Donnerstag, 23. Januar 2014

Tag 166 - Psychologie aus der Sicht eines Nicht-Psychologen [Exkurs 1: Verhaltensmuster 'Arroganz']

De kleine rode kater / Foter.com / CC BY-NC-ND


Ein Exkurs zum Thema aus aktuellem Anlass.


Erlernt - kultivierte Arroganz

Die Überheblichkeit mit der Menschen anderen Menschen gegenübertreten ist in den Meisten Fällen durch völlig illusorische Annahmen begründet, deren Zusammenhänge und Wertmaßstäbe einzig in dem Glauben an und durch die Aufrechterhaltung von tradierten Denkmustern ihre Gültigkeit haben. Das heißt natürlich, dass die Arroganz auch nur in solchen Kreisen in denen alle unmittelbar einbezogenen Menschen sich an diese Traditionen gebunden fühlen – was ihnen völlig frei steht, da diese lediglich Glaubenssätze ohne jeglichen Bezug zur Wirklichkeit des tatsächlich passierende Lebens sind - Wirkung haben kann. Die Wirkung von Arrogantem Verhalten, die beabsichtigt und gezielt eingesetzt ist, ist die, dass sich die der Arroganz ausgesetzten Menschen herabgewürdigt, minderwertig und unsicher fühlen sollen, um der arroganten Person die Voraussetzung zu bieten, trotz eigener Unsicherheiten und Schwächen das gewünschte Selbstbild eines selbstbestimmten, selbstbewussten und unabhängigen Menschen darstellen zu können. Es mag wie eine Unterstellung klingen, dass ein arroganter Mensch immer auch von Verunsicherungen und dem Wissen um die eigenen Unzulänglichkeiten geplagt und getrieben ist. Doch wenn man sich selbst genug versteht, sich selbst beobachtet sowohl in der eigenen Reaktion auf arrogantes Verhalten als auch in den Momenten in denen man sich selbst überheblich gezeigt hat, dann sucht man vergeblich – sofern man die Selbstbeobachtung aufrichtig und selbst-ehrlich durchführt – nach einem abweichenden Motiv das als Rechtfertigung in einem vernunftbasierten, dem Verstand folgenden Sinne gültig wäre.
Das Selbstbild, das man durch Arroganz nach außen zu 'senden' versucht, ist nicht einmal vollständig repräsentiert im Moment des arroganten Verhaltens, es muss nicht einmal direkt im erlebbaren Moment gespielt werden, es ist kein präsentes Programm das tatsächlich hier als eine Person mit den jeweiligen Fähigkeiten oder Eigenschaften erkennbar wäre, sondern es ist eine in die Zukunft oder Vergangenheit projizierte Unterstellung, oder besser gesagt Anmaßung, ein so tun als ob diese Person die überlegen, erfolgreich und der Sieger dieser Situation ist bereits in der Zukunft oder der Vergangenheit existieren würde. Das, was man im Moment des Erlebens einer arroganten und überheblichen Person wahrnimmt oder wahrnehmen kann, ist lediglich das als Arroganz und Überheblichkeit bezeichnete charakteristische Verhalten. Das floskelhafte, herablassende Abwerten von Standpunkten anderer, die Ignoranz gegenüber Vernunft und notwendiger Flexibilität, die Unfähigkeit sich auf neue Bedingungen einzustellen, und oftmals das Ignorieren einzelner Personen und ihrer Bedürfnisse oder Äußerungen. Dieses Veralten ist das einzige, egal in welchem Kontext sich ein Mensch arrogant verhält, das charakteristisch wahrnehmbar ist und das diese Person tatsächlich in diesem Moment ausmacht. Es ist ein Verhaltensmuster das dem Umfeld etwas weiszumachen versucht, einen Glauben erzeugen will. Es ist der verzweifelte Versuch eines maroden, frustrierten und panischen Egos das Wunschbild des Selbst durch Projektion in der Wahrnehmung anderer Wirklichkeit werden zu lassen.

