Ich bin immer wieder erstaunt über mich selbst, wenn ich im
Laufe meines eigenen Prozesses der Selbstentdeckung oder besser gesagt Selbstentlarvung
und der selbstehrlichen Neugestaltung feststelle, wie sehr ich über so viele
Jahre hinweg mein eigenes Leben an den Ideen oder Vorstellungen anderer
ausgerichtet habe. Ich meine damit, dass ich trotz einer inneren Gewissheit ich
selbst zu sein in ständigem Dialog und nicht selten auch Konflikt mit mir
selbst gestanden habe ob das, was ich denke, tue, mir wünsche und anstrebe
tatsächlich akzeptabel, konform und angemessen ist. Dabei war mir nie wirklich
bewusst wer oder was diese Konformität oder Angemessenheit bestimmt, was für
eine Bedeutung oder welchen Wert sie haben sollten. Es war mir einfach wichtig,
angemessen zu wirken, die Anerkennung war das Urbedürfnis, das, wonach ich mich
in all meinem Handeln gesehnt habe. Dadurch habe ich eine Persönlichkeit
aufgebaut, die in sich völlig instabil und eher zusammengeschustert war, ein
Ich, das sich mit scheinheiligen Verhaltensmustern vor der Wirklichkeit
versteckt und in jede Handlung, jede Idee und in jeden Wunsch den Keim der
Unsicherheit und Angst gesetzt hat.
Es gibt eigentlich nur einen einzigen Grund für diese Ängste
und Unsicherheiten, so wie es auch nur diesen einen Grund für die Sehnsucht
nach Anerkennung anderer gibt, nämlich die Entfremdung vom eigentlichen Selbst,
vom wahren Kern der eigenen Existenz und all ihrer Verbindlichkeiten.
Wie ist das gemeint? Das eigene Selbst wahrhaftig zu kennen
und zu verstehen ist das, was am Ende des Weges der selbstehrlichen
Selbstoffenbarung liegt. Das Selbst als diese Existenz, als dieser Atmende
Körper, das Lebendige, jeder winzige Teil davon und alles was ihn am Leben
erhält, das Untrennbare, die Einheit des Ganzen. Ich kann sicher nicht von mir
behaupten zu diesem Punkt bereits vorgestoßen zu sein und ich bin sicher, dass
dieser Weg ein lebenslanger Weg ist, doch jeder Schritt, jede Offenlegung einer
neuen Schicht selbstverblendeter Scheinidentität unter der die man mühsam
aufgebrochen hat zeigt deutlich die Richtung, zeigt deutlich die Prinzipien und
Methoden der Selbstverleugnung, die Schutzmechanismen der Programme die man
Persönlichkeit nennt auf. Dadurch lässt sich mit dem menschlichen Verstand
Einsicht und Verstehen erreichen. Und das bedeutet, dass man eine Lüge
gegenüber sich selbst und gegenüber dem Leben eindeutig erkennen kann, dass man
auch die Methoden der gewählten Ignoranz und ihrer Rechtfertigung erkennen und
entlarven kann. Und dass man auch die selbstgefälligen und von Angst gespeisten
Routinen bemerken kann, die auch diese Erkenntnis zu leugnen versuchen. Die
Persönlichkeit, die Identität, die Sprache, die Wortbedeutungen und die
emotionalen Verknüpfungen, unsere Empfindungen und Gedanken, all das ist zu
großen Teilen in unser Bewusstsein verlagert und hat in vielen Bereichen den
Kontakt zur Wirklichkeit bereits verloren. Wir existieren, fühlen, reagieren
fast ausschließlich in unseren Gedanken und dann wägen wir ab, schmieden Pläne
und entwerfen Strategien wie wir die Wirklichkeit um uns herum derart
manipulieren könnten, dass sie sich weitgehend unseren inneren
Vorstellungswelten anpasst, als ob diese inneren, substanzlosen Welten mehr
Bedeutung, mehr Wert für uns hätten als die Wirklichkeit, die wahrhaftige,
physische Existenz. Und das glauben wir tatsächlich, also diese Bedeutung
schreiben wir unseren Gedankenwelten zu. Auch entgegen jede Vernunft, den
Bereich unserer Bewusstseinswelt und unserer Gedanken ignorierend, der
tatsächlich einen sinnvollen Nutzen für uns und das Leben haben könnte. Anders
ist die zerstörerische, Verschwenderische und parasitäre Lebensweise die wir
Menschen als Gesellschaften gewählt und erschaffen haben nicht zu erklären. Wir
handeln gegen offensichtliche
Vernunftgründe, denken kurzfristig und nutzen unsere Fähigkeiten ohne
jede Verantwortlichkeit. Schadensbegrenzung dient für uns aller höchstens
unserem eigenen, ganz persönlichen Wohl und Komfort und richtet sich auf ein
Zeitfenster, das unsere eigene Lebensspanne, vielleicht gerade noch die unserer
Kinder mit einbezieht. Und somit setzt sich die Zerstörung unentwegt fort, denn
genau dieses Verhalten vermitteln und übermitteln wir natürlich auch unseren
Kindern.
Sich kontinuierlich selbst zu belügen heißt zwangsläufig
auch andere zu täuschen. Dadurch ist oder scheint diese Bewusstseinsentwicklung
kaum zu durchbrechen zu sein. Wir haben oft nicht einmal die Chance dazu, denn
tatsächlich wirkt unsere Selbsttäuschung so gut, dass wir sie kaum noch
bemerken, bzw. selbst an sie glauben, sie als „unsere Natur“ zu betrachten. Und
das ist der gefährlichste Denkfehler, die dogmatische Akzeptanz der eigenen
Unzulänglichkeit. Sie ist ein religiöses Machtmittel, als die Methode der
externalisierten Schuldzuweisung. Wahrlich eine Haarige Situation, denn diese
Schuld, sofern sie denn eine ist, ist genau der Angstfaktor, ist das Monster
vor dem wir uns fürchten, vor dem wir davonlaufen, weil wir wissen, dass wenn
wir uns ihm stellen, es uns zerfleischen würde. Doch tatsächlich würde es sich
auf unsere eingebildeten Identitäten, unsere Gedankenwelten stürzen, es würde
unsere Egos zerreißen und uns die Fetzen um die Ohren schlagen. Sich dieser
Angst zu stellen und sie zu überleben als das, was von dir übrig bleibt, das
ist der steinige und unangenehme Weg in die Freiheit für das wahre, eigentliche
Selbst das erst dann zu seiner Größe und Stärke heranwachsen kann, wenn dieses
Monster seinen Schrecken verloren hat und wir erkennen, dass es in Wahrheit ein
treuer Freund und Begleiter ist, ein Sicherheitsfaktor der uns immer wieder vor
den Fallen der institutionalisierten Programme unseres gesteuerten Bewusstseins
warnt, und zwar immer dort, wo wir den Kontakt zu uns selbst, zu der Einheit
und der bodenständigen Wahrhaftigkeit des Lebens hier in diesem Moment, diesem
Atemzug der Körperlichkeit zu verlieren drohen.
Fortsetzung folgt...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen