Montag, 4. März 2013

Tag0022 - Der kultivierte Glaube an das Monster im Menschen



Es scheint eine allgemeine Übereinstimmung darüber zu geben, dass der Mensch von Grundauf böse, hinterhältig, gewalttätig und selbstsüchtig ist. Wie wären sonst all die Reglementierungen, die Strafandrohungen in den Ordnungssystemen und den Gesetzen zu erklären? Wie sonst könnte man ein Bildungssystem rechtfertigen, das in erster Linie auf Bestrafung für schlechte Leistung, schlechte Anpassung und schlechtes Verhalten basiert? Wie soll man sonst verstehen, warum in der Erziehung die Manipulation und schleichende Gehirnwäsche eine so große Rolle spielt? Man versucht ja geradezu ein Kind von grundauf neu zu programmieren, all seine natürlichen und freien Interessen, seine Neugier und seine Fähigkeit selbst Vorlieben zu entwickeln gezielt zu beeinflussen und zu lenken, damit sie sich nach und nach unseren angepassten Vorlieben und Interessen angleichen, denn das tun sie sicher nicht automatisch, auch dann nicht, wenn die Anpassung scheinbar von selbst, durch das Kopieren und Nachahmen der Eltern geschieht.
Tja irgendwie haben wir uns über Generationen hinweg einreden lassen, dass der Mensch, wenn er sich frei und eigenstädnig zu entfalten wagt, fast zwangsläufig zu einer raubenden, mordenden und und lüsternen Bestie wird die den Frieden und das Wohl einer Gemeinschaft gefährden würde. Und tatsächlich sieht man diese 'Bestien' und lüsternen Gewaltverbrecher, die vertreter sinnloser faschistischer Ideologien und Hassprediger überall in unserer Welt und in unseren Gesellschaften die ja eigentlich alle nur erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen um diese Bestie Mensch zu kontrollieren bereits implementiert und ausgeführt haben - scheinbar erfolglos? Oder ist es vielleicht so, dass diese Form der Entwicklung menschlicher Psychen, die Genese eines gewaltbereiten, selbstsüchtigen, rücksichtslosen Wesens Mensch ein Resultat eben dieser Gesellschaftsordnung und all ihrer inneren Strulturen und Systeme ist und wir nur innerhalb dieser Systeme überhaupt dieses Bild des Menschen manifestieren als die Gewaltproblematik, die kriminelle Energie, die Gier und Selbstsucht die Probleme und Bedrohungen denen wir in der scheinbaren Gesellschaftsordnung gegenüberstehen? Woher kommt diese Idee, dass genau das die Natur des Menschen sei, und dass dieser Einhalt geboten werden müsse, dass wir aus diesem Grund 'beherrscht' werden müssen, dass wir uns Institutionen unterwerfen müssen, die von eben solchen Menschen unterhalten werden? Wo ist die Logik hinter diesem Glauben und was glauben wir macht einige Menschen fähiger dazu andere zu beherrschen, womit verdienen sie unser Vertrauen?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sich viel eher so verhält, dass der Glaube an die Fähigkeit der Institutionen, der feste Glaube an die Qualifikation der Menschen die die entsprechenden Ämter besetzen einer kultivierten Ängstlichkeit folgt, nämlich der Angst vor der Eigenverantwortlichkeit als Mensch. Die Selbstidentifikation als ein 'verdammtes' Wesen mit einer hoffnungslos 'bösen' Natur macht uns frei von der Verantwortlichkeit für egoistisches und rücksichtsloses Handeln, sie macht uns frei von der Schuld für triebhaftes sich gehen lassen, und genau diese Grundeinstellung ist es, die das kapitalistische Konsum- und Ausbeutungssystem am Leben erhält, der triebhaft handelnde, von Selbstbestimmung und damit von Eigenverantwortlichkeit befreite Konsument, der durch seine Selbstaufgabe absolut manipulierbar und durchschaubar geworden ist.
In gewisser Weise lässt sich dieses Verhalten und diese innere Grundhaltung der bequemen Ängstlichkeit anhand des Beispiels des Zuschauereffekts oder 'Bystander-effect' erklären und beschreiben. Der Masse zu folgen, sich nach ihrem Verhalten zu richten, zu hoffen, dass 'andere' die Probleme beseitigen die uns alle bdrohen, die selbstgerechte, momentane Herabstufung der eigenen Bedeutung im Kontext einer geforderten Hilfeleistung oder eines persönlichen, selbstlosen Einsatzes, all diese in den Experimenten bestätigten Verhaltens- und Denkweisen spiegeln dasselbe Prinzip wieder wie das oben beschriebene der Selbstaufgabe und Hingabe an ein Glaubenssystem der Selbstwahrnehmung - und natürlich darin auch der Whrnehmung anderer.
Die Fähigkeit des Menschen 'Böses' zu tun, sich selbstsüchtig und rücksichtslos zu verhalten, andere Menschen und deren Situationen zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen ist unleugbar in der Wirklichkeit vorhanden, sie existieren, trotz all der Errungenschaften der menschlichen Entwicklung, Zivilisation, Technologisierung und Globalisierung. Sie ist nicht nur vorhanden, sondern wird eben auch gelebt, umgesetzt und zu einer tatsächlichen Verhaltensweise des Menschen. Allerdings, und dieser Punkt offenbart im Grunde mehr als nur die Verantwortlichkeit des Menschen für seine eigenen Entscheidungen, sondern die Verantwortlichkeit einer ganzen Gesellschaft und damit auch der gesamten Gemeinschaft der Menschen für die Entwicklung und die Richtung in die sich ein menschlichesr Geist verselbständigt. Die Kultur, die Prägung und Beeinflussung der Gemeinschaft trägt einen großen Anteil an der Entwicklung der Persönlichkeiten ihrer einzelnen Individuen und daher ist hier auch die größte Sorgfalt geboten. Nicht etwa in der Weise von Theorien, von Symptomorientierten Maßnahmen der gewaltsamen Kontrolle, des Zwangs oder des Drucks, denn all diese Methoden haben sich längst als vollkommen unwirksam erwisen, sondern durch das lebende Beispiel der selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Selbstkontrolle, bzw. Selbstanalyse. Selbstanalyse deshalb, weil ich nur etwas kontrollieren und steuern kann, das ich auch verstehe. Und wenn ich mich selbst nicht verstehe, verstehe ich auch nicht aus welchen Gründen genau ich etwas möchte, etwas ablehne oder etwas begehre, obwohl es vielleicht entgegen meiner oberflächlichen, persönlichen Weltsicht und meiner moralischen Werte steht. Ich kann also nicht mit mir selbst umgehen und bin ständig der Beeinflussung durch meine emotionalen, inneren, gedanklichen Systeme ausgesetzt, ganz zu Scheigen von der Manipulation und Beeinflussung durch mein Umfeld für die ich natürlich ebenso empfänglich bin in dem Zustand reiner Programm- und Konditionierungssubmission.
