Montag, 18. Februar 2013

Tag0008 - Selbstanalyse in der Psychotherapie 1. Teil

Photo Extremist / Art Photos / CC BY-ND


"Ich kann mir kein Verbrechen vorstellen, dessen Autor ich nicht sein könnte" - frei nach Goethe

Wir können uns erst dann wirklich frei entwickeln, wenn wir erkennen und akzeptieren, dass wir Eins sind. Die Geschichte der Psychoanalyse im Vergleich ihrer Anwendung und der tatsächlichen Erkenntnisse beispielsweise zeigt sehr deutlich die Paradoxe Grundvoraussetzung an die wir in unserer Gesellschaft gebunden sind, die diese Wissenschaft die dem Wohl, der Genesung und der Unterstützung der Menschen dienen soll zu einem Angebot macht, für das ein Mensch einen anderen bezahlt, der ebenso ein Mensch ist wie der Klient oder Patient, der in gleicher Weise sich in einem Prozess der Selbstanalyse begeben hat der ihn dazu befähigen sollte, den anderen zu verstehen in seinem Leiden um Ihm in einem Gespräch oder einer Sitzung unterstützen und helfen zu können. Der Ideale Psychotherapeut ist der, der dich verstehen kann, weil er die Vorgänge, die mentalen Programme und mechanismen, die Reaktionen und emotionalen Zerwürfnisse aus eigenem Erleben kennt. Hat er sein Wissen lediglich aus der Theoirie, dann spricht er nur darüber, versteht aber nichts und kann daher auch nicht wirklich helfen. Wir kennen es so aus der Geschichte und der Gegenwart, dass unsere Systeme derart gestaltet sind, dass es so etwas wie 'Experten' gibt, die zuständig sind für gewisse Bereiche des menschlichen Lebens, in denen der 'Normalbürger' auf ihre Hilfe und ihren Rat angewiesen ist, weil nur sie sich damit auskennen und er kann ja nicht auf allen Gebieten ein Fachmann sein. Die Idee, dass man sich in einer Gesellschaft auf diese Weise gegenseitig ergänzt ist nicht von grundauf verkehrt, doch in der Art wie wir sie innerhalb unserer wirtschaftlichen Prinzipien und Strukturen beispielsweise des Arbeitsmarktes und der Lohn/Gehaltszahlungen umgesetzt haben ist komplett dysfunktional und sogar degenerativ wenn es um die Weiterentwicklung der Fähigkeiten des Menschen und der Gesellschaft insgesamt geht. Dadurch eben, dass wir jede Leistung dieser Art, eine spezielle Ausbildung, ein spezialisiertes Können, zu einer Ware machen die man für Geld erwirbt, besteht die Gefahr, dass die Dienstleistung unkontrolliert verramscht wird, und im Übrigen hat durch die soziale gesellschaftliche Entwicklung die eine Konsequenz des kapitalistischen Wachstumsprinzips und der Profitgier ist zur Folge, dass der Mensch sich überhaupt nicht mehr umfassend selbst helfen kann,da die Zeit dafür einfach nicht da ist, wenn er den Großteil seiner Lebenszeit damit verbringt, Arbeit zu verrichten die lediglich der Grundversorgung seiner notwendigsten Bedürfnisse dient. Das heißt dass immer mehr Zeit gespart werden muss, was dazu führt dass man gezwungenermaßen dem Angebot der erforderlichen Dienstleistung blind vertrauen muss und dass der Wert dieser Leistung mehr und mehr durch den Preis den man für sie bezahlt bemessen wird, und weniger durch die tatsächliche Wirkung oder den eigentlichen Inhalt. Das soll nicht heißen, dass das gezwungenermaßen immer so ist. Viele Dienstleistungen, wie beispielsweise in der Medizin, die der Ärzte und die der Pflege, sind sicher zu großen Teilen qualitativ sehr hochwertig, allerdings sieht man auch hier den Verfall der eigentlichen Motivation, dem Menschen nämlich zu helfen und die Gesellschaft zu stützen, zugunsten einer profitorientierten Entwicklung, die dann
Fließband-Abfertigung in den Krankenhäusern und Pflegestellen zur Folge hat, wofür sicher in den wenigsten Fällen die Ärzte und Pfleger direkt verantwortlich gemacht werden können, jedenfalls nicht mehr verantwortlich als wir alle als Teile der Gesellschaft für diese Entwicklung mit verantwortlich sind.
Gerade in der Psychotherapie ist es besonders Augenscheinlich, wie sehr dieses Prinzip des bezahlten Spezialwissens im Kontrast steht zu dem eigentlichen Sinn und Nutzen eines Psychotherapeutischen Gesprächs. Ich muss vorweg nehmen, dass ich natürlich weiß, dass wir in der derzeitigen Situation, mitten in der Maschinerie des außer Kontrolle geratenen Systems unserer freiwilligen Selbstaufgabe nicht von heute auf morgen alles umwerfen und die Strukturen ändern können, schon gar nicht wenn man dabei sich nur auf einen kleinen Teilbereich wie den der Psychotherapie beschränkt, denn es hängt ja alles zusammen, alles ist miteinander verbunden und warum auch diese Tatsache an sich nicht verwerflich, sondern im Gegenteil ein Zeichen für die Notwendigkeit eines Systemwandels ist, darauf werde ich später noch genauer eingehen. Doch die Erkenntnis dessen, was wir als Gesellschaft akzeptieren und diese Einsicht, die Zustände und Umstände zu analysieren ohne voreingenommen sowohl in die eine als auch in die andere Richtung zu sein ist eben ein Zeichen der gewillten Entwicklung, der Fähigkeit des Menschen zu sehen, zu erkennen und vor allem auch zu verändern. Und an welchen Prinzipien der Veränderung er sich dann orientiert, was sich als seine wahre Motivation herausstellt, das ist die Grundlage eigentlich seines Wertes für die Gemeinschaft, und ich sage bewußt nicht Gesellschaft, denn ich meine die Gemeinschaft des Lebens, allen Lebens, unbeschränkt und Ausnahmslos.


