Sonntag, 22. April 2012

Tag 6 - Konsum und enttäuschte Erwartungen / Wahn einer Sinnentleerten Spezies



Es gab eine Zeit in meinem Leben, in der ich in meiner Rolle, obwohl ich mir ihrer nicht bewusst war, am Rand der Gesellschaft in völliger Akzeptanz der eigenen Unfähigkeit die vorbereitete Nische des Träumers und Versagers besetzte.
In dieser Zeit hatte ich weder Geld noch eine Perspektive jemals Geld zu besitzen. An was für Möglichkeiten denkt man als kapitalistisch konditionierter Mensch in unserer Gesellschaft?
Ich hätte mir eine neue Arbeit suchen können - und das habe ich auch versucht - dennoch hatte ich keinen Erfolg, denn meine Qualifikationen ließen zu wünschen übrig, mein Lebenslauf war so vollständig wie das gebiß eines 80 Jährigen Trinkers, Meine Kleidung machte die Vorstellungsgespräche - sofern es überhaupt dazu kam - zu einem Spießrutenlaufen. Ich fand Arbeit, ja, aber mit der konnte ich gerade einmal meine Unterkunft bezahlen.
Was gab es noch für Möglichkeiten? Eine reiche Freundin suchen? Ich glaube ich brauche das nicht näher zu erläutern um die Unmöglichkeit eines solchen Unterfangens in meiner damaligen Situation zu verdeutlichen. Davon einmal abgesehen, dass dieser Vorgang millionenfach in geschleichtlich umgekehrter Weise stattfindet und in unserem System als legitimer Prozess des Familiegründens akzeptiert ist, obwohl -oder gerde weil- ihm zugrunde eine niederträchtige, selbstgerechte und ausbeuterische Gesinnung liegt.
Kein Geld, keine Perspektive, das sind die Fakten, das ist die Realität des kapitalistischen Ausbeutungssystems. Es gibt keine 'Chance' für jedermann, keine 'Möglichkeiten' und schon gar keine Aussichten auf Besserung, wenn du ohne Geld da stehst. Im Gegenteil. Es gibt nur eines, eine Droge, eine der Art, die man nirgendwo kaufen kann, weil man sie nicht Besitzen kann. Sie kostet ganz bewußt nichts, denn sie ist für diejenigen bestimmt, die sich überhaupt gar nichts leisten können. Sie nennt sich Hoffnung. Überall wird sie verbreitet und angepriesen, auf Plakaten, in Zeitungen, im Gerede am Stammtisch nebenan, in Filmen im Kino, in Geschichten der Großmutter. Sie wird uns bereits mit in die Wiege gelegt, als Sicherheit sozusagen, weil man weiß wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der oder diejenige irgendwann einmal darauf zurückgreifen wird. Hoffnung, ein Glaubenssystem. Hoffnung auf Veränderung. Was soll das bedeuten, zu hoffen? Wer soll dafür zuständig sein, dass etwas geschieht? Das Prinzip der Hoffnungsabhängigkeit sieht auf jeden Fall nicht vor, dass man sich etwa selbst verantwortlich fühlt. Das Prinzip Hoffnung basiert auf der Annahme, dass der Mensch ein hilfloses und recht jämmerliches Opfer eines übermächtigen Systems ist, in dem es entweder gewinnt oder verliert, was soviel bedeutet wie 'lebt' oder 'stirbt', wenn dieses Sterben auch oft ein sehr langsamer und qualvoller Prozess ist. Da bleibt dann eben nur die Hoffnung, dass in dem Großen Glücksspiel der Geldherrschaft irgendeine unsichtbare Macht (vielleicht die unsichtbare Hand des Marktes...?) mir den Ball wieder zuspielt, so dass ich mich innerhalb der Strukturen auf einen höheren Ast des Gesellschaftsbaumes zerren kann. In dieser Hoffnung beginnt man zu träumen. Und wenn ich mir klarmache, heute, in was für Träumereien ich mich verloren habe, dann wird mir jetzt noch ganz schwindelig. Es sind Träumereien von Begegnungen mit einflussreichen Menschen, von künstlerischen oder aktivistischen Tätigkeiten die einem Anerkennung und Ruhm verschaffen, es sind Träumereien vom 'Berühmt werden' als Musiker in meinem Fall beispielsweise.
Es ist aber nicht wirklich so, dass man in einer so ausweglosen Situation wirklich daran Glaubt. Ich meine, man möchte natürlich an die Wirklichkeit dieser Möglichkeiten glauben, und das System hält für die Verstärkung dieser Hoffnungen ja auch bekannte und berühmte Einzelfälle Bereit, aber man weiß insgeheim, dass das nicht wirklich so war, dass dort immer ein ganz bestimmter Faktor noch eine Rolle gespielt haben musste, dass irgendwo irgendeine Person diesen Menschen benutzte, ihn bekannt machte, ihn vorstellte und einführte, weil sie sich selbst etwas davon versprach.
