Dienstag, 26. März 2013

Tag0044 - Wie lernt man soziale Interaktion? Teil 2





Fortsetzung zu

Tag0043 - Wie lernt man soziale Interaktion? Teil 1



Was haben wir zu verbergen?

Das war die erste Frage im letzten Satz des letzten Abschnitts meines Blogs über soziale Interaktion und sie ist eine der wichtigsten wenn es um das Verständnis der eigenen  Unsicherheiten, der eigenen Komplexe, Befürchtungen und Erwartungen geht. Denn was könnte es für einen Grund geben, im Umgang mit anderen Menschen verunsichert zu sein, sich zu genieren, oder einfach nur zu glauben man müsse eine bestimmte Rolle spielen, man könne nicht man selbst sein, außer dem, dass man glaubt das was man wahrhaftig ist könne einem zum Nachteil ausgelegt werden? Und was für ein Nachteil wäre das dann? Ich habe beispielsweise viele Jahre meines Lebens versucht, anderen Menschen zu gefallen, um mit ihnen befreundet zu sein. Ich habe versucht Konflikte zu vermeiden und mich ihren Vorstellungen und Vorlieben angepasst um sie nicht zu verärgern oder zu verlieren. Und wenn ich dann tatsächlich mal in einen größeren Konflikt mit ihnen geraten bin, dann war das unerträglichste daran die Zeit danach, in der ich von Angst zerfressen und verzweifelt  war aus Angst ich könnte jetzt alleine sein. Ich habe in meiner ganzen Jugend und Kindheit immer die Gefühle gehabt und interessanterweise schien es immer so zu sein, dass ich derjenige in Angst gewesen bin, während die anderen nicht um meine Freundschaft bangten. Das ist ein Ergebnis der Akzeptanz der eigenen Konditionierung als ‚Opfertyp‘, als Abhängiger von ihren emotionalen Stützen. Es ist das Ergebnis meiner eigenen Erlaubnis mich mit meiner inneren Unsicherheit nicht selbst zu beschäftigen, sondern die Außenwelt verantwortlich zu machen, die Lösung meiner Probleme in dem Kontakt und der Gesellschaft anderer zu suchen. Diese ‚Verhältnis‘ ist keine Freundschaft, es kann auch niemals überhaupt ein gesundes Verhältnisirgendeiner Art sein, da man kein gleichberechtigter und gleichwertiger Partner ist. Man ‚hängt‘ sich rein, man lässt sich ‚erfüllen‘ durch die Persönlichkeiten der anderen oder das, was man in ihnen sieht. Und genau das ist es, was man zu verbergen hat in dem Moment der Begegnung, dass man sich eben nicht als gleichwertiger Partner oder Freund sieht, dass man nicht am Austausch interessiert ist, an gegenseitiger Unterstützung, sondern dass man seine eigene Vervollkommnung sucht, dass man sich ablenken will von der eigenen Unsicherheit und leere, von Unzufriedenheit mit der eigenen Existenz und Selbstwahrnehmung. Das ist übrigens nicht unbedingt mit einer offensichtlichen, bewusst wahrgenommenen Minderwertigkeitsempfindung verbunden, sondern kann auch quasi gegenteilig wahrgenommen werden, so dass man einfach glaubt diese Menschen zu brauchen um Spaß zu haben, sich zu amüsieren und sich zu präsentieren. Sich in der Öffentlichkeit zu zeigen und dabei eine ‚coole‘ Rolle zu spielen mit der Lobby im Rücken. Das ist einer der Gründe warum die meisten aufdringlich selbstbewussten Charaktere in Gesellschaft aufleben, aber im eins zu eins Gespräch oder ungewohnten Situationen ein völlig anderes, bisweilen zurückhaltendes Verhalten zeigen.


Wo sind wir uns selbst gegenüber nicht ehrlich?

