Sonntag, 17. Februar 2013

Tag0007 - Der Mensch als Sklave seiner Bedürfnisse

Diliff / Food Photos / CC BY-SA

Wir leben in einer Überflußgesellschaft. Wir konsumieren weit über unsere notwendigen Bedürfnisse, die Grundbedürfnisse des menschlichen Organismus und und auch über die Bedürfnisse unserer geistigen Systeme und deren Entwicklung hinaus. Unser Konsumverhalten gleicht vielmehr einem Suchtverhalten, denn es ist in hohem Maße irrational geprägt. Die Motivation zu konsumieren, ein bestimmtes, unnötiges Produkt kaufen zu wollen, wird durch die mentale Erzeugung eines künstlichen Bedürfnisses erst in Gang gebracht. Im Laufe oder im Zuge dieser Entwicklung sind wir zu völlig passiven und verängstigten Menschen geworden, die nur noch gierig darauf warten, was ihnen die Produktionsseite der Konsumgesellschaft an neuen oder neu gestalteten Waren als nächstes anbieten wird. Das ist die ganze 'Erfüllung' eines völlig mental gelagerten Lebens geworden. Wir gehen scheinbar über unsere Körperlichkeit hinweg, wir sehen unsere körperliche Seite höchstens ebenfalls als ein Produkt, eine Ware, etwas das wie ein Gegenstand entsprechend bestimmter, mental erzeugter Idealvorstellungen geformt und angepasst werden kann um es dann 'mit sich herumzutragen' und vorzuzeigen. Diese Art des Umgangs mit unserer Körperlichkeit kann so etwas wie ein 'gesundes Maß erreichen, und somit sogar dem Lebendigen, dem Organismus zuträglich sein. Doch ist eben auch diese Sicht auf die Körperlichkeit ganz und gar von den Denkstrulturen eines passiven Lebens, einer programmierbaren Maschine durchzogen, die sich in ihrem Konsum-Sucht-Verhalten eben nicht kontrolliert, sich und das Leben eben nicht rational bewertet und beeinflußt, und eben auch nicht für sich selbst gerade steht und mit sich selbst in einer klaren Beziehung steht - was man gerade in dem Sport- und Wellness bereich sehen kann, bei dem es eben genau um die Hauptmerkmale dieser konsumgerichteten Gesellschaft geht nämlich einem Image, einem Bild zu entsprechen das im Grunde eine Fantasie und damit ein rein mentales Konstrukt ist, und auch darum den Wettkampfgedanken zu fördern immer und um jeden Preis der Beste zu sein, der Sieger zu sein, und wohin das in weiten Teilen führt kann man ja an den ordinären Erscheinungen der Schönheitsoperationen und den Extremen der körperlichen Anpassung beispielsweise in der Bodybuilder Szene deutlich sehen - sondern von der Sucht nach geistigen, mentalen Energiereizen geleitet wird, die wiederum hervorgerufen werden durch die Bestätigung ihrer Bewußtseinsprogrammierung entlang den allgemein akzeptierten Werten und Prinzipien der Gesellschaft, wie zum Beispiel durch die Emotional-Gedanklichen Systeme der Bewunderung, der Anerkennung, der Belohnung, des Neids, der Missgunst, der Machtgier und des Hasses. Das sind sozusagen die Ersatzbefriedigungen des Geistes geworden, deren Ursache, Verstärkung und Erlösung von dem eigenen System der eigenen Gesellschaft kreiert wurden. Der Mensch hat dadurch seine Selbstbestimmung so grundlegend und bedingungslos aufgegeben, dass es für ihn möglich wird jedes noch so absurde, gegen den gesunden Menschenverstand und alle Prinzipien des Lebens gerichtete kultursystem als allgemeingültig, überlegen und sogar 'göttlich' oder wenigstens übernatürlich zu akzeptieren und auch zu verteidigen, und zwar mit aller Gewalt. Wir haben eine scheinbar unüberwindbare Angst kultiviert aus dem Rahmen zu fallen und dadurch die Leitung unserer Identifikation als Konsumenten zu verlieren, plötzlich nicht mehr all diese Bedürfnisse über deren Herkunft und deren Auswüchse wir überhaupt keine Eigenkontrolle mehr zu besitzen scheinen, befriedigt zu bekommen. Wir sind in dieser Situation tatsächlich, wie Erich Fromm es in einem seiner Vorträge erwähnt, 'ewige Säuglinge', die es nicht schaffen, sich von der Mutter zu lösen, von der Brust die uns füttert. Nur sind wir selbst diejenigen die diese Loslösung unterbinden, wir selbst haben uns abhängig gemacht und es ist erforderlich für diesen Schritt in die Eigenständigkeit und Mündigkeit zu erkennen und zu akzeptieren, dass niemand sonst außer uns selbst verantwortlich ist für diesen Zustand der Hilflosigkeit in den wir uns gebracht haben. Denn der ist entgegen aller Behauptungen eben nicht