Ich überlege seit einiger Zeit ob ich
mir ein Fahrrad kaufen sollte. Es gibt dafür eine Reihe von Gründen,
die ich mir hier einmal näher anschauen möchte, wobei ich etwas
mehr über ihre Bedeutung herausfinden möchte. Wenn ich mir ein
Fahrrad zulege, dann wird es wahrscheinlich ein gebrauchtes
Mountainbike sein, da ich damit sowohl durch den Wald, über
Feldwege, als auch auf der Straße fahren werde.
Einer der Hauptgründe für diese
Überlegung ist der, dass ich unheimlich genervt bin vom Autofahren,
vor allem wenn es um kurze Strecken, wie beispielsweise das Einkaufen
geht. Zu laufen ist natürlich eine Alternative, allerdings kostet
sie wesentlich mehr Zeit. Auch die Wege zum Kindergarten und zurück
könnte ich gut mit einem Fahrrad erledigen, da wir einen
Kinderanhänger dafür in der Garage stehen haben. Mit dem kann ich
übrigens auch die Einkäufe transportieren.
Ich muss noch einmal erläutern, worum
es eigentlich geht in diesem Blogpost, denn es mutet vielleicht etwas
banal an, über eine solche Überlegung zu schreiben, als ob es etwas
besonderes wäre. Es geht hier eben auch um ein
Persönlichkeitsprogramm, das mein Handeln und meine Entscheidungen
schon immer stark bestimmt und beeinflußt hat, und zwar so weit,
dass ich letztendlich nie wirklich in der Lage war, mich über eine
Entscheidung die ich getroffen hatte zu freuen, bzw. auch zufrieden
zu sein, oder besser gesagt zu dieser Entscheidung stehen konnte.
Jeder Entscheidung, vor allem wenn es um mich persönlich ging, etwas
das ich mir 'selbst' gewünscht hatte, ob ein Gegenstand oder ein
'Erlebnis', ging ein langwieriger Prozess der inneren, gedanklichen
Diskussion mit mir selbst voraus, in der ich versucht habe mich
sozusagen selbst von der 'Sache' zu überzeugen. Was ich bei dieser
inneren Debatte immer weiter perfektioniert hatte war die Fähigkeit
mich selbst hereinzulegen, mit trügerischen Argumenten,
Halbwahrheiten oder gar direkten Lügen. Unglaublich im Grunde, denn
ich habe mich ja selbst belogen und daher müsste ich mir als der
Diskussionspartner selbst über die Lüge bewußt gewesen sein. Doch
wenn ich etwas wollte und ich wußte im Grunde, dass ich es mir a)
nicht leisten kann, dass es b) keinen besonderen Nutzen für mich hat
und c) auch keinen Nutzen für andere, dann habe ich mich in diesen
Momenten der Selbstüberzeugung ganz bewußt und willentlich in
Ignoranz geübt und einfach so getan, als seien diese scheinlogischen
Argumente des 'Befürworters' tatsächlich Stichhaltig. In diesem
Jahrelangen Prozess habe ich dann letztendlich komplett das
Selbstvertrauen verloren, eine sinnvolle, nützliche Entscheidung zu
treffen.
Das wirft natürlich auch unter anderem
die Frage auf, warum überhaupt ein solcher innerer Dialog stattfand
und ich nicht von Vornherein einfach das getan habe, worauf ich
gerade Lust hatte. Offenbar besteht/bestand so etwas wie ein
verpflichtendes Gefühl zur Rechtfertigung.
Wenn ich also nun über meine
Überlegungen schreibe, mir ein Fahrrad zu kaufen, dann aus dem
Grund, dass ich festgestellt habe, dass ich diese Unsicherheit immer
noch verspüre und dass ich in manchen Momenten meinen eigenen
Argumenten für diese Sache nicht traue, vor allem auch wenn ich mir
tatsächlich noch persönlich eine Freude damit mache.
Für mich persönlich ist ein gutes,
verlässliches Fahrrad zu fahren etwas das mir 'gefällt'. Woran
liegt das? Ich bin sehr viel und sehr gerne an der frischen Luft, ich
bewege mich gern draußen und mit einem Fahrrad komme ich dabei auch
noch relativ schnell voran. In meinem Leben bin ich sehr viel Fahrrad
gefahren, ich hatte keinen Führerschein bis ich 21 Jahre war und
habe fast alle meine Wege mit dem Fahrrad erledigt. Es gab mir ein
Gefühl der Freiheit, der Mobilität und Unabhängigkeit. Außerdem
war die Bewegung auf dem Rad ein willkommener Gegenpol für meinen
damals eher ausschweifenden Lebensstil. Leider lief es bei mir
ähnlich wie bei vielen anderen: als ich mein erstes Auto fuhr, ließ
das Radfahren mehr und mehr nach, bis ich dann schließlich so gut
wie gar nicht mehr aufs Fahrrad gestiegen bin.
