Mittwoch, 3. April 2013

Tag0052 - Die Kreativität der Angst [Teil 1] „Nicht so viel Denken!“





Was ist der Ursprung der Angst? Ich meine nicht die Angst der unmittelbaren Bedrohung, die lebendige, auf reale Situationen reagierende, körperlich bedingte Todes-Angst, die ist ein anderes Thema, sondern die Angst der gedanklichen Konstruktion von Szenarien, die Befürchtungen und Zukunftsprojektionen die dich in Angst versetzen.

Die Angst vor Vorstellungen und Erwartungen kann doch nur dann relevant, von Bedeutung oder überhaupt erst möglich sein, wenn man seine eigenen Gedanken als prophetisch wahrnimmt und sich selbst als Opfer der Umstände betrachtet, also glaubt man sei der Zukunft hilflos ausgeliefert und nicht an ihrer Gestaltung beteiligt. Dieser Geisteshaltung sind wir in unserer Welt fast alle verfallen, wir nehmen uns als Opfer wahr, denken wir seien unschuldige Individuen, dazu verdammt in dieser mehr oder weniger feindseligen Gesellschaft zu leben, wir müssen und dazu zwingen uns anzupassen und an die Regeln zu halten, weil wir so unseren Vorteil erringen können, nur so unsere persönlichen Bedürfnisse befriedigt bekommen. Doch unsere Bedürfnisse sind Teil dieser Gesellschaft, sind von ihr geformt und geprägt, unsere Vorstellungen von Werten, Idealen und von uns selbst sind durch die Systeme geprägt in denen wir aufgewachsen sind und daher sind sowohl unsere Vorstellungen als auch wir selbst eins mit dem System, wir sind diese Welt, wir sind die „Umstände“ denen wir uns ausgeliefert sehen und so ist letztlich auch die Angst vor den möglichen Geschehnissen die Angst vor den Konsequenzen unserer selbst als diese fremdbestimmten, programmierten Kulturroboter.

In dieser Vertiefung in Befürchtungen, Sorgen und Ängsten, auch wenn sie unangenehm erscheinen, fühlen wir uns aus Gewohnheit im Grunde wohl, es ist ein energetisches Erleben das die Selbstidentifikation als Opfer der Systeme, als Idealbild eines unschuldigen, isolierten Wesens verstärkt und wie auch das Vergleichen, die Kategorisierung, das Annehmen von Rollenverhalten und das Verlangen nach materiellen Symbolen des eigenen Existenzwertes der Rückversicherung und Bestätigung des eigenen Seins dient. Deshalb fällt es uns ebenso schwer uns von diesen Denkmustern zu befreien wie von der Selbstverblendung des ‚positiven Denkens‘.

Weder die eine noch die andere „Richtung“ der gedanklichen Selbsthypnose hat natürlich einen rationalen, praktischen, Problemlösenden Sinn. Wir wissen das. Was aber veranlasst uns dennoch so hartnäckig an diesem Verhalten festzuhalten? Warum verschwenden wir Zeit und Energie darauf uns in Fantasien zu ergehen die nichts zur Lösung unseres Problems, zur Beseitigung der Angst beitragen?

Wenn man sich beobachtet in der Rolle des verängstigten, von Befürchtungen geplagten Menschen, dann erkennt man einen unwiderstehlichen Drang nach Austausch mit anderen, man möchte seine Sorgen mit jemandem teilen, man möchte sich darüber auslassen, sie ‚besprechen‘ als ob man sie dadurch wahrscheinlicher und wirklicher machen wollte. Der Sinn dieses Austausch ist aber in aller Regel eine Bestätigung und damit eine Verstärkung der eigenen Ängste zu erhalten und dadurch seine Selbstwahrnehmung als Opfer in selbstmitleidiger Manier noch intensiver auszukosten, oder aber der Versuch die Angst von jemandem schlichten oder sich nehmen zu lassen, indem man eine „Absolution“ erhält, indem man sich von der Meinung oder Einschätzung eines anderen abhängig macht.

Nichts von alledem ist real, weder die Absolution, noch der Einfluss des Gesprächspartners in bestätigender Weise. Es ist allein die Vorstellung in Gedanken die dieses Schauspiel inszeniert und die Regie führt. Es ist ein ganz eigenes, persönliches Spiel mit den Energien des Bewußtseins, mit der inneren Erlebniswelt im Namen des Bedürfnisses einer imaginären Identität als Ego, als isoliertes Wesen in einer feindlichen Welt, das aufgrund seiner Unschuld einen Anspruch auf Rettung hat. Eine Fantasie, ein Märchen auf das wir getrimmt werden, das uns einprogrammiert ist damit wir uns nicht selbst finden, damit wir nicht eigenständig denken, handeln und entscheiden, damit wir nicht erkennen, dass wir selbst das Leben und verantwortlich für all die künstlichen Systeme die wir schaffen sind.  

Befürchtungen und Ängste repräsentieren egoistische und selbstsüchtige Motive, isolierte Motive die eine künstliche Trennung zwischen der inneren illusionären Existenz und der Wirklichkeit des Lebens und des Selbst als Einheit mit dem wirklichen Leben herstellen und darin die rücksichtslose Selbstsucht und den Egoismus rechtfertigen und legitimieren sollen. Verantwortungsvoller und selbstbestimmter Umgang mit Problemen, mit wahrhaftigen Schwierigkeiten lebt im Handeln und nicht im prophetischen Denken, sondern im lebendigen Moment des Geschehens. Die Planung erfolgt im Verlauf des Geschehens, in weitsichtigem  Umgang mit dem Leben und den Konsequenzen eventueller Entscheidungen. Angst hat man nur um sich selbst, um den eigenen Status und diese ist begründet in einem eingebildeten Glauben an einen Anspruch auf persönlichen Schutz vor den eigenen Konsequenzen, den Konsequenzen unseres Lebens und unserer Anpassung.

Erst die Akzeptanz der universalen Verantwortung für und als das Leben transformiert die Angst zu Handlungsmotivation, zu lebendigem Drang, zu Aktivität in der Eigenarbeit und in der externen Organisation, Planung und Unternehmung der notwendigen Schritte zur Lösung des „Problems“, zur Bewältigung der Situation im Sinne aller, aller Beteiligten und allem Leben.
Fortsetzung folgt…

Bastian Neumann / Ramstein / Deutschland / 03.04.2013






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