Sonntag, 15. Juni 2014

Tag 174 - Vom Scheitern zu gefallen Teil I

debaird™ / Foter / Creative Commons Attribution-ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0)


Ich bin immer wieder erstaunt über mich selbst, wenn ich im Laufe meines eigenen Prozesses der Selbstentdeckung oder besser gesagt Selbstentlarvung und der selbstehrlichen Neugestaltung feststelle, wie sehr ich über so viele Jahre hinweg mein eigenes Leben an den Ideen oder Vorstellungen anderer ausgerichtet habe. Ich meine damit, dass ich trotz einer inneren Gewissheit ich selbst zu sein in ständigem Dialog und nicht selten auch Konflikt mit mir selbst gestanden habe ob das, was ich denke, tue, mir wünsche und anstrebe tatsächlich akzeptabel, konform und angemessen ist. Dabei war mir nie wirklich bewusst wer oder was diese Konformität oder Angemessenheit bestimmt, was für eine Bedeutung oder welchen Wert sie haben sollten. Es war mir einfach wichtig, angemessen zu wirken, die Anerkennung war das Urbedürfnis, das, wonach ich mich in all meinem Handeln gesehnt habe. Dadurch habe ich eine Persönlichkeit aufgebaut, die in sich völlig instabil und eher zusammengeschustert war, ein Ich, das sich mit scheinheiligen Verhaltensmustern vor der Wirklichkeit versteckt und in jede Handlung, jede Idee und in jeden Wunsch den Keim der Unsicherheit und Angst gesetzt hat.

Es gibt eigentlich nur einen einzigen Grund für diese Ängste und Unsicherheiten, so wie es auch nur diesen einen Grund für die Sehnsucht nach Anerkennung anderer gibt, nämlich die Entfremdung vom eigentlichen Selbst, vom wahren Kern der eigenen Existenz und all ihrer Verbindlichkeiten.
Wie ist das gemeint? Das eigene Selbst wahrhaftig zu kennen und zu verstehen ist das, was am Ende des Weges der selbstehrlichen Selbstoffenbarung liegt. Das Selbst als diese Existenz, als dieser Atmende Körper, das Lebendige, jeder winzige Teil davon und alles was ihn am Leben erhält, das Untrennbare, die Einheit des Ganzen. Ich kann sicher nicht von mir behaupten zu diesem Punkt bereits vorgestoßen zu sein und ich bin sicher, dass dieser Weg ein lebenslanger Weg ist, doch jeder Schritt, jede Offenlegung einer neuen Schicht selbstverblendeter Scheinidentität unter der die man mühsam aufgebrochen hat zeigt deutlich die Richtung, zeigt deutlich die Prinzipien und Methoden der Selbstverleugnung, die Schutzmechanismen der Programme die man Persönlichkeit nennt auf. Dadurch lässt sich mit dem menschlichen Verstand Einsicht und Verstehen erreichen. Und das bedeutet, dass man eine Lüge gegenüber sich selbst und gegenüber dem Leben eindeutig erkennen kann, dass man auch die Methoden der gewählten Ignoranz und ihrer Rechtfertigung erkennen und entlarven kann. Und dass man auch die selbstgefälligen und von Angst gespeisten Routinen bemerken kann, die auch diese Erkenntnis zu leugnen versuchen. Die Persönlichkeit, die Identität, die Sprache, die Wortbedeutungen und die emotionalen Verknüpfungen, unsere Empfindungen und Gedanken, all das ist zu großen Teilen in unser Bewusstsein verlagert und hat in vielen Bereichen den Kontakt zur Wirklichkeit bereits verloren. Wir existieren, fühlen, reagieren fast ausschließlich in unseren Gedanken und dann wägen wir ab, schmieden Pläne und entwerfen Strategien wie wir die Wirklichkeit um uns herum derart manipulieren könnten, dass sie sich weitgehend unseren inneren Vorstellungswelten anpasst, als ob diese inneren, substanzlosen Welten mehr Bedeutung, mehr Wert für uns hätten als die Wirklichkeit, die wahrhaftige, physische Existenz. Und das glauben wir tatsächlich, also diese Bedeutung schreiben wir unseren Gedankenwelten zu. Auch entgegen jede Vernunft, den Bereich unserer Bewusstseinswelt und unserer Gedanken ignorierend, der tatsächlich einen sinnvollen Nutzen für uns und das Leben haben könnte. Anders ist die zerstörerische, Verschwenderische und parasitäre Lebensweise die wir Menschen als Gesellschaften gewählt und erschaffen haben nicht zu erklären. Wir handeln gegen offensichtliche  Vernunftgründe, denken kurzfristig und nutzen unsere Fähigkeiten ohne jede Verantwortlichkeit. Schadensbegrenzung dient für uns aller höchstens unserem eigenen, ganz persönlichen Wohl und Komfort und richtet sich auf ein Zeitfenster, das unsere eigene Lebensspanne, vielleicht gerade noch die unserer Kinder mit einbezieht. Und somit setzt sich die Zerstörung unentwegt fort, denn genau dieses Verhalten vermitteln und übermitteln wir natürlich auch unseren Kindern. 

Sich kontinuierlich selbst zu belügen heißt zwangsläufig auch andere zu täuschen. Dadurch ist oder scheint diese Bewusstseinsentwicklung kaum zu durchbrechen zu sein. Wir haben oft nicht einmal die Chance dazu, denn tatsächlich wirkt unsere Selbsttäuschung so gut, dass wir sie kaum noch bemerken, bzw. selbst an sie glauben, sie als „unsere Natur“ zu betrachten. Und das ist der gefährlichste Denkfehler, die dogmatische Akzeptanz der eigenen Unzulänglichkeit. Sie ist ein religiöses Machtmittel, als die Methode der externalisierten Schuldzuweisung. Wahrlich eine Haarige Situation, denn diese Schuld, sofern sie denn eine ist, ist genau der Angstfaktor, ist das Monster vor dem wir uns fürchten, vor dem wir davonlaufen, weil wir wissen, dass wenn wir uns ihm stellen, es uns zerfleischen würde. Doch tatsächlich würde es sich auf unsere eingebildeten Identitäten, unsere Gedankenwelten stürzen, es würde unsere Egos zerreißen und uns die Fetzen um die Ohren schlagen. Sich dieser Angst zu stellen und sie zu überleben als das, was von dir übrig bleibt, das ist der steinige und unangenehme Weg in die Freiheit für das wahre, eigentliche Selbst das erst dann zu seiner Größe und Stärke heranwachsen kann, wenn dieses Monster seinen Schrecken verloren hat und wir erkennen, dass es in Wahrheit ein treuer Freund und Begleiter ist, ein Sicherheitsfaktor der uns immer wieder vor den Fallen der institutionalisierten Programme unseres gesteuerten Bewusstseins warnt, und zwar immer dort, wo wir den Kontakt zu uns selbst, zu der Einheit und der bodenständigen Wahrhaftigkeit des Lebens hier in diesem Moment, diesem Atemzug der Körperlichkeit zu verlieren drohen.

Fortsetzung folgt...

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