Gerade eben habne meine Frau, mein Sohn
und ich zusammengesessen um den Abend ausklingen zu lassen und wir
hatten die Idee unserem Sohn einen Affen zu zeigen, auf Youtube, weil
er gerade viele Tiernamen und Laute lernt, und der PC sowieso an war.
Also tippte meine Frau 'Schimpanse' oder 'Affe' in die Suchmaschine
und öffnete eines der Videos. In diesem Video waren Bonobos zu
sehen, in einem Zoo, hinter Glas. Wir haben beide, bzw. alle drei auf
das Video geschaut und waren plötzlich sehr still, haben nur den
Lauten der Affen zuehört, die durch den kahlen Raum in dem sie
gefangen waren merkwürdig nachhallten und ich hatte den Eindruck sie
würden genau aus dem Grund solche Laute machen, um diesen
merkwürdigen Nachhall ihrer Rufe zu hören. Mir war dieses Video zu
schauen sehr unangenehm und ich wußte aufgrund des Blicks meiner
Frau und ihres Schweigens, dass es ihr genau so ging. Ich wußte auch
sofort warum und weshalb es mir überhaupt nicht gefallen hat dieses
Video anzusehen, weil es einfach unerträglich ist wenn man sich
bewußt macht, dass diese Tiere, die sonst in Freiheit leben, sich
selbst organisieren und vom Menschen überhaupt nichts wissen wollen,
hier in einem kahlen Raum, vielleicht mit ein paar Quadratmetern
eingezäuntem Gehege, eingesperrt von zahlenden Besuchern durch eine
Glasfront tag für tag angegafft werden, und dass ihre Freiheit auf
diese Ablaüfe den Rest ihres Lebens beschränkt ist. Sofort kamen
mir etliche Interpretationen über ihr Verhalten das ich in dem Video
sehen konnte in den Sinn. Ich hatte den Eindruck, als wäre ihnen
unheimlich langweilig, als wären sie verstört und mir ging sogar
der Gedanke durch den Kopf, dass sie im Vergleich zu ihren freien
Artgenossen sicherlich geistig zurückgeblieben sind und ihr
Verhalten das man dort beobachten kann auch sicher nicht authentisch
ist und nicht das wirkliche Verhalten eines Bonobos wiederspiegelt.
Mir ist natürlich klar, dass solche Interpretationen gewagt sind und
dass ich keinerlei wissenschaftlich fundierte Kenntnisse über diese
Affen und ihre Körpersprache habe, und so könnte ein Experte oder
jeder andere meine Argumentation, dass diese Art der Haltung und der
Präsentation nicht gut für die Tiere sei und ihnen schaden würde
leicht wiederlegen oder in Frage stellen. Doch ist dies auch gar
nicht meine Hauptargumentation, sondern ich sehe vor allem, dass in
der Gesamtheit für uns als Menschen und unser Bild von den Tieren,
unser Verhalten hier nicht vertretbar ist, weder den Tieren noch uns
selbst gegenüber. Dadurch, dass wir solch ein Verhalten kultivieren,
dass wir im Namen unserer Schaulust die Würde dieser Tiere
verkaufen, verkaufen wir auch unsere eigene. Es ist ganz klar, dass
diese Art der Tierschau, der Betrachtung der 'Natur' repräsentiert
durch einzelne 'Exemplare' angesehen durch ein Glasfenster uns ihr
nicht näher bringt, sondern im Gegenteil, uns weiter von ihr
entfernt. Für diesen Punkt spielt es in erster Linie gar keine Rolle
ob ich mit meiner Interpretation über das auffällige Verhalten der
Affen recht habe oder nicht. Es ist das Verhältnis zum Leben selbst,
das hier korrumpiert wird und unsere Prägung auf eine eingebildete
Überlegenheit und Macht über die Tiere, die uns durch solches
'Entertainment' auf Kosten des Lebens und der Freiheit dieser Tiere
imaginär von ihnen trennt. Es ist ein mentaler, sinnlicher Konsum,
ein Voyorismus der verdeckt wird durch falsche Tierliebe, durch
Scheinargumente die die Arterhaltung und Forschung in den Vordergrund
stellen. Ich kann meine Interpretationen der Körpersprache dieser
Affen in Frage stellen, prüfen und analysieren ob ich hier eventuell
vorgeprägte Einstellungen meines Geistes, meiner Persönlichkeit
überbewerte und projiziere, wenn es aber um den Punkt geht, dass ich
diese zur Schau Stellung der Tiere nicht vertreten kann und will,
dann finde ich dafür nur eine Ursache, nämlich die, dass ich selbst
unter keinen Umständen mit diesen Tieren tauschen wollen würde, und
das ist Grund genug mich entschieden gegen dieses Verhalten, gegen
die Mechanismen der kommerzialisierten Gefangenschaft zu stellen.