Wie also oben bereits erwähnt, muss ein Psychotherapeut in der Lage sein das zu verstehen, was seinem Patienten den Leidensdruck verursacht. Er muss die Systeme, die psychischen Vorgänge, die emotionalen Prägungen und Reaktionen kennen und sich hineinversetzen können in die Lage die der Patient ihm als Problemsituation schildert. Ein Psychotherapeut muss also ein Mensch sein, der sich kennt, der sich selbst bewusst wahrnimmt, so dass er selbst kein Opfer ist seiner eigenen psychischen Programme und Strukturen. Natürlich ist das ein Idealbild, eine Idealvorstellung die so perfektioniert nicht existiert und auch nicht existieren kann, denn, und das ist schon ein Faktor der notwendigen Einsicht in die Natur der geistigen oder psychologischen Entwicklung eines Menschen, dass sie eben ein Prozess ist, und dass das Ziel keine Vollendung sein kann, zumindest nicht das Ziel der Therapie, sondern eine Hilfestellung, eine Unterstützung, die den Hilfesuchenden dazu befähigen soll eigenständig und in Selbstarbeit an sich und mit sich zu wirken. daraus ergibt sich natürlich in der Konsequenz, dass auch die Therapie selbst Teil des Entwicklungsprozesses ist, und dass dieser Teilabschnitt gemeinsam gegangen wird, wobei der Therapeut aufgrund seiner Ausbildung die zu einem großen Teil eine Selbstausbildung sein muss, gewissermaßen einen Vorteil hat, den er nutzt um seinem gegenüber die noch unverstandenen Punkte, die Systeme und Vorgänge seiner emotionalen, psychischen Verwirrung in ihrer Ursächlichkeit und Wirkungsweise aufzuzeigen.

