Freitag, 29. März 2013

Tag0047 - Mentale Simulationen und das Aufschieben von Entscheidungen





Ich habe festgestellt, nachdem ich lange Jahre meines Lebens immer versucht habe meine Probleme durch Aufschieben und Vermeiden zu lösen und damit so ziemlich alles vor die Wand gefahren hatte was nur ging, dass ich immer noch Tendenzen habe, bestimmte „unangenehme“ Entscheidungen vor mir her zu schieben, insbesondere wenn diese Entscheidungen nicht nur für mich persönlich Veränderungen mit sich bringen, sondern auch für andere Menschen. Es ist fast so, als wollte ich mein ganzes Leben und meine Entscheidungen an den Wünschen und Vorlieben meines Umfeldes, also der Menschen die mit meinem Leben in irgend einer Weise direkt vernetzt sind, ausrichten und mich dadurch der eigenen Selbstbestimmung und der Verantwortung die damit einhergeht entziehen. Natürlich ist es absolut notwendig in die eigenen Entscheidungen die Konsequenzen und Auswirkungen die diese Wendungen für andere Menschen haben werden mit in Betracht zu ziehen. Das ist ein Teil der Verantwortlichkeit als Mensch, als Leben in einer Gemeinschaft. Doch in diesem Fall dienen die Bedenken und Hinderungen eine klare Entscheidung zu treffen als Selbstrechtfertigung für die Angst vor der Verantwortung, aus Angst für die Konsequnezen dieser Entscheidung gerade zu stehen. Und so macht legt man sich in Gedanken Gründe und Motive zurecht, die man vor sich selbst mit dem Schutz der Bedürfnisse und Interessen der anderen rechtfertigt, die aber im Grunde nur eine Aufschiebung der Entscheidung bewirken sollen. Und in letzter Konsequenz offenbart dieses Verhaltensmuster den eindeutig egoistischen Kern, der die eigenen Interesen, die eigene Bequemlichkeit und die eigene Feigheit umschließt und schützen soll, alles unter dem Vorwand des Mitgefühls. Das ist schon faszinierend, dass man sich in gedanklicher Diskussion mit sich selbst so sehr vertiefen und ablenken kann, dass man diese offenbare Selbsttäuschung nicht bemerkt, bzw. nicht bemerken muss.

Die mentalen Simulationen sind Wahrscheinlichkeiten die man sich als Konsequenzen der Entscheidung vorstellt. Das tückische an diesen Simulationen ist, dass man sie leicht manipulieren kann, dass man sie in bestimmte Richtungen lenken kann und das ‚befürchtete‘ Ergebnis generiert, dass es einem ermöglicht eine weitere Aufschiebung der Entscheidung scheinbar zu rechtfertigen. Die mentalen oder auch geistigen Simulationen und Zukunftsprojektionen sind nichts weiter als Vorstellungen, gedankliche, künstliche Realitäten. Sie haben nichts mit den tatsächlichen Geschehnissen zu tun, sie spiegeln niemals die Wirklichkeit auch nur annähernd wieder. Und dennoch sind wir als Menschen so oft und so intensiv mit unseren Zukunftsprojektionen, Selbstrechtfertigungen und gedanklich verursachten Ängsten beschäftigt, dass wir die meiste Zeit überhaupt nicht leben, nicht da sind, sondern den Körper quasi programmiert ablaufen lassen, während wir uns in unserem Geist in Vorstellungswelten bewegen, ohne Sinn, ohne Nutzen, nur die Angst verstärkend und generierend die uns immer mehr von der spontanen Entscheidung, von dem ‚Tun‘ aus dem lebendigen Moment heraus abhält.

Dabei bedeutet das direkte, bewusste Tun als Entscheidung keineswegs Verantwortungslosigkeit, sondern im Gegenteil, in der direkten, selbstbestimmten Handlung liegt die Hingabe an die Entscheidung und damit die selbstehrliche Verpflichtung ganz selbstverständlich für die Entscheidung gerade zu stehen ganz egal wie der Ausgang auch sein wird. Denn abzusehen ist er zu keinem Zeitpunkt, lediglich die offensichtlichen Konsequenzen beispielsweise einer missbräuchlichen Entscheidung wie jemanden auszunutzen, sich einen Vorteil aus der Notlage eines anderen zu verschaffen usw., die Konsequenzen als das, was ihre Natur ist, nicht die detaillierte Geschichte. Aber wenn ich selbstbestimmt gerade stehe für meine Entscheidungen, dann bin ich selbst die Entscheidung und gleichermaßen stehe ich für die Konsequenzen. Das ist wahrhaftige Verantwortung, das ist Vernunftgemäßes Leben, dem gesunden Menschenverstand folgend. Kein Selbstbetrug, keine Verschleierung versteckter Interessen und Motive, keine Selbstrechtfertigungsgründe für Aufschiebungen.  

Die Entscheidung und die Konsequenzen der aus ihr resultierenden Handlungen sind in keinem Moment voneinander getrennt. Es ist ein und derselbe Kontext, ein und dieselbe Handlungskette. Das ist der Punkt den man sich vergegenwärtigen muss. Keine Trennung, keine Isolation, keine Freiheit von Verantwortung und Beteiligung. Die einzige Freiheit die zu erlangen ist, ist die Erkenntnis der eigenen Selbstbestimmung als das Leben, als die Existenz, als die Konsequenz. Die Fähigkeit die Programme des Bewusstseins zu stoppen, zu dekonstruieren und sich selbst neu zu bestimmen.


Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir erlaubt und es zugelassen habe, Entscheidungen in meinem Leben aufgeschoben und gehofft zu haben, ich könne der Verantwortung für meinen Lebensweg und meine Konsequenzen als die Effekte meiner Handlungen entgehen indem ich mich für das aufschiebende Verhalten unter dem Vorwand der Besorgnis um das Wohl anderer  vor mir selbst gerechtfertigt habe und trotz meines Wissens um die trügerische Legitimation dieser Argumentation an dem Aufschieben festgehalten habe und es dadurch erlaubt und zugelassen habe, dass die Konsequenzen meiner Entscheidung durch Verweigerung sowohl für mich und meine Selbstbestimmtheit, als auch in vielen Fällen für andere beteiligte vermeidbar schädigend  waren.

Ich bestimme mich selbst als Mensch und als das Leben, im Moment des Versuchs die Aufschiebungstaktig meines Bewusstseins, meines Denkens starten zu lassen, mich den Programmen der selbstrechtfertigenden Entschuldigungen und dem Vortäuschen falscher Motive hinzugeben, mich selbst zu stoppen, zu atmen, mich hier in den Moment zurückzubringen und meinen Ängsten gegenüberzutreten, mir kla zu machen, dass die Angst vor der Lebensverantwortung eine konditionierte, antrainierte Angst und nicht real ist, dass es in den Konsequenzen einer selbstbestimmt, am Leben ausgerichteten Entscheidung die das Beste für alle Beteiligten berücksichtigt nichts zu befürchten gibt, außer für die Person als Ego, für das Selbstinteresse der Persönlichkeit als Geschichte und dass diese irrelevant angesichts der selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Direktive des Lebens selbst ist.

Bastian Neumann / Ramstein / Deutschland / 29.03.2013





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