Freitag, 3. Januar 2014

Tag 162 -Psychologie aus der Sicht eines Nicht-Psychologen Teil 4

"lapolab" / Foter.com / CC BY-NC


Fortsetzung zu

Tag 161 - Psychologie aus der Sicht eines Nicht-Psychologen Teil 3

 

Auszug:

In alles und jedes wollen und müssen wir Vorstellungen überwertiger Natur projizieren. In die Waren und Artikel unserer industrialisierten Konsumkultur, in unsere Beziehungen zueinander, die Liebe, die Familie, alles wollen wir verherrlicht sehen, strahlend in unserem Bewusstsein, banal in der reinen Wahrnehmung, weil wir das Wirkliche, das wahrhaftig Schöne nicht mehr ertragen können, stellt es sich uns doch direkt als Gleiches dar, als Teil von uns Selbst. Selbst in die Natur, unsere alleinige Lebensgrundlage fantasieren wir übernatürliches hinein. Alles nur um uns nicht der Wahrhaftigkeit unserer eigenen Verantwortlichkeit und der gewollten Unfähigkeit zur Mündigkeit stellen zu müssen.


Fortsetzung:


Das Göttliche und übernatürliche zu suchen bedeutet im Grunde sich freisprechen zu wollen von der Verantwortung die ein selbst-bewusstes Leben in Einheit und Gleichheit mit allem Leben mit sich bringt - und nichts weiter.

Was ist gemeint mit der Gleichheit allen Lebens?