Was aber passiert, wenn dieses Wissen, dieser Vorteil des 'Experten' zu einer reinen Ware, zu einem Angebot wird ist, dass die Methoden und Strategien der Psychotherapie und der Psychoanalyse zu dem Zweck missbraucht werden, dem Patienten lediglich das Gefühl zu geben geheilt zu sein, wobei ausschließlich die Symptome gemildert oder beseitigt werden, nicht aber das eigentliche Problem oder seine Ursache. Und diese Art der Therapie bringt dann Menschen hervor, die wie ich es oft beobachten konnte einen beispiellosen Ego Trip fahren um es mal umgangssprachlich auszudrücken, weil sie eben in der Therapie vermittelt bekommen haben, dass mit ihnen schon alles in Ordnung sei, dass sie aber zu sehr unter dem Druck der 'Gesellschaft' gestanden haben, dass sie sich zu sehr 'nach anderen' gerichtet und versucht haben zu gefallen und dass es nun zu ihrer Genesung notwendig wäre, sich auf sich selbst und die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse zu konzentrieren. Das gibt dem Patienten oder besser dem Klienten natürlich ein Gefühl das angenehm scheint, das ihm den Eindruck vermittelt wieder Herr über sich selbst zu sein, es lässt ihn aber auch mehr noch als zuvor in eine Isolation geraten, da er von der Grundlegenden Annahme dass er ein Opfer der Umstände gewesen sei ausgeht, sich damit abtrennt von der Existenz und sich als Beobachter und Benutzer der Welt und der Umwelt sieht anstatt als ein Teil von ihr, was er in Wahrheit ist.
Es ist natürlich so, dass der Mensch der sich in einer psychopathologischen Entwicklung befindet zunächst den Fokus auf sich selbst richten muss, allerdings nicht in dem gesellschaftskonformen Sinn einer egoistischen Triebhaftigkeit, sondern in einer selbstkritischen, selbstehrlichen und selbstanalytischen Sicht. Und dazu muss ihn die Psychotherapie befähigen.
Das geht allerdings nur dann, wenn der Psychotherapeut oder der Psychoanalytiker selbst dazu in der Lage ist, wenn er also weiß, wovon er spricht. Und wenn er das tut, dann ist die Psychotherapeutische Sitzung keine 'Belehrung' mehr und auch kein einfaches Zuhören, sondern dann ist sie eine Vereinbarung zweier Menschen einen Teilabschnitt der Entwicklung und der Selbstanalyse gemeinsam zu gehen, sich dabei gegenseitig zu reflektieren und zu unterstützen. Dann ist die Psychotherapie ein Gespräch zweier Menschen auf Augenhöhe, wobei einer der beiden für sich in Anspruch nehmen kann, aufgrund seiner Erfahrung, vielleicht aufgrund seines Vorsprungs in der Selbstarbeit und seiner gewonnenen Einsichten dem anderen eine Hilfestellung bieten zu können, eventuelle Unstimmigkeiten, Probleme, Unsicherheiten und Ängste verantwortungsbewußt, selbstbewußt und selbstbestimmt anzugehen und zu transformieren. Dabei muss er, der Therapeut, immer auf das Neue gefasst sein, er muss immer Hier sein und am Prozess aktiv teilnehmen, entgegen der verbreiteten Meinung des Zuhörenden und anschließend analysierenden Therapeuten oder Psychologen. Die Gefahr die dabei nämlich besteht, im Zusammenspiel mit der Systematik unseres Wirtschaftssystems, ist die der Überheblichkeit des Experten und die Überschätzung der offiziellen Qualifikation. Viel zu oft wird dem Patienten in der konstruierten Analyse seiner 'Erzählungen' ohne aktives Teilnehmen, ohne das sich Einbruingen des Therapeuten, dem unbewußten Wunsch des Patienten entsprochen um ihm kurzfristig ein emotionales Hoch mit auf den Weg zu geben, was ihn an den Erfolg seiner Therapie glauben machen soll. Ich werde später hierzu noch einige Beispiele aufzählen, das extremste aber ist natürlich die Anwendung von Medikamenten zur Symptombeseitigung, die es dem Arzt und dem Patienten möglich macht, angepasst an den schnellebigen Zeitgeist rasante Hilfe zu vermitteln, einen oberflächlichen Einduck der Genesung, oder zumindest einer Verbesserung des Zustandes.

Die Psychoanalyse kann nicht nur, sondern sie muß eine Methode der Selbstfindung sein und sollte daher die Verantwortlichkeit und Fähigkeit jedes einzelnen Menschen sein. Die selbstehrliche Selbstanalyse ist Grundvoraussetzung für Selbstbewußtsein, Selbstbestimmung und Verantwortungsbewußtsein, und vor allem auch für die Selbstbefreiung von jedweder Manipulation und Beherrschung. Daher sollte sie ein Teil der Grundausbildung jedes Menschen werden und nicht einigen sogenannten Experten vorbehalten sein, die eben ihre Zeit in das Studium investiert haben. Dass es Experten geben sollte und muss ist nicht in Frage gestellt, denn sicher ist die Unterstützung und Hilfestellung auf dem Weg, dem Prozess der Selbstentwicklung immer vonnöten und gefragt, wenn Schwierigkeiten auftreten, allerdings ist der Zweck ein völlig anderer, nämlich der der Prävention, eine folgenschwere 'Fehlentwicklung' zum Schaden des Betroffenen und auch anderer zu verhindern, indem schon beim Auftreten erster Schwierigkeiten sofort die bedingungslose Unterstützung des Umfeldes und unter Umständen die des 'Experten' gegeben ist.
Ganz grundlegend ist aber hier, dass der Prozess der gegenseitigen Unterstützung die gegenseitige Entwicklung mitbestimmt, denn nur dann ist der Prozess, die Sitzung, das Gespräch auch ein lebendiges, ein sich entwickelndes, eines, das dem Menschen auch gerecht wird. Und dann stellt sich natürlich auch die Frage, ob diese 'Leistung' eine einseitig erbrachte ist. Dann stellt man automatisch auch die Art der Bezahlung, die Stellung der Personen einer solchen Tätigkeit in Frage.

Auf diese Punkte der Rolle des 'Therapeuten' in einem Menschengerechten und lebenswürdigen System, dem Gleichgerechten Geldsystem, gehe ich in der Fortsetzung ein.

Bastian Neumann / Ramstein / Deutschland / 18.02.2013

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