Ich blicke zurück auf die vergangenen
Jahre meines Lebens, ich betrachte meine Erinnerungsfenster an diese
Zeit. Ich sehe mich in verschiedenen Situationen, in angenehmen und
unangenehmen. Doch alles in allem überwiegen die unangenehmen und
selbst die scheinbar angenehmen Erinnerungen haben vom jetzigen
Standpunkt aus betrachtet einige unangenehme Konnotationen, die zum
damaligen Zeitpunkt noch nicht in mein Bewußtsein vorgedrungen
waren. Doch ich spüre keine Reue, ich bin nicht traurig oder
verstimmt. Ich hatte eine gute Kindheit, sie war nicht perfekt, aber
vergleichsweise angenehm. Ich meine, wenn man sie mit der eines
Kindes in Bangladesh, eines Kindersoldaten oder der eines Opfers
sexuellen missbrauchs vergleicht. Ich weiß dass das etwas
übertrieben polemisch klingen mag, aber ich weiß was ich da sage.
Wir sind in unserem Land grundsätzlich immer davon ausgegangen, dass
wir viel weiter, zivilisierter und auch 'vernünftiger'im Umgang mit
dem Leben, mit uns selbst und mit den Kindern seien als das in vielen
anderen Ländern, ärmeren Ländern der Fall sein mag. Doch muss man
diesen Standpunkt erst einmal hinterfragen, wie so viele Annahmen die
wir für selbstverständlich nehmen in unserer westlichen, noch zu
den 'Reichen' zählenden Welt, wie zum Beispiel die Mär vom fairen
und gesunden Wettkampf des Marktes, der Möglichkeit durch reinen
Fleiß und Eigenbeteiligung zu Wohlstand kommen zu können, die
Heuchelei des Mitgefühls und der gegenseitigen Hilfsbereitschaft,
des Zusammenhalts in der Gemeinschaft, zum Beispiel innerhalb eines
Landes, und so weiter und so fort. All diese Ideen und Ideologien
scheinen zwar in Gedanken vorhanden zu sein, werden aber so gut wie
nie tatsächlich, äußerlich umgesetzt.
Was wir aber tun ist, wir
versuchen uns ein kleines, eigenes Universum zu schaffen, in dem wir
in überschaubarer, kontrollierter Weise diese 'Ideale' versuchen
umzusetzen und zu wahren, zum Beispiel in der Familie, im
Freundeskreis, in kleinen Gruppierungen jeglicher Art, in denen wir
versuchen uns abzutrennen vom großen Ganzen, in naiver Weise den
Glauben aufrecht erhalten, dass wir in dieser Blase die 'letzte
Hoffnung' sind, die 'Träger' der menschlichen Werte, sie
verteidigend und wahrend gegen alle und jeden, und damit natürlich
auch unser Vorgehen gegen alle und jeden legitimieren können. Das
ist eben der Interessante Aspekt, dass wir sofern erfolgreich und vom
Glück begünstigt die Werte unserer Lebensweise hochhalten, es für
etwas 'gutes' halten, sich gegen anere mit allen Mitteln
durchzusetzen, scheinheilig mit den Schultern zucken und statuieren,
dass dies nun einmal die Natur des Menschen sei, - sobald aber diese
Natur in ihrer hinterhältigen, schändlichen und zerstörenden
Auswirkung Einzug in die eigenen Reihen der abgeschotteten 'Familie'
beispielsweise Einzug erhält, dann sieht unser Verhalten plötzlich
ganz anders aus, auf einmal versuchen wir diese Dinge zu bekämpfen,
versuchen uns vor unserer 'Natur' zu schützen, sie loszuwerden und
zu verteufeln, nur um unsere kleine Blase der Illusion einer heilen
Welt für uns allein zu schützen. Doch diese wird niemals dauerhaft
sein, denn es liegt nun einmal tatsächlich in der Natur einer
Blase, dass sie irgendwann zerplatzt.
Warum, wenn wir denn überhaupt noch
einen Sinn für das haben, was wir wirklich brauchen als Menschen und
als Leben, können wir dann nicht erkennen, dass wir diese Dinge
nicht abgetrennt, in reinem Selbstinteresse nur für uns und
höchstens noch unsere Familien umsetzen können, während wir weiter
in einem ausbeuterischen, ungerechten System der Ungleichheit und der
Ausnutzung dieser Ungleichheit leben? Denn offensichtlich sind alle
Dinge die wir zu uns nehmen, mit denen wir unsere Bedürfnisse
decken, immer behaftet mit der Niederträchtigkeit und
Hinterhältigkeit mit der sie 'erwirtschaftet' wurden. Selbst die
nötigsten, die Grundbedürfnisse deckenden Waren, die Nahrung, das
Land, die Gebäude, die Energieversorgung, alles ist beseelt vom
Geist des Geldes und dem Geist des Profits, besetzt mit dem Geist des
'Besitzens' und 'Verkaufens', behaftet mit dem Geist der
Ungleichheit, ungerechtfertigt, inakzeptabel, aber erlaubt und
zugelassen von uns allen. Warum? Weil wir wahnsinnig sind und an eine
irreale Ego-Welt glauben, wir sind, wenn wir ehrlich zu uns selbst
sind, in unserer Persönlichkeitsidentifikation tief hinten,
verdeckt, bewußt ignoriert und verborgen, tatsächlich davon
überzeugt, dass das Universum sich für uns als diese Person
interessiert, dass es für diese Gedanken als die wir uns
identifizieren eine Bestimmung höherer Güte gäbe, dass wir
gerechtfertigt sind in unserer Selbstaufgabe, unserer feigen
Vorteilssuche, unserem Selbstinteresse, weil es um diese Ätherische
Wesenheit unserer Vorstellung ginge, die über allem steht, auf
magische Weise. In dieser nicht einmal kindlich naiven, sondern eher
bewußt gewählten Blödheit kurven wir durch das Leben,
verantwortungslos, blind, ignorant und in höchstem Maße schädlich
für alle.
