Wenn ich an den Tag zurückdenke an dem
mein Sohn geboren wurde, - oder eigentlich brauche ich gar nicht
daran zurückdenken, weil sich im Grunde nichts and dieser Erfahrung
geändert hat, weil ich sie jeden Moment wieder mache, dennoch, als
ich ihn zum ersten mal in den Armen hielt und mir dieser Moment
einfach so aus den gedanklichen Händen glitt, ich nur noch hier war,
auf dieses Wesen schauend, als ich gespürt habe wie diese 'Liebe'
für das Leben, in diesem speziellen Moment auf dieses Leben in
meinen Händen gerichtet war, da war ich mir einhundert prozent
sicher, dass alles wofür ich einstehe, alles was ich bin nur diese
eine Bestimmung haben kann meine Verantwortung für das Leben in
jedem Moment gegenwärtig zu haben und zu leben, sie umzusetzen mit
aller Anstrengung und allem Einsatz der notwendig ist um diesen
Moment des Eintritts in das menschliche Dasein für jedes Kind dieser
Menschheit zu einem so sicheren und geborgenen Moment werden zu
lassen. Ich war natürlich ganz bei meinem Sohn, ich war überwältigt
von diesem ganzen Vorgang, der Realität dieses lebendigen Moments,
doch das was mir klar wurde, ohne dass ich es mir in Gedanken
vorbeten musste oder zu einem Konzept werden ließ, war universal.
Das Empfinden und Erleben dieses Augenblicks galt für mich für alle
Menschen, für alles Leben gleichermaßen aber vor allen Dingen eben
für alle Kinder, für alle Neugeborenen dieser Erde. Der Mensch
kommt aus dieser Erde in diese Form der Existenz als ein hilfloses,
schutzbedürftiges Wesen, vollkommen auf die Vertrauenswürdigkeit
seines Umfeldes und vor allem seiner Eltern angewiesen. Das Leben
selbst, eine reine, pure Reprasentation des Lebens, des reinen
physischen Lebens, ganz körperlich, ganz real, in diesem Moment, es
vertraut sich selbst in der Form seiner Eltern.
Man würde das Gefühl das man in
diesem Moment hat wahrscheinlich als 'Liebe' bezeichnen, ich vermeide
diesen Begriff allerdings, weil er schon so sehr von unendlichen
Gedanken- und Wertkonzepten, von kulturellen und persönlichen
Prägungen verunreinigt und missbraucht worden ist, dass ein
'Verständnis' dessen was eigentlich gemeint ist im Grunde kaum noch
vermittelbar ist durch seine Benutzung. Es ist vielmehr eine freudige
Umarmung und Akzeptanz der Eigenverantwortung als und für das Leben
an sich. Das eigene Kind ist einem nahe, es ist interessanter von
einem persönlichen Standpunkt aus gesehen, es ist die ganz eigene
Verantwortlichkeit die in ihm liegt, also im übersetzten Sinn die
ganz eigene Liebe, etwas Besonderes als die eigenverantwortliche
Aufgabe die es ist, aber es ist kein 'besonderes Leben', denn das
kann es nicht geben. Es ist so besonders und nicht besonders wie
alles Leben, wie alle neugeborenen schutz- und versorgungsbedürftigen
Kinder. Und das ist und war mir durch einen langen Prozess der
Selbsterkenntnis und eigenverantwortlichen Selbstarbeit, der
Selbstbefreiung von der Verblendung durch die systemischen
Programmierungen des verherrlichten und selbstzerstörerischen
Selbstinteresses auch schon vor der Geburt meines Sohnes bewußt,
doch nach dieser Erfahrung war es mir in Fleisch und Blut
übergegangen. Die Kinder dieser Erde sind nicht 'unsere Zukunft',
dieser Satz ist voll von Überheblichkeit und Egoismus. Sie sind
unsere Verantwortlichkeit und es ist ihre erlebbare Zukunft um
die es geht. Aber wir alle sind gleichermaßen das Leben, das werden
wir nicht ablegen. Unsere Prägungen, unsere konditionierten
Persönlichkeiten, auch die Gesellschaftssysteme die wir aufgrund
dieser Prägungen und Programmierungen kreieren, die Systeme die wir