unüberwindbar, er ist nicht Teil der Notwendigkeit menschlichen Lebens und Zusammenlebens, sondern diese Rechtfertigungen für das Festhalten an diesem System sind alle ausnahmslos aus der Angst konstruiert, die wir vor diesem scheinbar drohenden Identitätsverlust in unsere Persönlichkeitsstruktur integriert haben. Die scheinbare Freiheit die uns die kapitalistische Konsumkultur bietet oder bieten soll ist eine reine Illusion, sie ist ein billiger Ersatz für das Potential, das dem Menschen tatsächlich zur Verfügung stünde, wenn er nur den Mut aufbringen würde, die wahren Gegebenheiten direkt zu konfrontieren und ihre inakzeptablen Konsequenzen als seine Verantwortlichkeit anzuerkennen. Und ist das nicht ein Hauptmerkmal der Freiheit, der Mündigkeit und von Verantwortlichkeit überhaupt, dass man sich nichts mehr vormacht, sondern dass man die Probleme die sich einem stellen angeht, sie mit Verstand und Vernunft bewältigt und aus ihnen lernt? Doch wir laufen vor ihnen davon und betäuben uns mit Überflüssigkeiten, die uns zu großen Teilen krank machen, die uns abhängig machen und erblinden lassen für das Leben selbst. Unser eigenes und vor allem auch das aller anderen, die keine anderen sind, sondern die das sind, was wir sind, gleichwertig und eins als das Leben. Wir nehmen den Mißbrauch unserer Fähigkeiten in Kauf um die Programmabläufe die unsere Persönlichkeit konstituieren aufrecht zu erhalten, weil wir es so gewohnt sind, weil es bequemer ist. Doch verkennen dabei, dass die Konsequenzen uns selbst treffen, auch wenn wir die räumliche Distanz zwischen uns und denen die sie hier und jetzt direkt am eigenen Leib erfahren und erdulden müssen als eine Mauer wahrnehmen, als einen Schutzwall. Doch dieser Schutzwall ist ebenso eine Illusion wie die Unversehrtheit unseres Selbst von den Konsequenzen unserer Ignoranz und Abhängigkeit von unseren eigens kreierten Systemen. Wir mögen noch geschützt sein vor den direkten körperlichen Auswirkungen, den tödlichen Konsequenzen der Armut und des Hungers als Folgen useres Überflusses - doch sind wir Hilflos, unfrei und auch schuldig geworden und das wissen wir, das zermürbt uns und bringt uns dazu, in dieser infantilen Verhaltensweise nach oben zu blicken, dorthin wo diejenigen stehen denen wir die Macht gegeben haben unser Leben zu bestimmen, um auf ihre 'Lösung' für uns zu warten, auf die Erlösung durch unbändigen Konsum. Doch ist auch dieses 'Oben' nichts weiter als eine Illusion, denn dort sitzen dieselben Menschen mit denselben Denkstrukturen und künstlichen Bedürfnissen wie wir es sind. Aber auch die Vorstellung wir wären noch geschützt vor den körperlichen, den physischen Konsequenzen, den lebens- und gesundheitsbedrohlichen Folgen unserer Ignoranz muss doch in Frage gestellt werden angesichts der gesundheitlichen Probleme unserer Überflussgesellschaft und der immer verheerender werdenden Qualitätsmängel beispielsweise in den Nahrungsmitteln die wir zu uns nehmen, die wir konsumieren und für deren Herstellung Unternehmen verantwortlich sind, deren Prinzipien dieselben sind wie die alles bestimmenden Prinzipien unserer Konsumkultur, nämlich die der Gier, die des persönlichen Profits und des Gewinns um jeden Preis. Es ist also nur eine logische Konsequenz, dass wir 'Gamelfleischskandale' und ähnliches haben, und jeder Versuch der Kontrolle und Regulierung muß fehlschlagen, da das Prinzip der Kontrolle zum Wohle des Verbrauchers, des Menschen, des Lebens, gegen die bestimmenden Prinzipien des Systems steht, das wir kreieren und von dem wir ein Teil geworden sind. Keine Freiheit, keine wahrhaftige, unabhängige Zufriedenheit, keine persönlichkeitsentfaltung im selbstbestimmten Sinn existiert und ist möglich in unserer Gesellschaft. Nur die Illusion davon, eine Vorstellung davon existiert in den Köpfen der Menschen und das 'Gefühl', das 'Empfinden' dieser Zufriedenheit beispielsweise wird ersetzt durch ein kurzzeitiges, energetisch empfundenes Erleben, das in einem Moment des Konsums als Ladung des Verlangens aufgebaut wurde entladen und als befreiend empfunden wird, das aber nur ein 'Fake' ist, ein emotionales Erleben das künstlich verknüpft wird mit einer grundlegenden Sehnsucht des Menschen, der sich selbst entfremdet hat. Daher ist auch ein immerwährendes Wachstum für dieses Wirtschaftssystem notwendig, und wird auch als notwendig akzeptiert, obwohl es gegen jede Vernunft geht und offensichtlich vollkommen irrational, unrealistisch und zerstörerisch ist und niemals nachhaltige Entwicklung beschreiben kann. Das Wachstum bedingt die Süchtig-Machung der Menschen, denn diese Sucht bringt es wie jede Sucht immer mit sich, dass das körperlich-Emotionale Empfinden von mal zu mal 'mehr' input braucht, um den gleichen Effekt zu erlangen, der als energetischer Erlebnismoment das Gefühl der Befriedigung vermittelt hat.