Doch das Prinzip wirkt. Es gibt so viele Dinge an denen man sich in seiner Verzweiflung geistig festklammern kann und je mehr man sich in diese Verzweiflung, gepaart mit der Erkenntnis über die Notwendigkeit materieller Möglichkeiten festklammert, desto absurder werden die Ideen die man hat. So glaubte ich zum Beispiel in manchen Zeiten, dass mich nur der Besitz eines bestimmten Gegenstandes, in einem Fall eines Laptops in die Lage versetzen könnte aus meiner Situation herauszukommen. Das heißt, der eigene Antrieb wird Systemangepasst bestimmt durch Verlangen nach Konsumgütern. Ich dachte beispielsweise mit einem Laptop wäre es mir möglich, an allen erdenklichen Orten zu Schreiben, Musik zu machen und ähnliches, so dass ich besser in der Lage wäre mein 'kreatives Potential' zu nutzen. Letztendlich war natürlich allein der Status, das GEFÜHL so etwas für mich seinerzeit unerschwingliches zu besitzen, sich so etwas 'leisten' zu können der Hauptantrieb. Alles andere war nur Tarnung. Dann hatte so ein 'Gerät' natürlich auch noch Unterhaltungscharakter. Doch das ist ja nur ein Beispiel von vielen, meist waren es technologische Geräte, Handys, Bildschirme, teure Software, Musikinstrumente und ähnliches. Ich hatte solch einen starken Drang so etwas zu besitzen, dass ich mir alle erdenklichen Möglichkeiten zunutze machte sie zu bekommen. Und wie wunderbar das System für solche Fälle doch vorgesorgt hat! Man kann auch ohne Geld an teure Sachen kommen, man muss sich einfach nur Verschulden! Und das tat ich dann natürlich auch. Interessanterweise stellte ich immer wieder fest, dass dieser Wunsch, dieser Drang etwas bestimmtes zu besitzen, mir beispielsweise einen PC auf Raten zu kaufen, die Freude darüber und die Motivation zum Handeln und zum Ausschöpfen der Möglichkeiten die ich mir ausmalte ziemlich genau mit dem Zeitpunkt des Erhalts dieser Ware endete. Das lief dann in etwa so ab, dass ich die erworbenen Artikel nach kurzer Zeit schon wieder loswerden wollte, weil ich von den von mir selbst gesetzten Erwartungen enttäuscht und frustriert wurde.
Wenn ich heute darüber schreibe bin ich in hohem Maße erstaunt über die tiefgreifende Wirksamkeit der Suggestionsmethoden der Werbung und der Medien im allgemeinen und natürlich auch der eigenen, persönlichen Selbstüberzeugung.
Doch immer wieder in allen erdenklichen Bereichen kann man dieses Verlangen beobachten, diesen Drang der sagt: 'das MUSST du haben, damit wird es dir besser oder wenigstens für eine kurze Zeit gut ergehen.' Das ist das ganze Prinzip einer Konsum- und Wegwerfgesellschaft, auf irgendeine Art das Bedürfnis nach Produkten zu erzeugen, die niemand braucht, die keinen Zweck erfüllen und in vielen Fällen sogar schaden. Nur durch dieses permanente Erzeugen von irrationalen Bedürfnissen kann oder konnte der Kapitalismus bisher überhaupt überleben. Natürlich ist das nicht seine einzige Methode, damit einher gehen auch immer komplexere Herstellungswege für bestimmte Artikel, die den Anschein erwecken, dass durch den immensen Aufwand von Transport, Lagerung und Montage die Wirtschaft belebt und sogar Arbeitsplätze geschaffen würden. Doch rechnet sich dieser Vorgang immer nur für diejenigen, die ganz oben in den Reihen des Marktes die Vorgehensweisen bestimmen. Es ist eben nicht die 'natürliche Nachfrage', das natürliche Bedürfnis allein das aus dem Nichts das kapitalistische System hat entstehen lassen. Es ist die gezielte und profitorientierte Manipulation der Konsumenten und die Anschließende Präsentation der Befriedigenden Lösung, die natürlich durchklalkuliert und am Gewinn einiger weniger ausgerichtet ist.
So bin auch ich in die Falle des manipulierten Konsumidioten mit einer labilen Identitätsgestörten Persönlichkeit (eigentlich ist jede Persönlichkeit Identitätsgestört, aber das ist ein anderes Thema) geraten. Nur, dass ich eben ein Konsumidiot war, der sich nichts leisten konnte und dadurch in die zerreibenden Mühlen des Müllschluckers unseres Systems geraten bin. Die Schuldenfalle, die einhergeht mit Ausgrenzung, Ohnmacht , Stigmatisierung, Ernidrigung, Verachtung und all den anderen kleinen Gehässigkeiten unserer Gesellschaftsordnung, die wie tausende kleiner Messerstiche nach und nach die Hülle der Persönlichkeit zerkratzen und schließlich zerfetzen. Und entweder klammerst du dich dann an einem letzten kleinenLumpen deiner früheren Identität fest und vegetierst zitternd umhergejagd vor dich hin, suckelst zur Beruhigung an den ausgefransten ecken dieses Lappens, oder -
