Fortsetzung zu
Warum denn sonst können
und wollen wir unseren Kindern in keinem Fall die ganze Wahrheit
unserer Kultur und unserer Wertesysteme sagen? Warum versuchen wir
immer und überall sie vor den Bildern der Wirklichkeit zu bewahren?
Wir schieben ehrbare Gründe vor und heucheln wieder von Motiven des
Schutzes, wir wollen ihre Unschuld nicht beflecken, wollen ihnen
nicht zu viel zumuten. Und was tun wir um das zu erreichen? Wir
belügen sie, verheimlichen das wahre Gesicht der Menschlichkeit so
wie wir sie gestaltet und zugelassen haben. Wir wollen sie so lange
sie in unserer Obhut sind glauben lassen, dass alles gut sei, wir
wollen vor ihnen nicht als die unverantwortlichen Verbrecher am Leben
und Mittäter beim Verrat an unseren Fähigkeiten dastehen, sondern
als Vernunftbegabte, gereifte und mündige Erwachsene Helden
erscheinen. Wir hoffen diesen Zustand so lange wie möglich aufrecht
erhalten zu können nur um sie dann der Welt so wie sie wirklich ist
zu überlassen. Wir werfen sie weg, wir sind selbst verunsicherte,
unmündige und verängstigt naive Mitläufer die für eine Zeit
starke Helden spielen vor ihren Kindern, so lange diese ihnen hilflos
und machtlos ausgeliefert sind. Und wenn sie sich dann beklagen, wenn
sie zurückkommen und vom Leben in der Welt die wir ihnen überlassen
übel gezeichnet sind, dann machen wir ihnen noch Vorwürfe, reden
ihnen noch mehr Minderwertigkeitskomplexe ein, halten ihnen
Moralpredigten von Stärke und Fleiß, von Ehrlichkeit und Disziplin,
von all den Dingen die wir niemals gezeigt haben, die wir niemals
besaßen. Doch wir konnten uns noch die falsche Identität erkaufen,
konnten vielleicht geschützt von Geld und Wohlstand eine unsichere
aber wirkungsvolle Traumwelt um uns herum aufbauen, die sich aus vier
Wänden, einem Fernseher mit flimmernden, die Realität verzerrenden
und an unsere Illusionen angepassten Bildern und Geschichten, aus
Unterhaltung und übermäßigem Konsum zusammensetzt.
Die Wahrheit ist, dass
wir, die Erwachsenen, die Institutionen und die Systeme die wir über
uns herrschen lassen die eigentlichen Bullies sind. Wir sind die
Täter, wir misshandeln unsere Kinder, wir sind in vollem Umfang für
diese Entwicklungen verantwortlich. Aber wir zeigen keineswegs eine
vernünftige und mündige Reaktion, wir übernehmen nicht die
Verantwortung für den Schutz unserer Kinder und den Schutz des
Lebens, weil wir diesen Wert längst verloren haben. Wir haben den
Wert des Lebens durch den Wert der Ideale ersetzt, der Ideale die
reine Illusionen eines von Angst und Isolation geprägten Geistes
sind.