Wann immer du also verärgert, traurig
oder verzweifelt bist weil irgendetwas in deiner persönlichen
Geschichte und der deiner Familie nicht ganz nach dem Drehbuch läuft,
wann immer ein Ereignis für eine tragische Wendung in der
schein-heilen Welt deiner eingeschworenen 'Gang' deines Umfeldes
sorgt und du wütend wirst, verantwortliche suchst oder nach Rache
sinnst, dann versuche dir klarzumachen, dass es einfach nur die
Wirklichkeit ist, die dich eingeholt hat - so wie sie das immer tun
wird. Denn du bist ein Teil dieser Wirklichkeit, ein Teil dieser
Welt, so wie sie ist, mit all den Rücksichtslosigkeiten, all den
Gewalttaten, der Akzeptierten, bewußten Übervorteilung anderer, der
Heuchelei, Hinterhältigkeit und Niederträchtigkeit der von uns
selbst als 'menschlich' akzeptierten Natur. Du hast versucht dich
davonzustehlen und musst nun einsehen, dass das was in jeder Minute,
jeder Sekunde anderen widerfährt auch dir widerfahren kann und wird.
All das was vermeidbar gewesen wäre und eine absolut unnötige
Konsequenz unserer Ignoranz und Feigheit ist, liegt in deiner
Verantwortung. Da gibt es kein Versteck, kein geheimes Kämmerlein in
dem du 'dein Ding' machen kannst, unbehelligt und unbeeindruckt von
der Wirklichkeit des Lebens. Allein unser selbstgeschaffener Gott
Geld kann dich auf gewisse Weise und für eine gewisse Zeit vor den
Konsequenzen schützen, bzw. dich von ihnen abschotten, wenn du ihn
dir zu eigen machst....
Aber sich sicher und gerechtfertigt zu
fühlen in dieser Position des grausemen Parasiten wäre mehr als
naiv. Wir sind eins und wir handeln immer als eine Einheit, egal ob
wir uns dessen wirklich bewußt sind oder nicht. Auch wenn wir
versuchen 'gegen' das System zu handeln belügen wir uns selbst, und
handeln immer 'für' das System, denn wir sind das System. Wir können
nur eins tun: uns unserer individuellen Verantwortlichkeit für das
Leben vollends bewußt werden und uns vor uns selbst entscheiden,
wofür wir dieses Leben einsetzen möchten, ob wir uns für die Lüge
der Separation als eigenständige Wesenheit Ich, als
abgetrennte Familie oder Gruppe aufopfern wollen in einem dauernden
Überlebenskampf um die Energiemomente selbstgefälligen Erlebens, im
Konsumkampf um die symbolischen Güter um sich seiner Existenz als
Idee sicherer zu werden nur um letztendlich völlig aus diesem Leben
zu verschwinden wenn der Körper sich auflöst, oder aber für das
Leben selbst, also für uns selbst, in einer fortwährenden Einheit,
in der Akzeptanz der Gleichwertigkeit allen Lebens und der
grundsicheren Einigkeit in der Akzeptanz der Bedürfnisse aller, für
eine Zukunft die wirkliche Entwicklung des Lebens, produktive
Entfaltung der Möglichkeiten und Fähigkeiten bedeutet, in einer
Endlosigkeit, mit einer vertrauensvollen Sicht in die Zukunft der
Generationen, ohne sich auf die beschränkte Vorstellung einer kurzen
Periode der Persönlichkeit aus einer Anhäufung von Erfahrungen als
Erinnerungsgedanken ohne Wert, ohne Lebendigkeit allein zu
reduzieren.
Nun ja, diese Entscheidung muss jeder für
sich selbst treffen. Doch so individuell und Personenbezogen das auch
klingen mag, diese Entscheidung eines jeden Einzelnen wird bestimmend
sein für das Überleben, vor allem auch das wie des
Überlebens aller, worin sich wiederum das Prinzip der Einheit des
Lebens in seiner ganzen Auswirkungsfähigkeit zeigt.
Fortsetzung folgt...
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