Samstag, 9. März 2013

Tag0027 - Was wo geschrieben steht...

Nach einer Konversation oder besser gesagt einem schriftlichen Austausch über die Kommentarfunktion bei Youtube schreibe ich diesen Blog über ein weit verbreitetes Dogma der Selbstüberzeugung und Bestätigung der persönlichen Meinungsbildung, welches nicht nur von Grund auf irreführend ist, sondern auch all meine Statements und Schriften zum Thema der Eigenverantwortlichkeit und Selbstbstimmung bestätigt.Es geht um den stetigen Vergleich der eigenen Anschauung und Meinung, ganz egal zu welchem Thema, aber im Besonderen in entscheidenden Lebensfragen und vor allem bei gläubigen, religiösen Menschen, mit den jeweiligen Schriften ihrer Religion, beim Christentum beispielsweise mit der Bibel.
So werden in Diskussionen oder Konversationen denn viele Sätze und Thesen eingeleitet mit den Worten "in der Bibel steht geschrieben..." und dann folgt ein Zitat oder ein Sinngleiches Statement der Person in eigenen Worten, welchen dann die Meinung dieser Person wiedergeben oder unterstreichen soll. Nun ist dieser Ansatz inzweierlei Hinsicht Sinnfrei, einerseits könnte ich ebenso gut ein Buch lesen, in diesem Fall die Bibel, wenn ich wissen wollte was darin steht, anstatt ein Gespräch mit einem lebenden Menschen zu führen. Zum Anderen setzt die BEdeutung die dieser Vergleich der Aussage der Person angeblich geben soll voraus, dass ich den Worten die in diesem Buch geschrieben stehen ebensolchen Wert beimesse wie die Person die sie zur Verstärkung ihrer Argumentation benutzt. Doch das muss eben keinesfalls so sein und ist für mich im Moment der Unterhaltung im Grunde auch irrelevant, da es mir vielmehr um den Austausch mit dem Mensch, mit dem Lebenspunkt der er ist geht als um die Gedankenkonzepte und Datensätze die er gespeichert hat.

Diese Form der Zuhilfenahme des geschriebenen Wortes anderer Persönlichkeiten oder im Fall der Bibel einer ganzen geschichtlichen Institution, ist eben eine Methode die Unsicherheit in erster Linie offenbart und eben keine Sicherheit gibt, wenn es um eine 'Meinung' oder 'Ansicht' geht. Was bedeutet es, wenn ich versuche mir Sicherheit über meine Standpunkte zu verschaffen indem ich mich Einreihe in eine Gruppe anderer, gleichdenkender Menschen oder mich gleichsetze mit einer 'berühmten', bereits für ihre Werke anerkannten Person, anstatt meinen Standpunkt eigenständig eingehend zu prüfen und festzustellen, ob ich unter allen Umständen zu jeder Zeit selbst für ihn gerade stehen kann? Und vor allem auch, ob ich die Fähigkeit besitze ihn wenn nötig zu ändern und ihn nicht zu einer Bastion ausbaue, zu einem feststehenden Teil einer eingebildeten Persönlichkeit werden lasse, die es dann um jeden Preis zu verteidigen gilt?
Es bedeutet, dass ich unsicher bin, dass ich es eben nicht wage Eigenverantwortung zu übernehmen, dass ich unfähig bin die Konsequenzen meines Denkens, meines Redens und damit meines Handelns auch wirklich selbst zu tragen. Wann immer ich mich vergleiche um bestätigung meines Standpunktes zu erhalten, und vor allem wenn ich dabei Autoritäten akzeptiere denen ich eine höhere Macht und ein größeres Wissen ungefragt unterstelle, begebe ich mich in Abhängigkeit und gebe dafür meine Eigenverantwortung an diese Instanzen ab. Ich stelle mich zwar als gleichgesinnt hin, aber eben 'hinter' die Instanz, die Bibel, die Kirche, die Partei, die Gruppe, was auch immer es ist. Natürlich kann ich daran glauben, aber es ist und bleibt ein Glaube und kein Wissen. Ich kann keine geborgten Überzeugungen leben, sondern nur die, zu denen ich in bedingungsloser, selbstehrlicher Selbstbefragung komme. Interessanterweise, oder aber auch konsequenterweise, kann ich dann vielleicht feststellen, dass andere zu ebensolchen Einsichten gelangt sind wie ich, und ich kann mich mit ihnen befassen. Aber dazu ist es keinesfalls nötig ihre Texte zu zitieren oder mir ihre Bücher ins Regal zu stellen, denn ich brauche mir ihre Aussagen nicht zu merken und mich schon gar nicht durch sie zu bestätigen. Ich weiß, wofür ich stehen kann und dass ich mich in einem ständigen Prozess befinde, in dem es zwar grundlegende Einsichten, Lebens-bedingende Wahrheiten geben kann, aber keine festestehenden Meinungen, keine Generalisierungen der persönlichkeit, der eigenen Überzeugungen aufgrund persönlicher Erfahrungen oder der Anhäufung von Wissen oder Informationen. Es gibt nichts zu verteidigen, das aus dem selbstehrlichen, selbstbestimmten prozess der Erkenntnis in Gleichheit nd Einheit mit dem Leben gewonnen ist, denn es ist frei von Persönlichkeit und stammt aus dem Lebendigen, dem Bewußtsein des Lebens, in dem wir alle gleich und eins sind. Nur eine individualisierte Persönlichkeit, ein Gedankenkonstrukt aus Erinnerungen und gedanklich damitverknüpften Emotionen kann sich durch die Einheit und Gleichwertigkeit des Lebens bedroht fühlen, weil sie durch die (An)erkenntnis dieser Tatsache ihrer Überheblichkeit und der Rechtfertigungen allen egoistischen Verhaltens beraubt wird.
Es ist erfahrungsgemäß besonders interessant, dass gerade solche Persönlichkeiten, die in der religiösen Literatur, beispielsweise der Bibel ihre Überzeugungen bestätigt sehen und sich im Umgang mit den Zitaten und Vergleichen selbstsicher Zeigen, so leicht sich angegriffen zu fühlen scheinen und so schnell alles aburteilen das entweder aus anderen Quellen stammt, die Dinge anders beurteilt als es ihre Texte in ihrer Interpretation tun, oder aber vielleicht sogar übereinstimmt mit ihnen, aber seine Quelle nicht preisgibt, beziehungsweise keine andere Quelle als die der selbstehrlichen Selbstbestimmung hat.
Hier wird dann bisweilen unterstellt, dass zwar Ansätze zu stimmen scheinen, aber da es nicht sein kann, dass ein anderer Mensch zu gleichen Einsichten kommt wie ihre Referenz-Instanz, ihre Ersatzautorität für ihre Selbstbestimmung, muss etwas fehlen oder fehlgeleitet sein, und da ist es vor allem in der Religion ein leichtes etwas literarisch belegtes zu finden, da man hunderte Dinge aus dem Kontext herauslösen und entsprechend auslegen kann, und wenn es nur eine reine Erfindung ist, ein irrelevanter Aspekt einer Geschichte, eines Konzeptes, ein Begriff, eine Idee, wie beispielsweise ein Gott.

