit und Selbstbestimmung führen kann.


Bastian Neumann / Ramstein / Deutschland / 25.02.2013