Wenn ich also lebendes Beispielsage, dann meine ich dass es notwendig ist, in einen Prozess der Selbstbefreiung einzutreten, einen selbstgewillten Schritt der Selbstehrlichkeit und Selbstanalyse zu gehen um all die inneren Konzepte und ihre Konflikte mit der Wirklichkeit, die Welt so wie sie ist und meine Illusionen von ihr auf den Prüfstand zu heben, meine persönlichkeit als Konstrukt zu durchleuchen und zu verstehen, die automatisierten Programme und Reaktionsmuster zu dekonstruieren um sich selbst neu auszurichten in selbstbestimmter Entscheidung für das Leben, das Wohl allen Lebens analog zu den Prinzipien die dem Leben selbst die besten Resultate bringen, nicht der illusionären Geschichte einer Person und dem Glauben an absurde Mythen ihrer Unsterblichkeit trotz ihrer bösartigen und gefährlichen Natur.
Es ist leicht zu erkennen, dass wir uns unsere eigenen 'Monster' schaffen, es ist kein Geheimnis, dass auch und vor allem die sogenannten Kriminellen, die Gewaltverbrecher und auch die psychisch Kranken, Produkte der Kultur und der Gesellschaft sind. Einer Gesellschaft in der jeder sich um sich selbst zukümmern glaubt, in der jeder nur an sein Leben denkt, das es überhaupt nicht gibt. Es gibt nicht dein Leben, sondern es gibt nur das Leben, und alle Vorstellungen von uns selbst - und anderen - sowohl die positiv bewerteten als auch die negativen und darüberhinaus die Bewertungen selbst sind nichts weiter als Erfindungen des Geistes, Konzepte zur Rechtfertigung bestimmter Verhaltensmechanismen und Lebensphilosophien die die Angst des Einzelnen schüren und ihn dadurch manipulierbar, korrumpierbar und beherrschbar machen. Wir müssen an unsere unabdingbar schlechte und bösartige Natur glauben, um vor uns selbst unsere eigene Kreation zu rechtfertigen, das tödlichste, mächtigste und gefährlichste Monster das je existiert hat, die Manifestation unserer kultivierten Angst und Selbstaufgabe, den Wahnsinn einer vergeistigten Existenz als Fantasie, die immer leichter in die Menschen hineinprogrammiert werden kann, weil die Akzeptanz einer verrohten, lebensfeindlichen und vernichtenden Wirklichkeit nahezu unerträglich erdrückend erscheint. Die Systeme die wir leben, die wir schaffen, allen voran das kapitalistische Wirtschaftssystem, dieser zelebrierte Wahnsinn gegen alles Leben, scheinen genau die Philosophie einer Akzeptanz der unveränderbar 'bösen' Natur des Menschen zu bestätigen.
Da ist es leicht den Heranwachsenden die Notwendigkeit ihrer Anpassung um jeden Preis zu rechtfertigen, denn Beweise gibt es mehr als reichlich, dass das Leben gefährlich, bedrohlich und die Menschen nicht vertrauenswürdig sind. Aber, und das ist der Punkt der all die über Generationen geprägten und verfestigten Glaubensprinzipien ins Wanken bringen muss, wenn man sich diesen Fakten in selbstehrlicher, eigenständiger Selbstschau stellt, allein die Tatsache der Erkenntnisfähigkeit dieser Mechanismen offenbart unabdingbar die Entscheidungsmöglichkeit des Menschen und damit unweigerlich die Eigenverantwortlichkeit. Der Mensch ist genau so wenig von einer Bösen und selbstsüchtigen Natur getraft wie ein Pitbull oder Staffordshire Terrier ein von Natur aus bösartig aggressiver Hund ist. Sowohl der Mensch als auch der Hund werden dazu gemacht, und zwar durch Erziehung, Konditionierung und Training. Die Methoden unterscheiden sich sicher, wenn auch nicht in allen Bereichen. Und der Mensch schafft sich seine eigenen Monster indem er seine Kinder einer systematischen Programmierung und Manipulation unterzieht, indem er sie unkontrolliert und verantwortungslos einer lebensfeindlichen Gemeinschaft aus selbstsüchtigen Individuen überlässt oder indem er sich selbst emotional und triebhaft an ihnen abreagiert. Indem wir ein System leben und aufrecht erhalten, bei vollem Bewußtsein und aus eigener Entscheidung - wie auch immer diese grundlegend motiviert ist, denn das herauszufinden liegt eben in der Vernatwortlichkeit des Einzelnen - das eine enorme Ungleichheit in den grundlegendsten Notwendigkeiten des Lebens akzeptiert, fördert und sogar braucht um diese Notlagen ausnutzen zu können, indem wir akzeptieren, dass das Leben imaginär wertig abgestuft und unterteilt wird um sich die moralische Legitimation zu verschaffen gewillt andere Lebewesen zu verdinglichen, sie gnadenlos auszubeuten und zu vernichten, ihnen unvorstellbare Qualen zuzufügen im Namen eines tödlichen, wenn nicht gar längst toten Systems, indem wir all das zulassen durch unsere Entscheidung zur schweigsamen Anpassung und aus unserer Hoffnung heraus, dass andere es besser machen müssen als wir, liefern wir unsere Kinder einem Mahlwerk des Lebens aus, wir lassen sie direkt in einen Fleischwolf rennen, den wir selbst mit unserem Denken und Handeln antreiben.