Später fing ich an Laufsport zu
betreiben und ich hatte viel Freude daran. Radfahren habe ich auch
immer wieder mal probiert, allerdings hatte ich immer wieder Pannen
mit einem alten, für sportliche Zwecke unbrauchbaren Fahrrad und war
bald ziemlich genervt davon es mitten auf der Strecke wieder nach
Hause tragen zu müssen. Also habe ich mich auf das Laufen
konzentriert.
Ein Hauptgrund für meinen Wunsch mir
jetzt ein 'vernünftiges' Fahrrad zuzulegen ist eben der, dass ich
eine sportliche Abwechslung suche, die sich gleichzeitig Zweckmäßig
nutzen lässt und ich sehe beim Radfahren diese Eigenschaften
tatsächlich gegeben.
Alle weiteren Gründe die für das
Radfahren sprechen, wie beispielsweise weniger Auto zu fahren, vor
allem auch kurze Strecken, und die Tatsache, dass ich persönlich
Freude an dieser Anschaffung habe, lassen mich immer wieder Zweifeln,
ob dieser 'Wunsch' tatsächlich sinnvoll begründet ist. Hinzu kommt
natürlich noch der finanzielle Aspekt der Anschaffungskosten.
Ich habe also aus meiner Erfahrung mit
mir selbst, den Enttäuschten Erwartungen die sich aus meiner
Unehrlichkeit mir selbst gegenüber bei der Entscheidung zur
Anschaffung bestimmter Dinge die ich für 'nötig' oder
Anschaffenswert hielt ergeben haben, und der Konsequenzen aufgrund
der Ausgaben die nicht selten meine Möglichkeiten überstiegen
haben, eine innere Blockade des Verstandes geschaffen, die es mir in
solchen Situationen schwer macht. Ich weiß dass diese 'Probleme' an
sich nicht sonderlich problematisch sind und auch anmaßend
erscheinen, da ich ja immerhin in der Situation bin solche Dinge
überhaupt in Erwägung zu ziehen. Es geht mir hier auch vielmehr um
die Selbstprogrammierung an sich die ich in meinen Gedanken- und
Urteilssystemen meines Geistes entwickelt habe.
Da ist also einerseits der Trigger der
persönlichen Bereicherung, über dessen Ursache und trügerische
Natur ich mir durchaus im Klaren bin. Es gilt herauszufinden warum
und aus welchen Prägungen, Erfahrungen, Konditionierungen ein
solcher Wunsch entsteht und worin seine Konsequenzen bestehen.
Dann folgt die innere
Selbstrechtfertigung mit teils moralisch gewerteten Argumenten die
die Sinnhaftigkeit einer solchen Anschaffung bestätigen sollen.
Und ein dritter Punkt, der sich
eigentlich durch die gesamten Ebenen der Analyse zieht ist der des
Geldes, des Geld-Ausgebens und die daraus entstehenden Folgen.
