Dienstag, 2. Juli 2013

Tag0123 - Bullying (Teil 7) - Geheuchelte Vernunft und der Verrat am Leben

Aislinn Ritchie / Kids Photos / CC BY-SA


 Fortsetzung zu
Tag0121 - Bullying (Teil 6) - Das Erbe der Schande

Warum denn sonst können und wollen wir unseren Kindern in keinem Fall die ganze Wahrheit unserer Kultur und unserer Wertesysteme sagen? Warum versuchen wir immer und überall sie vor den Bildern der Wirklichkeit zu bewahren? Wir schieben ehrbare Gründe vor und heucheln wieder von Motiven des Schutzes, wir wollen ihre Unschuld nicht beflecken, wollen ihnen nicht zu viel zumuten. Und was tun wir um das zu erreichen? Wir belügen sie, verheimlichen das wahre Gesicht der Menschlichkeit so wie wir sie gestaltet und zugelassen haben. Wir wollen sie so lange sie in unserer Obhut sind glauben lassen, dass alles gut sei, wir wollen vor ihnen nicht als die unverantwortlichen Verbrecher am Leben und Mittäter beim Verrat an unseren Fähigkeiten dastehen, sondern als Vernunftbegabte, gereifte und mündige Erwachsene Helden erscheinen. Wir hoffen diesen Zustand so lange wie möglich aufrecht erhalten zu können nur um sie dann der Welt so wie sie wirklich ist zu überlassen. Wir werfen sie weg, wir sind selbst verunsicherte, unmündige und verängstigt naive Mitläufer die für eine Zeit starke Helden spielen vor ihren Kindern, so lange diese ihnen hilflos und machtlos ausgeliefert sind. Und wenn sie sich dann beklagen, wenn sie zurückkommen und vom Leben in der Welt die wir ihnen überlassen übel gezeichnet sind, dann machen wir ihnen noch Vorwürfe, reden ihnen noch mehr Minderwertigkeitskomplexe ein, halten ihnen Moralpredigten von Stärke und Fleiß, von Ehrlichkeit und Disziplin, von all den Dingen die wir niemals gezeigt haben, die wir niemals besaßen. Doch wir konnten uns noch die falsche Identität erkaufen, konnten vielleicht geschützt von Geld und Wohlstand eine unsichere aber wirkungsvolle Traumwelt um uns herum aufbauen, die sich aus vier Wänden, einem Fernseher mit flimmernden, die Realität verzerrenden und an unsere Illusionen angepassten Bildern und Geschichten, aus Unterhaltung und übermäßigem Konsum zusammensetzt. 

Die Wahrheit ist, dass wir, die Erwachsenen, die Institutionen und die Systeme die wir über uns herrschen lassen die eigentlichen Bullies sind. Wir sind die Täter, wir misshandeln unsere Kinder, wir sind in vollem Umfang für diese Entwicklungen verantwortlich. Aber wir zeigen keineswegs eine vernünftige und mündige Reaktion, wir übernehmen nicht die Verantwortung für den Schutz unserer Kinder und den Schutz des Lebens, weil wir diesen Wert längst verloren haben. Wir haben den Wert des Lebens durch den Wert der Ideale ersetzt, der Ideale die reine Illusionen eines von Angst und Isolation geprägten Geistes sind. 