Allzu oft wird der Begriff der Gleichheit des Lebens mit Eintönigkeit, mit Gleichmacherei und Einschränkung der persönlichen Freiheit gleichgesetzt. Diese Auffassung geht von einer Annahme aus, dass der Mensch so wie er ist frei in seiner Entwicklung und seinen Entscheidungen wäre. Dass diese Grundannahme aber bereits ein Irrtum ist, ist nicht schwer aufzudecken. Gerade in einer Gesellschaftsordnung wie der unseren, die stark von einem freiheitlichen Gedanken der Entfaltung persönlicher Interessen und persönlichen Konsums geprägt ist, wird dieser Standpunkt der Mensch sei von sich aus frei in seinen Entscheidungsmotiven in vielerlei Hinsicht missbräuchlich manipulativ benutzt, er wird nicht explizit hinterfragt oder analysiert, sondern der Mensch wächst in einem Gefüge auf, das ihn bereits von klein auf konditioniert und das seine Bedürfnisse lenkt, verknüpft und gezielt beeinflusst. Kleinkinder haben beispielsweise bereits ziemlich genaue Vorstellungen davon, welches Spielzeug sie sich wünschen und man kann kaum davon ausgehen, dass dieser explizite Wunsch nach einer bestimmten Puppe beispielsweise bereits von Geburt an als Ausdruck persönlicher Freiheit angelegt wäre. Vielmehr sind in dem Bewusstsein eines drei oder vierjährigen Kindes bereits Verknüpfungen von Wertvorstellungen, Ideen emotionaler Beziehungen und Identifikationssymbole durch die Umwelt, die Erfahrungen mit anderen Kindern, die mediale Manipulation durch Werbung, angelegt worden die für das Kind den Besitz eines bestimmten Spielzeugs mit inneren, persönlichen Bedürfnissen nach Anerkennung, nach emotionaler Befriedigung, nach Unterhaltung und Selbstwertempfinden verketten. Ebenso werden symbolträchtige Eigenschaften von Waren und Gütern die dem Konsumenten einer kapitalistischen Gesellschaft zur Verfügung stehen künstlich generiert und etabliert, so dass auch Erwachsene ihr Konsumverhalten anhand innerer Bedürfnisse und Wünsche, die sie letztlich für ihre freie Entscheidungsfähigkeit halten, ausrichten und sich ein Auto beispielsweise nicht nach oder nicht ausschließlich nach praktischem Nutzen, sondern vor allem auch nach seinem kulturellen Wert und seiner repräsentativen Eigenschaft aussuchen. Diese Entscheidungskriterien werden dann als Interessen gewertet, die wiederum den Eigenschaften einer menschlichen Persönlichkeit angerechnet werden. Der freie, eigenständig handelnde und entscheidende Mensch ist daher gerade in den als freiheitlich demokratisch geltenden, westlich kapitalistischen Gesellschaften eher eine Illusion, denn ein großer Teil der Interessenvielfalt ist durch die jeweilige kulturelle Programmierung vorbestimmt.
Und genau da greift eben auch der Versuch, die grundsätzliche Gleichheit des Lebens als die Gleichheit der Interessen, bzw. der zur Verfügung stehenden Wahlmöglichkeiten persönlicher Interessenentfaltung zu verstehen und dadurch ein missbräuchliches, ausbeuterisches Verhalten und die Ungleichheit der Lebensumstände in unserer Welt zu rechtfertigen. Dem zugrunde liegt eine vage Vermutung, dass die soziale Notlage der Menschen, die nicht dieselbe Wahlmöglichkeit haben, die nicht an der Konsumideologie teilhaben können mit ihrer Unfähigkeit sich selbst frei zu entfalten und sich eigenständig einzusetzen zusammenhängen würde und nicht etwa mit den politischen und sozialen Zwängen und der gewaltsamen, systematischen Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen.
Tatsächlich liegt der Illusionäre Aspekt unserer Konsumideologie aber genau dort, wo wir glauben frei und eben nicht gleich zu sein, in der scheinbaren Vielfalt unserer Interessen die durch künstlich erzeugte, symbolträchtige Kult-Werte um Konsumprodukte geschaffen wird, die wir uns dann aneignen, die wir verzehren und mit denen wir uns schmücken um so unsere Individualität zu bestätigen. Wir verkennen dabei völlig, dass wir gerade in diesem Verhalten eben gleich-gemacht und fremdbestimmt sind, dass die Vielfalt dabei im Grunde nur eine Vorstellung ist, da die Bedürfnisse die wir zu befriedigen suchen tatsächlich immer wieder dieselben sind und durch den reinen Konsum ideologisch aufgeladener Güter nicht erfüllt werden können. Doch anstatt uns von diesem Verhalten das sich als nutzlos und unpraktisch erweist zu lösen, suchen wir nach jedem erfolglosen Versuch wieder ein neues „Etwas“, eine neue Ware oder ein „Mehr“ bestimmter Güter in der Hoffnung auf einen Erfolg. Die Prägung auf ein solches Verhalten von klein auf, die Verknüpfung menschlicher Emotionen und der Persönlichkeitsentwicklung mit solch einem programmatisch-systematischen Konstrukt führt zu einer Abhängigkeit durch Angst, nämlich der Angst des Existenzverlusts, da die eigene Selbstwahrnehmung und das persönliche Selbstwertgefühl einzig an diese künstlichen, mentalen Formen gebunden sind. Was bleibt wenn ich diese Vorstellungen aufgebe ist nicht greifbar, nicht wahrnehmbar, weil ich davon nichts weiß, weil mich niemand angeleitet hat meinen Selbstwert und meine Selbstwahrnehmung in Einheit und Gleichheit mit allem Leben, mit der Existenz selbst, also dem, was tatsächlich primär IST zu entdecken und zu verstehen. 

Aus der Akzeptanz dieser Einzigartigkeit in eigenständiger Selbstbestimmtheit auf der Grundlage des Selbstwertes in Einheit und Gleichheit mit allem Leben entsteht erst die eigentliche Vielfalt. Individuell zu sein bedeutet dabei auch immer eine Bereicherung für die Gemeinschaft zu sein und kann unter keinen Umständen auf der Ausbeutung einer Notlage eines anderen aufbauen. Solche Formen der Selbstüberschätzung sind im Grunde eine inakzeptable, destruktiv-parasitäre Verhaltensform die von einer gesunden Gemeinschaft geächtet werden muss. Dass sie in unserer Welt zu scheinbarer Anerkennung und Bewunderung führt ist ein erschreckend deutliches Zeichen für die Erkrankung des Menschen an der Programmatik seines eigenen Bewusstseins.

Fortsetzung folgt...



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