Lächerliche und
beschämende Argumente bringen wir den Opfern entgegen und sehen
dabei selbst so aus als wären wir voller Angst und Unsicherheit. Und
so ist es auch. Die Direktorin die versichert sich 'dem Problem'
anzunehmen indem sie 'mit den Schülern spricht', die
Vertrauenslehrerin die zwei Schüler dazu zwingt sich vor ihren Augen
die Hände zu schütteln und ein bedeutungsloses „Entschuldigung“
zu murmeln, der Vater der strengere Strafen für die Gewalttäter
fordert und die Eltern die sich überhaupt nicht um die Probleme
ihrer Kinder kümmern, sie alle sind vollkommen Hilflos und wirken
verzweifelt und verkrampft wenn sie ihre Rituale abhalten, weil sie
eben genau wissen, dass sie nichts tun können. Der Grund ist aber
nicht der, dass die Systeme übermächtig seien oder dass dies nun
einmal ein natürlicher Entwicklungsprozess sein, das sind nichts
weiter als billige und Fadenscheinige Selbstrechtfertigungen. Der
Grund warum sie nichts wirklich relevantes tun ist, dass sie es nicht
wollen. Sie wollen es nicht weil sie wissen dass sie ihr eigenes
Versagen eingestehen, dass sie ihr eigenes Leben, ihre Ideale und
heuchlerischen Werte in Frage stellen müssten, und dass sie ihren
Kinder eingestehen müssten, dass sie ihnen keineswegs überlegen
sind, dass sie in keiner Weise besser oder vernünftiger waren als
sie, dass sie nichts besser wissen und sich mit ihnen gemeinsam mit
sich selbst und dem Leben in Einheit und Gleichheit versöhnen
müssten. Es ist der niedere Stolz allein der ihnen wahres Handeln
verbietet. Der Stolz der die Feigheit verdeckt, der die unerträgliche
Angst vor der Offenbarung der eigenen Lebenslüge von ihnen trennt.
Nichts Vernünftiges, nichts von Mündigkeit und Verstand ist in
diesem Verhalten der Eltern, der Institutionen und der Gesellschaft
selbst zu erkennen. Viel zu ängstlich klammern sie sich an das
Gewohnte, das altbekannte und scheinbar bewährte. Viel zu ängstlich
und auch Neidisch sind sie angesichts der Chancen die den Kinder
gegeben sein könnten, würde man ihnen die Wahrheit präsentieren.
Und was passiert wenn man ihnen nichts vorenthält sondern sie wie
gleichwertige Menschen behandelt zeigt der Ausflug einer Schulklasse
in die Schlachtfabriken in denen sie einen brutal wirklichen Eindruck
von den lebensverachtenden und grausamen Folgen unserer zivilisierten
Entwicklung, getragen und befohlen von den einflussreichen
Erwachsenen und Eltern bekommen. Es müsste viel mehr von diesen
Exkursen in die Realität für Kinder geben. Es mag traumatisierend
sein, aber es ist die Wahrheit und es bietet ihnen eine Chance die
wir ihnen zu neiden scheinen, die Chance sich grundlegend zu ändern
und die Todbringenden und gefährlichen Normen und Werte über Bord
zu werfen die wir ihnen einzutrichtern versuchen. Was für einen Sinn
soll es haben, wo liegt der Wert für die Kinder in einem Aufwachsen
in Verblendung, in einer Erziehung die sie nicht auf die Wirklichkeit
vorbereitet? Wie traumatisierend der Schock der Befreiung tatsächlich
für Kinder und Jugendliche ist, wenn sie das erste Mal in direkten
und ungeschützten Kontakt mit der Wirklichkeit kommen ist uns
überhaupt nicht klar. Wir belügen sie über viele Jahre in denen
sie uns ein natürliches Urvertrauen entgegenbringen das wir uns
nicht einmal verdienen müssen, und darauf sind wir dann noch stolz.
Wir könnten kaum niederträchtiger und hinterhältiger handeln. Und
eben dieses Handeln ist es was sie von uns lernen und welches sie
dann auch anwenden. Das Gefühl des Selbstwertes durch die
Unterordnung anderer zu steigern, zu versuchen der Gewinner zu sein
aus Angst unterzugehen, weil die Gesellschaft und die Welt in der wir
leben keinerlei Freiheit und Schutz mehr bietet. Es sei denn den
Schutz des Geldes und dieser basiert ebenso auf Missbrauch und
Ausbeutung und genau dafür wird das Privileg des Wohlstands auch
genutzt. Markenklamotten, große Autos, Handys, teure Konsumartikel
aller Art repräsentieren einen Ersatz für körperliche und soziale
Fähigkeiten, Intelligenz und menschliche Kompetenz.
Fortsetzung folgt!
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