Lächerliche und beschämende Argumente bringen wir den Opfern entgegen und sehen dabei selbst so aus als wären wir voller Angst und Unsicherheit. Und so ist es auch. Die Direktorin die versichert sich 'dem Problem' anzunehmen indem sie 'mit den Schülern spricht', die Vertrauenslehrerin die zwei Schüler dazu zwingt sich vor ihren Augen die Hände zu schütteln und ein bedeutungsloses „Entschuldigung“ zu murmeln, der Vater der strengere Strafen für die Gewalttäter fordert und die Eltern die sich überhaupt nicht um die Probleme ihrer Kinder kümmern, sie alle sind vollkommen Hilflos und wirken verzweifelt und verkrampft wenn sie ihre Rituale abhalten, weil sie eben genau wissen, dass sie nichts tun können. Der Grund ist aber nicht der, dass die Systeme übermächtig seien oder dass dies nun einmal ein natürlicher Entwicklungsprozess sein, das sind nichts weiter als billige und Fadenscheinige Selbstrechtfertigungen. Der Grund warum sie nichts wirklich relevantes tun ist, dass sie es nicht wollen. Sie wollen es nicht weil sie wissen dass sie ihr eigenes Versagen eingestehen, dass sie ihr eigenes Leben, ihre Ideale und heuchlerischen Werte in Frage stellen müssten, und dass sie ihren Kinder eingestehen müssten, dass sie ihnen keineswegs überlegen sind, dass sie in keiner Weise besser oder vernünftiger waren als sie, dass sie nichts besser wissen und sich mit ihnen gemeinsam mit sich selbst und dem Leben in Einheit und Gleichheit versöhnen müssten. Es ist der niedere Stolz allein der ihnen wahres Handeln verbietet. Der Stolz der die Feigheit verdeckt, der die unerträgliche Angst vor der Offenbarung der eigenen Lebenslüge von ihnen trennt. Nichts Vernünftiges, nichts von Mündigkeit und Verstand ist in diesem Verhalten der Eltern, der Institutionen und der Gesellschaft selbst zu erkennen. Viel zu ängstlich klammern sie sich an das Gewohnte, das altbekannte und scheinbar bewährte. Viel zu ängstlich und auch Neidisch sind sie angesichts der Chancen die den Kinder gegeben sein könnten, würde man ihnen die Wahrheit präsentieren. Und was passiert wenn man ihnen nichts vorenthält sondern sie wie gleichwertige Menschen behandelt zeigt der Ausflug einer Schulklasse in die Schlachtfabriken in denen sie einen brutal wirklichen Eindruck von den lebensverachtenden und grausamen Folgen unserer zivilisierten Entwicklung, getragen und befohlen von den einflussreichen Erwachsenen und Eltern bekommen. Es müsste viel mehr von diesen Exkursen in die Realität für Kinder geben. Es mag traumatisierend sein, aber es ist die Wahrheit und es bietet ihnen eine Chance die wir ihnen zu neiden scheinen, die Chance sich grundlegend zu ändern und die Todbringenden und gefährlichen Normen und Werte über Bord zu werfen die wir ihnen einzutrichtern versuchen. Was für einen Sinn soll es haben, wo liegt der Wert für die Kinder in einem Aufwachsen in Verblendung, in einer Erziehung die sie nicht auf die Wirklichkeit vorbereitet? Wie traumatisierend der Schock der Befreiung tatsächlich für Kinder und Jugendliche ist, wenn sie das erste Mal in direkten und ungeschützten Kontakt mit der Wirklichkeit kommen ist uns überhaupt nicht klar. Wir belügen sie über viele Jahre in denen sie uns ein natürliches Urvertrauen entgegenbringen das wir uns nicht einmal verdienen müssen, und darauf sind wir dann noch stolz. Wir könnten kaum niederträchtiger und hinterhältiger handeln. Und eben dieses Handeln ist es was sie von uns lernen und welches sie dann auch anwenden. Das Gefühl des Selbstwertes durch die Unterordnung anderer zu steigern, zu versuchen der Gewinner zu sein aus Angst unterzugehen, weil die Gesellschaft und die Welt in der wir leben keinerlei Freiheit und Schutz mehr bietet. Es sei denn den Schutz des Geldes und dieser basiert ebenso auf Missbrauch und Ausbeutung und genau dafür wird das Privileg des Wohlstands auch genutzt. Markenklamotten, große Autos, Handys, teure Konsumartikel aller Art repräsentieren einen Ersatz für körperliche und soziale Fähigkeiten, Intelligenz und menschliche Kompetenz.

Fortsetzung folgt!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen