Freitag, 12. April 2013

Tag0061 – Der Tod und das Ende der Vorstellung [Teil2]



Fortsetzung zu Tag0056

Die Auseinandersetzung mit dem Tod, mit der eigenen Sterblichkeit bringt überhaupt gar nichts, so lange sie von der verklärten Selbstwahrnehmung als zeitloses, endloses und von allem isoliertes Geisteswesen ausgeht. Diese Vorstellung von unserem Selbst als die reine Wahrnehmung durch das Bewusstsein, als die Wahrnehmung der Gefühle und Gedanken, als die Erinnerung und das Wissen, als die gesammelte Information geht immer unterschwellig von der Unabhängigkeit von den körperlichen, physischen Gesetzmäßigkeiten des Körpers aus. Wir haben diesen Glauben an das Überdauern dieser Existenz als menschlicher Orgaismus so tief in all unseren Überlegungen vergraben, dass wir die Zeit die wir in dieser Form existieren gar nicht als begrenzt wahrnehmen. Wir richten all unser Denken und Handeln auf die Befriedigung und die Vergrößerung unseres Bewußtseinssystems aus. Mehr Erfahrungen, mehr Wissen, mehr Erlebnisse, mehr Emotionen und Gefühle, mehr Erinnerungen, mehr Persönlichkeit usw., usw. Dabei versuchen wir ein Bild von uns zu schaffen, eine Persönlichkeit mit Fähigkeiten und Eigenschaften die einem Ideal entsprechen das an eben diesem Glauben ausgerichtet ist, dass dieses Bildnis der Vorstellung das eigentlich wertvolle und wichtige an unserer Existenz als Mensch sei. So lange wir uns von diesem Standpunkt aus mit der Sterblichkeit auseinandersetzen wird unsere Wahrnehmung nur immer verklärter, verwirrter und unsere Selbstbestimmung als eigenverantwortliche, eigenständige und verlässliche Menschen immer unwahrscheinlicher. In dieser Denkweise an eine vollkommen unhaltbare, um nicht zu sagen abwägige Vorstellung bestätigen wir unsere aus Unsicherheit entstandenen Ängste. Wir geben ihnen die Möglichkeit hinter schönen, schmeichelhaften Vorstellungen versteckt weiter zu wachsen und uns zu zermürben. Wir machen uns anfällig, angreifbar, manipulierbar und viele haben bereits meisterhaft gelernt diese verborgenen Ängste zu benutzen um Menschen zu beeinflussen. Tatsächlich funktionieren die bestimmenden Faktoren all unserer Wirtschaftssysteme, unserer gesellschaftlichen und politischen Strukturen genau nach den Prinzipien der Angst-Manipulation. Die Selbstschutzmechanismen des Bewusstseins des Menschen als EGO sind so sicher, um nicht zu sagen heimtückisch, dass selbst die direkte Konfrontation mit der körperlichen Sterblichkeit, die direkte Erfahrung der Endlichkeit des Menschenwesens und damit auch seines Bewußtseins (viel eher noch kann hier von einem Ende gesprochen werden als bei derm körperlichen Zerfall, der alles andere als das Ende von Leben ist wie man weiß) nicht unbedingt zum Erwachen aus der illusionären Verklärung führt, sondern sie im Gegenteil noch verstärken oder überhaupt erst ans Laufen bringen kann, wenn beispielsweise Menschen nach einer schweren Krankheit oder dem Verlust eines nahestehenden, emotional verbundenen Menschen plötzlich religiöse Ansichten und Vorstellungen erlauben und entwickeln, um sich wieder vor der nun ins unerträgliche gesteigerten, beinahe konfrontierten Angst vor dem Tod, dem Ende der eigenen Geschichte zu verstecken.
Doch diese Konfrontation die man zu vermeiden sucht könnte so heilsam sein, sie würde dazu führen, dass man sich der illusionären Verklärung entledigt und zu einem eigenständigen, selbstbestimmten Teil des Lebens selbst werden kann, dass man seine Angst verliert und eigenverantwortlich lebt, denkt und handelt, im Sinne des Lebens selbst anstatt im Sinne einer Fantasie, einer Vorstellung die absurd, irreführend und inakzeptabel ist aufgrund der realen Konsequenzen für alles Leben, die das Resultat der verantwortungslosen, selbstsüchtigen Handlungsweisen, der auf diese Ideologie ausgerichteten Kulturen und Gesellschaftssysteme sind.

Ich atme hier und jetzt, das ist wahrhaftig, das ist Leben, da bin ich eins und gleich mit allem Leben. Ich habe Gedanken, ein Bewußtsein und Erinnerungen, die kann ich nutzen, erkennen, mich selbst verstehen lernen, ich kann gestalten und mich entscheiden. Entscheide ich mich aber für eine Lebensweise die anderen Lebensformen schadet, die ideologische Werte schafft die der reinen Vorstellung entspringen, nicht aber der Wirklichkeit entsprechen und nur durch deren missbrauch zu erlangen sind, dann arbeite und lebe ich gegen das Leben, also gegen mich selbst, gegen mein Atmen. Ich könnte genausogut hier und jetzt meinen Atem stoppen. Denn auch dann entscheide ich mich gegen das Leben, gegen das Sein meiner Form, ich habe nur die Gedanken und emotionalen Reaktionen als Rechtfertigung, nicht aber einen wahren Grund in der tatsächlichen Realität der Möglichkeiten, die sich mir als Mensch in diesem System, das wir als Menschen haben entstehen lassen bieten und die ich nutzen kann und muss wenn ich mich eigenverantwortlich als das Leben mir selbst gegenüber verhalten will um die Fehler und Irrtümer zu korrigieren die mich in die Situation der verängstigten Selbstaufgabe gezwungen haben, um mich eigenständig selbst zu verändern, neu auszurichten am Leben und ein lebendiges Beispiel zu sein für die Möglichkeit und die Freiheit des Menschen sich für das Leben zu entscheiden und in der Übernahme der Eigenverantwortung in dieser Existenz allem Leben Würde und Freiheit wieder zu geben.

Bastian Neumann / Ramstein / Deutschland / 12.04.2013



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