Der Vergleich, die Analogie mit dem ewigen Säugling ist also wenn man es genau nimmt nicht haltbar, denn das sich zeigende menschliche Verhalten ist viel unvernünftiger als das eines Säuglings, der seine natürlichen, körperlichen Bedürfnisse befriedigt und eben aufhört, wenn er voll ist. Dass sein Konsum an Nahrung wächst ist hier eine physisch real bedingte Konsequenz des Wachstums seines Körpers, welches ebenfalls in 'gesunden' Grenzen stattfindet und keine Grenzenlosigkeit als lebenserhaltendes Prinzip voraussetzt.
Ich vergebe mir selbst, dass ich es erlaubt und zugelassen habe, ein System mitzugestalten, seine Prinzipien in mir selbst zu tragen und zu kultivieren, das in seiner Konsequenz mir meine Freiheit, meine Selbstbestimmung und meine Fähigkeit zur Selbstfindung nimmt, mir beschränkte Möglichkeiten der Wahl meiner Lebenswege zur Wahl stellt und mir darin Freiheit vortäuscht, ohne mir klarzumachen, dass einzig meine Angst vor dem Verlust dieser Gewohnheit mich von der Selbstbefreiung abgehalten hat und dass diese Angst verantwortlich ist für meine selbstgewählte Ignoranz und Mittäterschaft.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es nicht erlaubt und zugelassen habe, mich in Akzeptanz und Übernahme meiner Verantwortlichkeit für das Leben und die Konsequenzen meiner Handlungsweisen in Form meiner Mitkosntituierung eines Gesellschafts- und Geldsystems das das Leben überall auf der Welt missachtet und ausbeutet für das Leben einzusetzen und der einzig sinnstiftenden Bestimmung des Lebens zu folgen, nämlich der, für alles Leben einzustehen und die Befreiung nicht nur im Selbst, sondern in der Form der Befreiung allen Lebens zu suchen und zu finden, sie unter Aufbringung des menschliche Potentials des Bewußtseins und des Verstandes zu planen, die notwendigen Schritte zu ergründen und zu implementieren, und zwar zunächst im Selbst als unumstößliches, lebendes Beispiel der Möglichkeit.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir erlaubt und es zugelassen habe statt meiner Einsicht in die Notwendigkeit der Akzeptanz der Eigenverantwortlichkeit, auch und vor allem angesichts der Zustände in die wir als Menschen die Welt und das Leben überall auf der Welt gebracht haben, anstatt diese zu übernehmen und in mir selbst, an mir selbst alle Spuren der Ursachen für die Selbstaufgabe die diese Systeme erst möglich machte zu finden und zu dekonstruieren um mcih am Leben in Verantwortungsbewußtsein und bedingungsloser Selbsterhlichkeit neu auszurichten, ein Selbstbild des Opfers, der Hilf- und Hoffnungslosigkeit vorgeschoben und als Selbstrechtfertigung benutzt habe und in der Untätigkeit und Erfolglosigkeit so vieler Versuche 'anderer' meine starre Haltung gerechtfertigt zu sehen, um mich weiter mit dem Futter zu betäuben, dass wir uns selbst als dieses Konsumsystem zu Ablenkungs- und Unterhaltungszwecken konstruiert haben.

Ich bestimme mich selbst als das Leben, gemeinsam mit allem Leben dafür zu stehen, dass ich als Mensch die Strukturen des Selbstbetruges, der Selbstaufgabe und künstlichen Abhängigkeit erkennen kann, sie dekonstruieren und mich von dieser Abhängigkeit, der Selbstsüchtigen Eitelkeit eines 'Images' das diese Illusionären Überflüssigkeiten als materielle Symbole zu seiner Erhaltung 'braucht' befreien kann, ohne dabei an Identität, Selbstbewußtsein oder Wert zu verlieren. Im Gegenteil, mit jedem eigenverantwortlichen, Selbstbestimmten Schritt der Selbstanalyse in Selbstehrlichkeit komme ich der Freiheit und Selbstbestimmung als das Leben näher und der Nebel der gedanklichen Isolation und imaginären, fremdbestimmten Selbstidentifikation lichtet sich.

Bastian Neumann / Ramstein / Deutschland / 17.02.2013

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