Montag, 26. August 2013

Tag0143 - Keine Liebe ohne Selbst-Liebe

Nosleeper / Foter / CC BY-NC-SA


Ich habe nie wirklich etwas anfangen können mit dem Begriff der Liebe. Klar habe ich all die Beschreibungen der Liebe, die Bedingungen, die Konsequenzen und die Verhaltensweisen die dem Begriff der Liebe kulturell zugeordnet sind durch Erziehung, durch Literatur und durch Filme gekannt, sie aber nie wirklich als die Konstrukte erkannt die sie dort sind und zu denen sie gedanklich gemacht werden. Und all jene die an diese Form der romantischen, nahezu mystischen Liebe glauben werden wie in einer Religion oder einem anderen Glaubenskonzept einfach jedem anderen der nicht Anhänger ihrer Glaubensrichtung ist, der zweifelt und hinterfragt nachsagen, er sei zu dieser hoch heiligen Empfindung einfach nicht fähig und daher entweder minderwertig oder einfach nicht willens genug.
Eben die Mystifizierung der Liebe ist es aber,die sie flach, hohl und substanzlos werden lässt. Menschen schwelgen in ganz persönlichen Emotionen und Gefühlen, machen sich gedankliche Bilder von der anderen Person und sehen sie dann als Erfüllung ihres eigenen Lebens, meinen dabei aber die Befriedigung ihrer emotionalen Mangelerscheinungen oder des gestörten Selbstbewusstseins. Jedes Gefühl, jedes emotionale Verlangen wird unter den begriff der Liebe gefasst, selbst die Eifersucht und der aus ihr resultierende Frust, der Zorn oder die Aggression werden zu einem Teil dieser ach so großen und großartigen Liebe zusammengefasst. Es gehört dazu und dabei ist alles nur ein immer komplexer werdendes Konstrukt mentaler Verstörtheiten, wahrgenommen als Emotionen, nicht analysiert, nicht hinterfragt, nicht korrigiert sondern einfach hingenommen und abgehakt als Liebe, oder gar als Beweis für die Existenz der Liebe. Der einfache Weg ignoranter Kategorisierung des eigenen Seins und des eigenen Gefühlslebens und dieses Konstrukt von emotionalen Zuständen und Abhängigkeiten wird dann auf eine Person oder meinetwegen auch auf mehrere Personen projiziert, die dabei gedanklich in der eigenen Wahrnehmung völlig verzerrt und entfremdet als das Objekt der Begierde, als notwendige Essenz für die Erfüllung des eigenen Lebens benutzt werden sollen. Dieser Prozess ist adaptiv und relativ flexibel, so dass sich die eigenen Anpassungsbemühungen zusammen mit denen der anderen Person, beide wohlgemerkt aus der eigennützigen Motivation heraus, den anderen von der Unverzichtbarkeit der eigenen Person zu überzeugen, zusammenfinden und man es schafft sich für eine Weile gegenseitig zu manipulieren und zu blenden, auf dass sich dieser Zustand der Nutzbarmachung des anderen lange genug aufrecht erhalten lässt.
Das Versprechen der Liebe bezogen auf eine Person ist in unserer Welt nichts weiter als der Versuch, einen ganz eigennützigen, selbstsüchtigen Traum zu leben, indem man zu seiner Realisierung eine andere Person benutzt, sie manipuliert und bindet. Gesellschaftlich umgesetzt und möglich gemacht wird das hauptsächlich durch die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen die den Menschen so sehr beengen und unter Zwang stellen, dass sich die Möglichkeiten und das Potential seiner persönlichen Entfaltung generell nur noch auf wenige Facetten beschränkt und um diese erreichen zu können gibt es einige wenige vorgefertigte Wege und Möglichkeiten aus denen man dann wählen kann. So hat die Hausfrau der fünfziger Jahre beispielsweise als wäre es ganz natürlich und das normalste auf der Welt den Lebenstraum zu haben, einen erfolgreichen Geschäftsmann oder hart arbeitenden Mittelverdiener zu heiraten, seinen Haushalt zu führen und seine Kinder großzuziehen, was natürlich einen Filter für die Wahl des Geliebten ansetzt. Umgekehrt hat natürlich auch der Mann ein Interesse seine Autorität und seine Dominanz als männliche Attribute auszuleben, indem er als der Ernährer der Familie seine Frau und vor allem auch seine Kinder in existentieller Abhängigkeit hält.
In welcher Art und Weise sich die Konstellationen der Geschlechterrollen auch innerhalb einer Kultur verändern, das Grundproblem der diffusen Wahrnehmung emotionaler Schwankungen als Liebe, als Bindeglied zwischen Menschen bleibt bestehen und die Konsequenzen haben verheerende Wirkung auf sich selbst und das Leben anderer, wenn man aus dieser naiven und ignoranten Umgangsweise mit der eigenen Existenz, der Verweigerung gegenüber der eigenverantwortlichen Entwicklung zu einem mündigen Menschen sich in eine Bindung mit einem anderen Menschen begibt, ohne zunächst damit zu beginnen sich selbst voll und ganz zu verstehen, seine Reaktionen, Gedanken- und Wertmuster zu erkennen, zu analysieren und gegebenenfalls zu bereinigen und zu korrigieren, nämlich überall dort wo sie unehrlich, nicht wahrhaftig und manipulativ selbstsüchtig ausgelegt sind. Daher ist nicht nur das eigene Selbstverständnis, sondern in gewisser Weise auch die Selbst-Liebe Voraussetzung für eine gesunde Partnerschaft die beiderseits gleichermaßen zum Vorteil gereicht und als gegenseitige Unterstützung und aufrichtige Anleitung verstanden wird. Denn diese Form der Selbst-Liebe versteht den Begriff der Liebe als eine Akzeptanz, als einen Punkt der menschlichen Entscheidung in eigenverantwortlich selbstbestimmter Weise sich neu gestaltet zu haben, sich zu verstehen und an Prinzipien auszurichten, die auf gleichen Werten beruhen, die alle Konsequenzen mit einbeziehen und das Beste für alle zum Ziel haben. Wenn ich diesen Punkt erreicht habe oder mich im Prozess dieser Entwicklung befinde, ganz bewusst und mit gesundem Menschenverstand, dann bin ich in jeder Hinsicht vertrauenswürdig, Lern- und Veränderungsfähig und an der Gemeinschaft interessiert, nicht primär an meinen persönlichen Begierden, Wünschen und Vorstellungen, die alle nichts weiter als unverstandene Programmierungen der emotionalen und gedanklichen Geist-Maschinerie sind und waren.
Die Unzufriedenheit mit sich selbst, das Gefühl eines Mangels, emotionaler Verlorenheit, Hilflosigkeit und diese Verlangen dann an die emotionale und körperliche Leistung eines anderen Menschen zu binden bedeutet eine Kapitulation vor dem Leben und entsteht eben aus der Angst vor dem Schritt in die eigenverantwortliche Mündigkeit als Mensch der seinem Potential gerecht wird.

Spielt man dieses Spiel gemeinsam, die gegenseitige emotionale Befriedigung der Erwartungshaltungen, so führt das zwangsläufig zu Missbrauch und Manipulation.

Fortsetzung folgt!


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