Wenn dieser Versuch in regelmäßigen Abständen funktioniert, wenn das Umfeld auf das überhebliche Verhalten reagiert, wenn es Wirkung zeigt – ob das Ablehnung oder Bewunderung ist spielt kaum eine Rolle, denn letztendlich geht es um die Wirksamkeit an sich, um die Relevanz des eigenen Daseins durch jedwede emotionale Reaktion – dann kann diese Persönlichkeitswahrnehmung zu einer dauerhaften Selbstidentifikation werden, so dass dieses Verhalten nicht mehr bewusst angewandt wird, sondern zur Persönlichkeit selbst, auch in der eigenen Selbstwahrnehmung gehört. Das kann dann so weit gehen, dass dieser Mensch sich in jeder Situation arrogant, überlegen oder überheblich aufspielt, selbst in Bereichen in denen er oder sie sich überhaupt nicht auskennt und sich durchaus auch der Lächerlichkeit preisgeben könnte – was natürlich auch passiert, aber wie eben bereits erwähnt, ist auch die Belustigung anderer in der Nachschau eine relevante Reaktion die durchaus ihren Zweck der Rückversicherung über die Wertigkeit der eigenen Existenz als diese Person erfüllt.
Man kann aber nicht genug betonen, wenn man das Verhalten arroganter Personen analysieren möchte, wie wichtig dabei die Unterstützende Rolle des Umfeldes ist, die eine Entwicklung einer solchen Persönlichkeitsstruktur überhaupt erst möglich macht. Der Freundeskreis der dieses Verhalten duldet und bisweilen sogar bewundert, die Familie die mit Stolz die Überheblichkeit welche auf sozialem und beruflichen Status gründen mag fördert, und vor allem auch die gesellschaftlichen und kulturellen Dogmen, werte und Normen welche eine Wertabstufung und Kategorisierung von Menschen statuieren. Beispielsweise in der Geschlechterrolle des Mannes gegenüber der der Frau, der Abwertung der Frau gegenüber dem Mann, eine über Jahrhunderte 'geduldete' erlaubte und zugelassene Diffamierung die es Männern ermöglichte, quasi als angeborenes Attribut von Kindes Beinen an Arroganz und Überheblichkeit als Teil ihrer 'Natur' zu kultivieren. Die Folgen sind so vielfältig und zerstörerisch für die Entwicklung der gesamten Bevölkerung, dass man mehrere Bücher mit den Ausführungen darüber füllen könnte. Der Stillstand, die Rückständigkeit und zerstörerische Kraft dieser patriarchalischen Geistesstörung ist kaum in Worte zu fassen. Wir haben die Folgen auch heute noch nicht im Ansatz überwunden.
Arroganz ist ein Selbstschutz. Sie ist im Grunde ein aggressiv-defensives Verhaltensmuster das der Abschottung und der Abwendung von Gefahr dient. Die Gefahr ist natürlich die Entlarvung und Bloßstellung der wahrhaftigen Persönlichkeit, des eigentlichen Innenlebens und der tatsächlichen Fähigkeiten der betreffenden Person.
Arroganz ist also ein erlerntes Verhalten an dessen Genese das Umfeld einer Person ebenso beteiligt ist wie die Persönlichkeit selbst. Die Verantwortung für die Entwicklung solcher Persönlichkeitsstörungen* liegt also bei allen beteiligten Personen des direkten Umfeldes einer Person, als auch in der der gesamten Gesellschaft die in ihrer kulturellen Ausrichtung der Werte und Normen eine derartige Entwicklung mit trägt und auch fördert.


*Persönlichkeitsstörung deshalb, weil die Ausprägung und Wirkungsweise arroganten Verhaltens eine Belastung für die Gemeinschaft darstellt, ebenso wie für die betroffene Person selbst, die durch den Verlust oder Mangel an Selbstwertgefühl, an Identifikation mit der Gemeinschaft des Lebens fremdbestimmt zum Opfer der gewählten Rolle wird und somit ihre Eigenständigkeit und Selbstbestimmung verliert. Arrogantes Verhalten erzeugt Ablehnung, Frustration und Feindseligkeit, aber auch heimliche Bewunderung wenn die reagierende Person selbst wünscht ein solches Maß an Arroganz und falschem Selbstbewusstsein aufbringen zu können. Da beides aber nicht real ist, erliegt auch die bewundernde Person dem Irrtum und bremst, beurteilt und hemmt sich dadurch selbst in der eigenen Entwicklung und Selbstbestimmung.

Fortsetzung folgt...


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