Ich habe über viele Jahre meines
Lebens versucht, mein eigenes Selbstwertgefühl, das mangelnde
Selbstbewußtsein und die Ängste und Unsicherheiten durch die
Anschaffung bestimmter 'Waren' wie beispielsweise einem neuen Handy,
einem Computer, einer Uhr oder ähnlichem zu kompensieren. Ich habe
nie wirklich hinterfragt warum genau ich geglaubt habe, dass in
solchen Gegenständen die Lösung meiner Unzufriedenheit mit mir
selbst und meinem Leben liegen würde. Selbst dann nicht, wenn ich
wiederholt gemerkt habe, dass schon kurz nach der Anschaffung, kurz
nachdem ich im Besitz dieser ersehnten Sache war, dieses Gefühl der
Notwendigkeit und der ersehnten Erfüllung meines Wunsches vollkommen
verschwunden war und ich diese Sache nur noch zur Ablenkung, zur
Unterhaltung, also zu rein Egoistischen und größtenteils völlig
sinnlosen Tätigkeiten genutzt habe. In vielen Fällen habe ich dann
genau dieses Gerät kurze Zeit nach Erwerb mit einem hohen Verlust
wieder verkauft, manchmal um mir den nächsten eingebildeten Wunsch
zu erfüllen. Dieses Phänomen ist aus heutiger Sicht sehr
interessant, da es im Grunde ein reines Suchtverhalten darstellt, das
nach immer mehr und immer neuer Befriedigung verlangt. Auch wenn die
Zerstörerische Natur dieses Verhaltens sich vielleicht nicht direkt
körperlich auswirkt, so sind die Konsequenzen dennoch nicht weniger
verheerend gewesen, da die finanziellen Möglichkeiten die ich hatte
sehr begrenzt waren. Tatsächlich hatte ich in den meisten Fällen
das Geld überhaupt nicht zur Verfügung. Warum ich dennoch in den
Besitz dieser Sachen kommen konnte ist wohl jedem klar, denn der Kauf
auf Kredit und Raten ist ja ein völlig alltägliches, normales
Vorgehen in unserer Konsumwelt und das System wäre überhaupt nicht
funktionsfähig, wenn dem nicht so wäre. Doch das ist ein anderes
Thema, auf das ich in anderen Blogs eingehe. Warum und weshalb ich
versuchte, die empfundene Leere in mir durch Waren und Güter
auszufüllen, ist natürlich ein Resultat erstens der Lebensumstände
überhaupt in unserer Gesellschaft, die reine Identifikation des
Selbstwertes über Äußerlichkeiten, materielle 'Werte',
Prestigeobjekte und Anerkennung von Außen, also das Grundparadigma
der Konsum-Persönlichkeit, die Unfähigkeit sich selbst zu
bestimmen, sich freizumachen und zu lösen von dem Gedanken daran wie
man von anderen vielleicht wahrgenommen wird und darauf Wert zu
legen, was sie denken. Diese Struktur des Denkens, diese Philosophie
ist genau das, was ich gelernt habe, was man mir in Institutionen der
Ausbildung und durch die Wirkung der Gesellschaft beigebracht hat.
Zum anderen ist für ein solches Verhalten und die Akzeptanz dieser
Programmierung der eigene soziale Status in der Gesellschaft von
Bedeutung, der es wie in meinem Fall einem Menschen nur schwer
möglich macht, sich genug Freiheit zu verschaffen um sich mit den
eigentlich wichtigen Dingen zu beschäftigen die der Mensch in seiner
Entwicklung zu bewältigen hat, nämlich der Selbstbestimmung in
Selbstehrlichkeit und Eigenverantwortlichkeit. Natürlich spielen
dann noch viele weitere Prägungsfaktoren und Charakterzüge eine
Rolle die bestimmen, inwieweit man für die Manipulation und mentale
Anpassungsstrategie der Kultur/Gesellschaft empfänglich ist. Aus
diesen Gründen ging ic also dieser Persönlichkeitsprogrammierung in
die Falle, ließ sie zu und manövrierte mich immer weiter in das
'Aus', was in dieser Gesellschaft gleichbedeutend ist mit dem
finanziellen Ruin. Das ist natürlich auch genau so gewollt und
vorgesehen, es gibt eben nachdem sich ein Mensch an der Maschinerie
der Konsumsysteme sozusagen 'ausgepowert' hat keine Verwendung mehr
für ihn und man kann ihn 'abschalten' oder 'entsorgen', was man
dadurch erreicht, dass man ihm seine Lebensgrundlage - also die
finanziellen Mittel entzieht. Aus diesen Erfahrungen hat sich für
mich eine Einstellung entwickelt, die vielleicht, und das soll sich
hier auch nochmal 'ermittelt' werden, über die normale Vorsicht
hinausgeht und ebenfalls nicht einer selbstbestimmten, bewußten
Verstandesentscheidung folgt, sondern selbstprogrammiert ist.
