Ein Exkurs zum Thema aus aktuellem Anlass.
Erlernt - kultivierte Arroganz
Die Überheblichkeit mit der Menschen
anderen Menschen gegenübertreten ist in den Meisten Fällen durch
völlig illusorische Annahmen begründet, deren Zusammenhänge und
Wertmaßstäbe einzig in dem Glauben an und durch die
Aufrechterhaltung von tradierten Denkmustern ihre Gültigkeit haben.
Das heißt natürlich, dass die Arroganz auch nur in solchen Kreisen
in denen alle unmittelbar einbezogenen Menschen sich an diese
Traditionen gebunden fühlen – was ihnen völlig frei steht, da
diese lediglich Glaubenssätze ohne jeglichen Bezug zur Wirklichkeit
des tatsächlich passierende Lebens sind - Wirkung haben kann. Die
Wirkung von Arrogantem Verhalten, die beabsichtigt und gezielt
eingesetzt ist, ist die, dass sich die der Arroganz ausgesetzten
Menschen herabgewürdigt, minderwertig und unsicher fühlen sollen,
um der arroganten Person die Voraussetzung zu bieten, trotz eigener
Unsicherheiten und Schwächen das gewünschte Selbstbild eines
selbstbestimmten, selbstbewussten und unabhängigen Menschen
darstellen zu können. Es mag wie eine Unterstellung klingen, dass
ein arroganter Mensch immer auch von Verunsicherungen und dem Wissen
um die eigenen Unzulänglichkeiten geplagt und getrieben ist. Doch
wenn man sich selbst genug versteht, sich selbst beobachtet sowohl in
der eigenen Reaktion auf arrogantes Verhalten als auch in den
Momenten in denen man sich selbst überheblich gezeigt hat, dann
sucht man vergeblich – sofern man die Selbstbeobachtung aufrichtig
und selbst-ehrlich durchführt – nach einem abweichenden Motiv das
als Rechtfertigung in einem vernunftbasierten, dem Verstand folgenden
Sinne gültig wäre.
Das Selbstbild, das man durch Arroganz
nach außen zu 'senden' versucht, ist nicht einmal vollständig
repräsentiert im Moment des arroganten Verhaltens, es muss nicht
einmal direkt im erlebbaren Moment gespielt werden, es ist kein
präsentes Programm das tatsächlich hier als eine Person mit
den jeweiligen Fähigkeiten oder Eigenschaften erkennbar wäre,
sondern es ist eine in die Zukunft oder Vergangenheit projizierte
Unterstellung, oder besser gesagt Anmaßung, ein so tun als ob
diese Person die überlegen, erfolgreich und der Sieger dieser
Situation ist bereits in der Zukunft oder der Vergangenheit
existieren würde. Das, was man im Moment des Erlebens einer
arroganten und überheblichen Person wahrnimmt oder wahrnehmen kann,
ist lediglich das als Arroganz und Überheblichkeit bezeichnete
charakteristische Verhalten. Das floskelhafte, herablassende Abwerten
von Standpunkten anderer, die Ignoranz gegenüber Vernunft und
notwendiger Flexibilität, die Unfähigkeit sich auf neue Bedingungen
einzustellen, und oftmals das Ignorieren einzelner Personen und ihrer
Bedürfnisse oder Äußerungen. Dieses Veralten ist das einzige, egal
in welchem Kontext sich ein Mensch arrogant verhält, das
charakteristisch wahrnehmbar ist und das diese Person tatsächlich in
diesem Moment ausmacht. Es ist ein Verhaltensmuster das dem Umfeld
etwas weiszumachen versucht, einen Glauben erzeugen will. Es ist der
verzweifelte Versuch eines maroden, frustrierten und panischen Egos
das Wunschbild des Selbst durch Projektion in der Wahrnehmung anderer
Wirklichkeit werden zu lassen.