Ja, oder aber du erkennst in dieser Verletzlichkeit die Unwirkliche Natur deines bisherigen Ichs, die Künstlichkeit und den Wahnsinn der erforderlich war dich nach dessen Pfeife tanzen zu lassen. Natürlich gehört auch Glück dazu und so war es auch in meinem Fall, als ich vor der Entscheidung stand, vor der viele andere nicht stehen können, weil sich ihnen keine Gelegenheit bietet in diesem Glücksspiel, und mit Glücksspiel ist nicht das Leben selbst gemeint, sondern das Schema das wir ihm aufgezwungen haben, das, was wir Leben nennen. Die Entscheidung betraf meine Verantwortlichkeit mir selbst und dem leben gegenüber. Ich erkannte, dass ich Handlungsfähig bin, dass ich nicht Opfer sein MUSS, sondern dass ich, wenn ich von meinem Leben - dem Leben - etwas halte, die Verantwortung dafür übernehmen muss, was ich damit anstelle, so unmenschlich und irrational auch das System und die Gesellschaft sein mag in der ich lebe. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Verantwortlichkeit auch für dieses System im Sinn, sah mich immer noch bis zu einem gewissen Grad als eigenständige Entität abgetrennt von alledem, aber ich war schon so weit dass ich den Wert des Lebens und seine Möglichkeiten - noch einmal: natürlich Möglichkeiten nicht im Sinne des Standes, der Karriere oder anderen Systemimmanenten Programmen - erkannte und mir sagte dass ich verantwortlich handeln muss um auch zu dem stehen zu können, was mir vorschwebte, nämlich den Wandel, die Möglichkeit menschlichen Erwachens, die Chance auf eine neue Generation Menschen die sich nicht mehr blind einem Geisthaften, zerstörerischen System unterwarfen. Ich hatte diese Möglichkeit mich zu entscheiden aufgrund mannigfaltiger Umstände, nicht zuletzt dem Umstand, dass ich in einem der Länder der Weltelite geboren bin, in denen es selbst den Ärmsten noch verhältnismäßig gut geht. Ich übernahm meine Verantwortung und bereinigte meine Vergangenheit, ich stellte mich der Situation und all den Ängsten die dazugehörten. Doch ich tat das nicht nur wegen mir selbst, damals vielleicht schon, doch das war auch angebracht denn zunächst musste ich ja erst einmal eine stabilisierte Grundlage für mich schaffen, sondern ich tat und tue es noch immer weil ich mir als Mensch unter Menschen der Verantwortlichkeit für all das bewusst bin, was wir als Menschen kreieren, erlauben und zulassen auf diesem Planeten. Ich bin mir der Verantwortung bewusst die vor allem diejenigen tragen, die in unserer Welt überhaupt noch genügend Luft zum Atmen und auch die finanzielle Macht haben etwas auszurichten und das Ruder herumzureißen. Daher habe ich mich auf den Weg in ein Selbstbestimmtes Leben begeben, Selbstbestimmt im Sinne des Lebens und des Wohles allen Lebens. Das ist Teil der 7 Jahres Reise ins Leben, das ist die Verantwortlichkeit die jeder hier übernehmen kann, in jedem Moment. Das ist die Chance auf eine Zukunft als lebendige Entfaltung in Einheit und Gleichheit als das Leben.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es erlaubt und zugelassen habe, mir einzubilden ich bräuchte materiellen Reichtum um mich von meiner Unzufriedenheit zu befreien.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es erlaubt und zugelassen habe, die Schuld für meine soziale Situation immer wieder anderen zuzuschreiben.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es erlaubt und zugelassen habe, darüber nachzudenken wie ich andere Menschen benutzen und manipulieren könnte, um mir einen Vorteil zu verschaffen oder mich an ihnen zu bereichern.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es erlaubt und zugelassen habe, mich in Gedanken als moralisch 'rein' zu betrachten und alle meine Handlungen die offensichtlich missbräuchlicher Natur waren, wie beispielsweise Alkohol und Drogenkonsum und die bewußte Manipulation von Menschen meines Umfeldes, damit zu rechtfertigen, dass ich ja nichts für das System in dem ich lebe könne und mir keine andere Wahl bliebe.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es erlaubt und zugelassen habe, mich als Opfer darzustellen und mich damit von der Gesamtheit des Lebens abzutrennen und in Gedanken zu etwas Besonderem zu erheben.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es erlaubt und zugelassen habe ein Teil eines Systems zu werden, das sich in lebensfeindlicher Art und Weise auswirkt, das mich zu einem manipulierenden, selbstbezigenen und gierigen Wesen hat werden lassen, in dessen namen ich alle erdenklichen missbräuchlichen Dinge getan habe um mir selbst ein angenehmes Leben zu machen.