Der nächste Punkt ist der der inneren
Selbstrechtfertigung zur Befriedigung des persönlichen Wunsches, des
vorprogrammierten Verlangens nach etwas durch eine Sache, durch eine
Handlung die ebenso der Systematischen Struktur der
Kultur/Gesellschaft, also den Handlungsmechanismen entlang der
eingepflanzten Wervorstellungen folgt und dabei aber immernoch
versucht, das Selbstbild als eben nicht egoistischer, nicht
selbstgerechter und rücksicht- oder verantwortungsloser Mensch
aufrecht zu erhalten, was natürlich nur unter Aufbringung
erheblicher Ignoranz funktioniert, wenn man überhaupt von
funktionieren sprechen kann, denn im Grunde ist man sich ja immer
dieser Selbsttäuschung bewußt. Die Frage die ich oben bereits
gestellt habe, warum überhaupt dieser Versuch der
Selbstrechtfertigung nötig ist, zeigt eigentlich schon recht
deutlich die heuchlerische Natur der Persönlichkeits- und
Denkstruktur die ich wie ich zu behaupten wage gleichermaßen mit
fast allen 'Leidensgenossen' dieser trügerischen und oberflächlichen
Bildung und Ausbildung innerhalb unserer Gesellschaftssysteme, in der
Familie, in der Schule und der Medienlandschaft genossen und auch
verinnerlicht habe. Denn künstlich ist sie allemal, widernatürlich
ebenfalls. Nicht allein deshalb, weil sie in der erforderlichen
Selbstrechtfertigung, ob moralisch oder scheinbar rational, die
Gespaltenheit und die Abgetrenntheit von dem eigentlichen Selbst, der
eigentlichen Selbstwahrnehmung offenbart und darin einen
immerwährenden Konflikt produziert, sondern weil vor allem auch das
Selbst an sich, also das, was da im Konflikt mit den aufgetragenen
Handlungs- und Verhaltensmustern steht, überhaupt nicht klar ist,
sich seiner Selbst gegenüber nicht eindeutig definiert und somit
ebenfalls in dem Verdacht steht, genauso programmierbar und
manipulierbar zu sein wie die Person als das Ego das sie offenbar
ist.
Diese Selbstfindung und Entdeckung ist
ironischer Weise der eigentliche Weg zu der Erfüllenden
Selbstbestimmung und Identifikation die man durch diese Handlungen,
die Anschaffungen, das sich aneignen von symbolischen Produkten zu
erreichen versucht. Und diesen Konflikt trage ich offenbar noch immer
in mir, zumindest spuren seiner Wirkung, seiner Konsequenzen als
Gewohnheits- und Reaktionsmuster.
Nun der Punkt des Geldes, meiner ganz
persönlichen Erfahrungen mit diesem Geldsystem, meiner Stellung
darin, den Konsequenzen die ich verursacht und zu erdulden hatte und
die ich letzlich in einem tatsächlich selbstbestimmten Prozess
bewältigen und mir vergegenwärtigen konnte, weil ich in der Lage
war, den Tatsachen selbstehrlich entgegenzutreten und mcih gnadenlos
vor mir selbst bloßzustellen. Dieser Schritt war keineswegs leicht,
aber er war einer der befreiendsten für mich den ich je gegangen
bin. Diesen Punkt werde ich in meinem morgigen Blogpost detaillierter
behandeln und diesen hier mit Selbstvergebung zu den ersten beiden
beenden.
Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir
erlaubt und es zugelassen habe meine Unzufriedenheit und meine innere
Verzweiflung über mein mangelndes Selbstwertgefühl und die
Perspektivlosigkeit nicht wirklich erkannt und mir vergegenwärtigt
zu haben und stattdessen den inneren Vorstellungs- und
Emotionsmechanismen der erlernten Ablenkung und Selbst-Identifikation
mit und durch materielle Güter, die einen gewissen Symbolwert
darstellen indem sie beispielsweise durch die eigene Bewertung und
die erwartete Sicht/Reaktion des äußeren Umfeldes das Gefühl einer
persönlichen Bereicherung vermitteln, gefolgt bin, ohne die
Konsequenzen zu überschauen und mir die offensichtliche
Sinnlosigkeit und die unwirkliche Natur dieser Handlungsweise zu
vergegenwärtigen.
Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir
erlaubt und es zugelassen habe durch meine Erfahrungen, die
Reaktionen auf und Konsequenzen durch meine Verhaltensweisen eine
innere, blockierende Gedankensystematik aufgebaut zu haben, die
vornehmlich dazu dient die eigentliche Problematik, die Ursachen der
Denk- und Wertstrukturen die ich als Teil meiner Persönlichkeit
erlaubt und zugelassen hatte zu verdecken, zu umgehen oder zu
ignorieren.
Fortsetzung im nächsten Blog.
Bastian Neumann / Ramstein /
Deutschland / 13.02.2013
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