Nein, es kann keine fruchtbare, lebendige Diskussion oder Unterhaltung geben mit einem 'überzeugten' Menschen. Es muss ein lebendiger Mensch sein, ein lebendiger, forschender Geist, oder zumindest ein gewillter Mensch, ein sich hingebender Mensch der das Leben in jedem Moment lebt, der bereit ist zu lernen, zu sehen, zu hören, der gewillt ist sich immer und zu jeder Zeit von allem zu befreien das ihn im Geiste ausmacht, wann immer es der Moment erfordert, wenn es die Einsicht und die Selbstehrlichkeit, die Aufrichtigkeit dem Leben gegenüber erforderlich und unabdingbar macht. Und dafür ist es unmöglich sich zu vergleichen, sich in Texten und Schriften anderer zu 'bestätigen'. Ich kann nur mich selbst erkunden, mich selbst verstehen und für mich selbst stehen. Alles andere ist ein Plagiat. Die Gleichheit und Einheit allen Lebens bedingt, dass ein jeder der sich dem Prozess der Selbstehrlichen Selbstanalyse eigenverantwortlich verschreibt zu übereinstimmenden, allgemein akzeptierbaren Einsichten gelangt. Das ist kein Konsens, sondern das ist die Selbstehrlichkeit des bewußten Lebens in seiner Einheit. Daraus erwacht unerschütterliches Selbst-Bewußtsein und die Freiheit von jeglicher intellektueller Abhängigkeit.

Und so stellt es sich in fast allen Lebensbereichen dar in unserer Welt, wir wollen keine Eigenverantwortung mehr übernehmen, wir verpflichten uns den Regeln der künstlichen Instanzen anstatt uns dem Leben das wir alle gleichermaßen sind hinzugeben. Wir glauben frei zu sein indem wir uns nicht mehr verantwortlich fühlen, indem wir uns der Einbildung einer Übergeordneten unentrinnbaren Reglementierung unterwerfen. Doch wir sperren uns selbst dadurch ein, beschränken uns selbst, nehmen uns selbst jede Freiheit und berauben den Menschen und damit das Leben des eigentlichen Potentials das wir repräsentieren und das wenn in eigenverantwortlichen, eigenständigen Händen eine Welt gestalten kann, in der jeder für sich und doch alle in gleichwertiger Einheit zusammenstehen und für das Wohl allen Lebens leben, in einem unermesslich kreativen, lebenswürdigen und freien Zusammenleben, das erstmals in der Geschichte des Menschen eine tatsächliche Entwicklung zu Mündigkeit und Würde bedeutet.
Das ist die Möglichkeit, das Potential und die Verantwortung die wir als Menschen tragen, und genau dieser Verantwortlichkeit als Mensch versuchen wir uns zu entziehen, wenn wir und 'zuordnen', 'unterstellen' und entlang bestimmter, fremder Ideologien 'eichen'.

Es gibt keinen Ausweg aus der Eigenverantwortung, und das ist das beste am Leben. Denn die Akzeptanz dieser Verantwortung bedeutet das wahre Leben, bedeutet das ewige Leben, bedeutet Nächstenliebe, Mitgefühl, Selbstlosigkeit und alles was in so vielen religiösen Texten begrifflich verewigt ist und unglücklicherweise immer wieder benutzt wird wie eine Ware, wie ein Schutzschild, als könne man vom bloßen Lesen der Worte ihre Bedeutung erLEBEN.

Bastian Neumann / Ramstein / Deutschland / 09.03.2013



 

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