erlauben und unter deren Herrschaft wir unsere Kinder zwingen und
nach deren Werten wir sie weiter prägen, konditionieren und
programmieren liegen eindeutig in unserer Verantwortlichkeit. Die
Frage die wir uns also stellen müssten ist die, ob wir überhaupt
vertrauenswürdig genug sind um als Einzelne und auch als
Gesellschaft die Verantwortung für das Anleiten, Ausbilden und
Vorbereiten eines schutzbedürftigen, auf Hilfe angewiesenen,
vertrauensvollen und beeinflussbaren Kindes auf und für ein Leben in
dieser Gesellschaft, in diesem System und unter diesen Umständen der
menschlichen Existenz, in Würde zu tragen. Können wir uns selbst
gegenüber tatsächlich dafür gerade stehen? Können wir unsere
Kinder in dieser Welt in voller Zuversicht und Vertrauen auf das
Verantwortungsbewußtsein der 'Gemeinschaft' zurücklassen, oder
haben wir unser ganzes Leben nur damit zugebracht die Zustände zu
akzeptieren und uns einen persönlichen Vorteil zu ergattern, auch
und vor allem auf Kosten anderer? Waren wir damit zufrieden, weil wir
uns ausreichend betäuben konnten durch unsere privilegierte Stellung
in diesem System, weil wir uns ablenken konnten mit den Geist
überflutender Unterhaltung, mit Entertainment, weil wir unserem
inneren, in die Gedanken geflüchteten Leben genug Kopfkino zur
Verfügung stellen konnten um das Elend, das Leid und die
lebensverachtenden Konsequenzen unserer akzeptierten und durch unser
aller Erlaubnis ermöglichten Systeme des Raubbaus und der
Versklavung des Lebens im Namen des geheiligten Profits einiger
weniger zu verdrängen, in dem Glauben, dass dieses Streben nach
ebensolchen Positionen des Missbrauchs, der Macht und Täterschaft
der einziger Antrieb menschlicher Entwicklung und menschlichen Lebens
überhaupt wirkt?
Jetzt, da man selbst ein Kind - oder
mehrere - in diese Welt gesetzt hat, gehört es in einem wachen
Moment lebendigen Selbst-Bewußtseins eben zu genau diesen 'anderen',
die auch bisher die Konsequenzen des selbstsüchtigen Lebens zu
(er)tragen hatten. Plötzlich kann dieses Kind, das man angeblich so
sehr liebt und schätzt zu eben diesem Opfer werden und nun wird es
auch schwer, die eigene Ignoranz noch aufrecht zu erhalten. Der
einzige Ausweg ist der zu versuchen, es so gut wie möglich an die
Systematik anzupassen, es zu einem Elite-Soldaten zu machen, es zu
einem 'Täter' der ersten Güte werden zu lassen. Alles, indem man
ihm Lügen über Lügen unterbreitet, sein Bewußtsein mit
scheinheiligen Rechtfertigungen füttert, es von den Bildern der
Wirklichkeit fernhält und seinen Geist stattdessen mit Märchenwelten
füttert und ihm den subtilen Glauben vermittelt, diese würden
unsere Realität widerspiegeln. Es ist eine Verschwörung aus Angst,
aus der Angst sich die Lüge des eigenen Lebens einzugestehen und
jetzt handelt man Kopflos und verzweifelt, versucht seine eigene
'Brut' noch irgendwie durchzubringen. Das ist der einzige Antrieb und
die einzige Motivation die man in allen Ausbildungsmethoden und
Erziehungskonzepten der Menschen überall beobachten kann.
Perfektionierte Anpassung um jeden Preis, und dazu ist jeder Betrug
und jede Lüge recht.
Ich vergebe mir selbst, dass ich es
erlaubt und zugelassen habe, mein Leben und meine Persönlichkeit an
die gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen ohne nennenswerten
Widerstand anpassen zu lassen und mich mit meiner programmierten Idee
von mir selbst und meinem Leben als einem vom Rest getrennten
Individuum auf der selbstsüchtigen Suche nach persönlicher
Erfüllung um jeden Preis zu identifizieren.
Fortsetzung folgt...
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