Ich habe nie wirklich etwas anfangen
können mit dem Begriff der Liebe. Klar habe ich all die
Beschreibungen der Liebe, die Bedingungen, die Konsequenzen und die
Verhaltensweisen die dem Begriff der Liebe kulturell zugeordnet sind
durch Erziehung, durch Literatur und durch Filme gekannt, sie aber
nie wirklich als die Konstrukte erkannt die sie dort sind und zu
denen sie gedanklich gemacht werden. Und all jene die an diese Form
der romantischen, nahezu mystischen Liebe glauben werden wie in einer
Religion oder einem anderen Glaubenskonzept einfach jedem anderen der
nicht Anhänger ihrer Glaubensrichtung ist, der zweifelt und
hinterfragt nachsagen, er sei zu dieser hoch heiligen Empfindung
einfach nicht fähig und daher entweder minderwertig oder einfach
nicht willens genug.
Eben die Mystifizierung der Liebe ist
es aber,die sie flach, hohl und substanzlos werden lässt. Menschen
schwelgen in ganz persönlichen Emotionen und Gefühlen, machen sich
gedankliche Bilder von der anderen Person und sehen sie dann als
Erfüllung ihres eigenen Lebens, meinen dabei aber die Befriedigung
ihrer emotionalen Mangelerscheinungen oder des gestörten
Selbstbewusstseins. Jedes Gefühl, jedes emotionale Verlangen wird
unter den begriff der Liebe gefasst, selbst die Eifersucht und der
aus ihr resultierende Frust, der Zorn oder die Aggression werden zu
einem Teil dieser ach so großen und großartigen Liebe
zusammengefasst. Es gehört dazu und dabei ist alles nur ein immer
komplexer werdendes Konstrukt mentaler Verstörtheiten, wahrgenommen
als Emotionen, nicht analysiert, nicht hinterfragt, nicht korrigiert
sondern einfach hingenommen und abgehakt als Liebe, oder gar als
Beweis für die Existenz der Liebe. Der einfache Weg ignoranter
Kategorisierung des eigenen Seins und des eigenen Gefühlslebens und
dieses Konstrukt von emotionalen Zuständen und Abhängigkeiten wird
dann auf eine Person oder meinetwegen auch auf mehrere Personen
projiziert, die dabei gedanklich in der eigenen Wahrnehmung völlig
verzerrt und entfremdet als das Objekt der Begierde, als notwendige
Essenz für die Erfüllung des eigenen Lebens benutzt werden sollen.
Dieser Prozess ist adaptiv und relativ flexibel, so dass sich die
eigenen Anpassungsbemühungen zusammen mit denen der anderen Person,
beide wohlgemerkt aus der eigennützigen Motivation heraus, den
anderen von der Unverzichtbarkeit der eigenen Person zu überzeugen,
zusammenfinden und man es schafft sich für eine Weile gegenseitig zu
manipulieren und zu blenden, auf dass sich dieser Zustand der
Nutzbarmachung des anderen lange genug aufrecht erhalten lässt.
Das Versprechen der Liebe bezogen auf
eine Person ist in unserer Welt nichts weiter als der Versuch, einen
ganz eigennützigen, selbstsüchtigen Traum zu leben, indem man zu
seiner Realisierung eine andere Person benutzt, sie manipuliert und
bindet. Gesellschaftlich umgesetzt und möglich gemacht wird das
hauptsächlich durch die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen die
den Menschen so sehr beengen und unter Zwang stellen, dass sich die
Möglichkeiten und das Potential seiner persönlichen Entfaltung
generell nur noch auf wenige Facetten beschränkt und um diese
erreichen zu können gibt es einige wenige vorgefertigte Wege und
Möglichkeiten aus denen man dann wählen kann. So hat die Hausfrau
der fünfziger Jahre beispielsweise als wäre es ganz natürlich und
das normalste auf der Welt den Lebenstraum zu haben, einen
erfolgreichen Geschäftsmann oder hart arbeitenden Mittelverdiener zu
heiraten, seinen Haushalt zu führen und seine Kinder großzuziehen,
was natürlich einen Filter für die Wahl des Geliebten ansetzt.
Umgekehrt hat natürlich auch der Mann ein Interesse seine Autorität
und seine Dominanz als männliche Attribute auszuleben, indem er als
der Ernährer der Familie seine Frau und vor allem auch seine Kinder
in existentieller Abhängigkeit hält.
In welcher Art und Weise sich die
Konstellationen der Geschlechterrollen auch innerhalb einer Kultur
verändern, das Grundproblem der diffusen Wahrnehmung emotionaler
Schwankungen als Liebe, als Bindeglied zwischen Menschen bleibt
bestehen und die Konsequenzen haben verheerende Wirkung auf sich
selbst und das Leben anderer, wenn man aus dieser naiven und
ignoranten Umgangsweise mit der eigenen Existenz, der Verweigerung
gegenüber der eigenverantwortlichen Entwicklung zu einem mündigen
Menschen sich in eine Bindung mit einem anderen Menschen begibt, ohne
zunächst damit zu beginnen sich selbst voll und ganz zu verstehen,
seine Reaktionen, Gedanken- und Wertmuster zu erkennen, zu
analysieren und gegebenenfalls zu bereinigen und zu korrigieren,
nämlich überall dort wo sie unehrlich, nicht wahrhaftig und
manipulativ selbstsüchtig ausgelegt sind. Daher ist nicht nur das
eigene Selbstverständnis, sondern in gewisser Weise auch die
Selbst-Liebe Voraussetzung für eine gesunde Partnerschaft die
beiderseits gleichermaßen zum Vorteil gereicht und als gegenseitige
Unterstützung und aufrichtige Anleitung verstanden wird. Denn diese
Form der Selbst-Liebe versteht den Begriff der Liebe als eine
Akzeptanz, als einen Punkt der menschlichen Entscheidung in
eigenverantwortlich selbstbestimmter Weise sich neu gestaltet zu
haben, sich zu verstehen und an Prinzipien auszurichten, die auf
gleichen Werten beruhen, die alle Konsequenzen mit einbeziehen und
das Beste für alle zum Ziel haben. Wenn ich diesen Punkt erreicht
habe oder mich im Prozess dieser Entwicklung befinde, ganz bewusst
und mit gesundem Menschenverstand, dann bin ich in jeder Hinsicht
vertrauenswürdig, Lern- und Veränderungsfähig und an der
Gemeinschaft interessiert, nicht primär an meinen persönlichen
Begierden, Wünschen und Vorstellungen, die alle nichts weiter als
unverstandene Programmierungen der emotionalen und gedanklichen
Geist-Maschinerie sind und waren.
Die Unzufriedenheit mit sich selbst,
das Gefühl eines Mangels, emotionaler Verlorenheit, Hilflosigkeit
und diese Verlangen dann an die emotionale und körperliche Leistung
eines anderen Menschen zu binden bedeutet eine Kapitulation vor dem
Leben und entsteht eben aus der Angst vor dem Schritt in die
eigenverantwortliche Mündigkeit als Mensch der seinem Potential
gerecht wird.
Spielt man dieses Spiel gemeinsam, die
gegenseitige emotionale Befriedigung der Erwartungshaltungen, so
führt das zwangsläufig zu Missbrauch und Manipulation.
Fortsetzung folgt!
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