Ich vergebe mir selbst, das sich es erlaubt und zugelassen habe mich voll und ganz auf träumerische Hoffnungen zu stützen, deren Herkunft ich nicht einmal genau ergründen konnte und wollte.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es erlaubt und zugelassen habe meine innere, 'geheime' Welt des Geistes zu benutzen um meine persönlichen Pläne zu schmieden, wie ich mir Anerkennung und Erfolg auch auf Kosten anderer erschleichen könnte.

Ich vergebe mir selbst, dass ich mich aufgrund meiner persönlichen Tendenzen selbst verurteilt habe und diesen Konflikt zwischen meinem konditionierten Selbst und dem Wissen um die niederträchtigkeit dieser allseits akzeptierten Methoden mit mir über Jahre herumgetragen habe ohne jemals in Erwägung zu ziehen, dass ich das stoppen könnte, wenn ich meine erzwungene Selbstsucht aufgeben würde.

Ich vergebe mir selbst, dass icgh es erlaubt und zugelassen habe mich in die Auswegslosigkeit zu manövrieren, damit ich vor mir selbst main (selbst-)zerstörerisches Verhalten rechtfertigen kann und nicht meiner Verantwortlichkeit entgegentreten muss.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es erlaubt und zugelassen habe meinen persönlichen Komfort dem Verantwortlichen Handeln vorgezogen habe.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es erlaubt und zugelassen habe, so viele Jahre aus Angst und Bequemlichkeit nicht die notwendige Selbstarbeit und die Überwindung meiner programmierten Persönlichkeitsstrukturen begonnen habe.

Ich erkenne in jedem dieser Wünsche und Verlangen die ich heir anspreche die eingeimpfte und programmierte Struktur der 'Kultivierung' einer Gesellschaft deren Teil ich bin. Ich erstrebe nicht mich aus ihr zu befreien weil ich erkenne, dass das unmöglich ist, es sei denn in der Imagination des Glaubens oder des individualistischen Persönlichkeitswahns. Doch in der Existenz und der Akzeptanz dessen was ist, was ich bin, gleich und eins mit allem in Existenz, sehe ich die Konsequenzen all dieser Wahnvorstellungen, erkenne mich als mitverantwortlich an allem Missbrauch und unnötig durch sie verursachten Leid. In dieser Erkenntnis unter Aufwendung der menschlichen Möglichkeiten des Verstandes, des Denkens und Planens, sehe ich in der reinen Möglichkeit der Entscheidung für das Leben die unleugbare Verantwortlichkeit jedes einzelnen. Ich bin bereit und es gibt keinen anderen Weg als in dieser Welt, in dieser Realität, so wie wir sie gestaltet haben, diese Verantwortung zu akzeptieren und in Selbst-Ehrlichkeit und Selbst-Vergebung all das hinter mir zu lassen was mir als Leben dieses Leid und diese Ungleichheit verursacht und angetan hat. Ich kann als das Leben diese Gedankengebilde der Ignoranz die wir Kultur und Ideologie nennen nicht mehr akzeptieren und annehmen, denn ich habe mich als das Leben erkannt und nichts ist dort, das irgendeine dieser Wahnvorstellungen rechtfertigen würde. Ich lebe als dieser Organismus in Einheit mit allem, in jedem Atemzug, keine Macht dieser Ideologischen Systeme kann mich mehr berühren wenn ich es nicht selbst erlaube. Und in dieser Erlaubnis gestatte ich als Mitschöpfer dieser Systeme aus Eigennutz auch alle Konsequenzen, bis in den letzten Winkel dieser Welt und des Universums. Ich beende dieses Martyrium menschlicher Überheblichkeit und beginne mit der Selbstbefreiung in Selbstehrlichkeit in diesem und jedem folgenden Atemzug meiner Existenz.

Bastian

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