Gerechtfertigt wird all das allerdings, und das ist wirklich faszinierend widersprüchlich und eine Hauptursache für den menschlichen Wahnsinn, die schizophrene Selbstsicht eines kultivierten Trips durch die Fantasiewelten des Menschheitsbewußtseins auf Kosten allen Lebens, durch die Ideoligie der Überlegenheit, der erhabenen Dominanz des Menschen und seiner Pflicht, sich selbst zu entwickeln, sich selbst zu beherrschen und damit alles Leben dieser Existenz.
Wer ist aber wirklich Herrscher? Wer hat das Zeug dazu sich zu Entwickeln, sich zu kultivieren, sich von der dämonischen Seite der menschlichen Natur zu befreien? Gibt es solche Menschen und was ist nötig um diesen Weg zu gehen? Ist die Überwindung der kultivierten Selbstsucht, der Gier, der Rücksichtslosigkeit und die Einsicht in die Gleichheit und Gleichwertigkeit allen Lebens, in die Einheit allen Lebens nicht der Weg der den Menschen von Herrschern und vom Herrschen erlösen müsste? Ist die Gleichheit und Einheit des Lebens, sofern sie gelebt wird nicht gleichbedeutend mit der Selbstbestimmten und Verantwortungsewussten Lösung all der Probleme die uns in unseren wahnhaft kranken Gesellschaften noch immer von der bösartigen Natur des Menschen überzeugen?

Auf diese und mehr Fragen gehe ich in meinem nächsten Blog ein.

Bastian Neumann / Ramstein-Miesenbach / Deutschland / 04.03.2013


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