Wenn dieser Versuch in regelmäßigen
Abständen funktioniert, wenn das Umfeld auf das überhebliche
Verhalten reagiert, wenn es Wirkung zeigt – ob das Ablehnung oder
Bewunderung ist spielt kaum eine Rolle, denn letztendlich geht es um
die Wirksamkeit an sich, um die Relevanz des eigenen Daseins durch
jedwede emotionale Reaktion – dann kann diese
Persönlichkeitswahrnehmung zu einer dauerhaften Selbstidentifikation
werden, so dass dieses Verhalten nicht mehr bewusst angewandt wird,
sondern zur Persönlichkeit selbst, auch in der eigenen
Selbstwahrnehmung gehört. Das kann dann so weit gehen, dass dieser
Mensch sich in jeder Situation arrogant, überlegen oder überheblich
aufspielt, selbst in Bereichen in denen er oder sie sich überhaupt
nicht auskennt und sich durchaus auch der Lächerlichkeit preisgeben
könnte – was natürlich auch passiert, aber wie eben bereits
erwähnt, ist auch die Belustigung anderer in der Nachschau eine
relevante Reaktion die durchaus ihren Zweck der Rückversicherung
über die Wertigkeit der eigenen Existenz als diese Person erfüllt.
Man kann aber nicht genug betonen, wenn
man das Verhalten arroganter Personen analysieren möchte, wie
wichtig dabei die Unterstützende Rolle des Umfeldes ist, die eine
Entwicklung einer solchen Persönlichkeitsstruktur überhaupt erst
möglich macht. Der Freundeskreis der dieses Verhalten duldet und
bisweilen sogar bewundert, die Familie die mit Stolz die
Überheblichkeit welche auf sozialem und beruflichen Status gründen
mag fördert, und vor allem auch die gesellschaftlichen und
kulturellen Dogmen, werte und Normen welche eine Wertabstufung und
Kategorisierung von Menschen statuieren. Beispielsweise in der
Geschlechterrolle des Mannes gegenüber der der Frau, der Abwertung
der Frau gegenüber dem Mann, eine über Jahrhunderte 'geduldete'
erlaubte und zugelassene Diffamierung die es Männern ermöglichte,
quasi als angeborenes Attribut von Kindes Beinen an Arroganz und
Überheblichkeit als Teil ihrer 'Natur' zu kultivieren. Die Folgen
sind so vielfältig und zerstörerisch für die Entwicklung der
gesamten Bevölkerung, dass man mehrere Bücher mit den Ausführungen
darüber füllen könnte. Der Stillstand, die Rückständigkeit und
zerstörerische Kraft dieser patriarchalischen Geistesstörung ist
kaum in Worte zu fassen. Wir haben die Folgen auch heute noch nicht
im Ansatz überwunden.
Arroganz ist ein Selbstschutz. Sie ist
im Grunde ein aggressiv-defensives Verhaltensmuster das der
Abschottung und der Abwendung von Gefahr dient. Die Gefahr ist
natürlich die Entlarvung und Bloßstellung der wahrhaftigen
Persönlichkeit, des eigentlichen Innenlebens und der tatsächlichen
Fähigkeiten der betreffenden Person.
Arroganz ist also ein erlerntes
Verhalten an dessen Genese das Umfeld einer Person ebenso beteiligt
ist wie die Persönlichkeit selbst. Die Verantwortung für die
Entwicklung solcher Persönlichkeitsstörungen* liegt also bei allen
beteiligten Personen des direkten Umfeldes einer Person, als auch in
der der gesamten Gesellschaft die in ihrer kulturellen Ausrichtung
der Werte und Normen eine derartige Entwicklung mit trägt und auch
fördert.
*Persönlichkeitsstörung
deshalb, weil die Ausprägung und Wirkungsweise arroganten Verhaltens
eine Belastung für die Gemeinschaft darstellt, ebenso wie für die
betroffene Person selbst, die durch den Verlust oder Mangel an
Selbstwertgefühl, an Identifikation mit der Gemeinschaft des Lebens
fremdbestimmt zum Opfer der gewählten Rolle wird und somit ihre
Eigenständigkeit und Selbstbestimmung verliert. Arrogantes Verhalten
erzeugt Ablehnung, Frustration und Feindseligkeit, aber auch
heimliche Bewunderung wenn die reagierende Person selbst wünscht ein
solches Maß an Arroganz und falschem Selbstbewusstsein aufbringen zu
können. Da beides aber nicht real ist, erliegt auch die bewundernde
Person dem Irrtum und bremst, beurteilt und hemmt sich dadurch selbst
in der eigenen Entwicklung und Selbstbestimmung.
Fortsetzung folgt...
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