Diese Affen sind Lebewesen die unabhängig von uns existieren, kein
Hund, keine Hauskatze die vielleicht gezüchtet und geprägt wurden
in Gesellschaft von Menschen zu leben, wir haben einfach kein Recht
im Namen unserer Neugier, unserer voyoristischen Triebe diese
Lebewesen einzusperren und ihnen ihre Würde zu nehmen, nur weil wir
es können und wir glauben, das allein wäre Grund genug zu der
Annahme wir seien dazu berechtigt, denn wir seien ihnen ja überlegen.
Ich möchte nicht, dass mein Sohn einen
Zoo sieht, dass er die Tiere eingesperrt sieht und ihren
Hospitalismus als ihr natürliches Verhalten annimmt. Ich sehe einen
Zoo in keiner Weise als nützlich, weder zu Informations- und
Wissenszwecken, noch zu UNterhaltung oder zur Züchtung im Namen der
Arterhaltung. Wenn wir als Menschen eine Lebensform vernichtet haben,
durch unsere Ignoranz, unsere Selbstsucht und unsere Feigheit vor
Veränderung, dann sollten wir das erkennen und zunächst akzeptieren
was wir getan haben und die Verantwortung dafür übernehmen indem
wir Schritte einleiten dies in Zukunft zu vermeiden, anstatt
heuchlerische Maßnahmen zu ergreifen um einige wenige Exemplare in
Gefangenschaft zu vermehren, während es im Grunde nur um ihre
kommerzielle Ausbeutung geht.
Dieses Verhältnis zur Natur, zum Leben
besser gesagt, ist von Grund auf fehlgeleitet und wird niemandem
weiterhelfen, und schon gar nicht den Menschen sich selbst, als dem
Leben das er ist, gleichermaßen mit allen Tieren die in seiner
Gefangenschaft leben und leiden müssen, näherbringen.
Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir
erlaubt und es zugelassen habe zu glauben, ich als Mensch sei dazu
berechtigt Tiere einzusperren, ich wüsste besser als sie selbst was
gut und sicher für sie ist und dass ich mein Urteil darüber, was
ein sicheres und komfortables Leben bedeutet den Tieren durch die
Akzeptanz dieses Denkens und meines daraus resultierenden Verhaltens
aufgezwungen habe.
Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir
erlaubt und es zugelassen habe auch ur für einen Moment zu glauben
es könne Rechtfertigungsgründe für das Einsperren und zur Schau
stellen von anderen Lebewesen geben.
Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir
erlaubt und es zugelassen habe zu glauben, dass der Mensch sich ein
Bild von denTieren Machen könne um sie besser zu verstehen, indem er
sie in artfremder Umgebung einsperrt, indem er sie beobachtet wie sie
sich in dieser Umgebung verhalten und dass dieses Wissen letztendlich
einen Zweck habe, der sowohl dem Mensch als auch den Tieren dienlich
sei, ohne zu bemerken und mir klarzumachen, dass vor allem in unserer
menschlichen Welt all diese Rechtfertigungen nur eine einzige
Motivation verdecken, die des Profits, die des Machtstrebens und in
diesem Fall der kultivierung eines Überlegenheitsdenkens der
Menschen.
Bastian Neumann / Ramstein /
Deutschland / 24.02.2013
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