Wir sind uns selbst gegenüber in der grundlegenden Erkenntnis unserer Falschheit nicht ehrlich. Wir wollen selbst an die Rolle glauben, die wir spielen und wir erwarten dabei Berechenbarkeit und Ehrlichkeit von anderen. Dabei wissen wir, dass andere ebenso funktionieren wie wir. Dass sie ebenso versuchen zu gefallen, zu beeinflussen und zu manipulieren. Daher hangeln wir uns stattdessen an künstlichen Verhaltensmustern entlang, an kulturellen Normen und gesellschaftlichen Konventionen, da wir wissen oder zumindest hoffen, dass der andere das gleiche tun wird.


Warum denken wir es nötig zu haben, uns selbst und anderen etwas vorzumachen?

Zunächst wahrscheinlich weil wir uns selbst gar nicht kennen, weil wir überhaupt nicht wissen wie es ist  wir selbst zu sein, uns eigenständig und selbstbestimmt zu leben. Wir haben tatsächlich furchtbare Angst vor unserem Selbst, wir haben immer nur gelernt uns an bestehende Strukturen anzupassen, an die Wertvorstellungen und Normen der Systeme die uns umgeben und haben uns dann über die Rückmeldungen aus unserem Umfeld identifiziert. Daher können wir uns in der Umgebung andere auch nicht authentisch geben, außer vielleicht authentisch ‚gelernt‘ indem wir eine Rolle perfektioniert haben die in ein bestimmtes Umfeld passt, aber eben nur in dieses Umfeld.
Und natürlich ist da noch die Angst vor der eigenen Unzulänglichkeit, der eigenen Unfähigkeit weil immer die Annahme besteht, dass es tatsächlich Menschen gibt, die ihre Erfüllung in den systemischen Nischen gefunden haben, die sich rundum zufrieden, frei und lebendig fühlen. Wir glauben an dieses Ideal der perfekten Anpassung und dem daraus resultierenden Erfolg, weil wir dazu programmiert wurden. Die Strukturen brauchen die Hoffnung der Massen irgendwann ebenso erfolgreich und mächtig zu sein wie das berühmte 1 %. Wir streben danach, träumen davon, hoffen darauf und nicht zuletzt weil wir glauben dass wir dann, wenn wir in dieser begehrten, mächtigen Position sind, uns selbst leben könnten ohne Angst haben zu müssen abgelehnt zu werden. Wir verschieben also unsere Selbstwerdung in eine unbestimmte Zukunft, in eine ‚bessere‘ Zukunft, in der wir selbst ‚besser‘ sind. Das ist das Prinzip der Selbstbeschneidung und freiwilligen Selbstversklavung unter die ausbeuterischen Methoden und Strategien der bestehenden Machtsystematik, gesteuert durch die Elite, am Leben gehalten durch gezielte Manipulation und den Glauben, die Hoffnung des verunsicherten, Identitäts- und Selbstlosen Individuums.

Es bleibt festzuhalten, dass in unserer Welt so wie wir sie gestaltet haben die Notwendigkeit besteht, sich den Gegebenheiten in gewisser Weise anzupassen, zumindest in so fern, dass man sich selbst in den Strukturen bewegen und versorgen kann, und da gehören auch die Abhängigkeiten und Zwänge dazu die uns in der Gesellschaftsordnung auferlegt werden.

Das Gefühl zu haben nicht zu sozialer Interaktion und der Pflege sozialer Kontakte fähig zu sein ist also lediglich die Offenbarung der eigenen Defizite in der Selbstwahrnehmung und Selbstehrlichkeit. Es ist eine Frage der Motivation. Ist das Motiv die Suche nach Befreiung von der Eigenverantwortung ist die soziale Interaktion zum Scheitern verurteilt. Ist das Motiv reiner Eigennutz, reiner Egoismus, dann kann man zwar erfolgreich sein, bleibt aber weiterhin abhängig und unfrei, ein Sklave des Systems, der programmierten und konditionierten Bedürfnisse einer imaginären Persönlichkeit.  Ist das Motiv der Anpassung der Erhalt eines grundlegenden Status um in der Lage zu sein den selbstgewählten Prozess der Selbsterkenntnis zu durchlaufen und für das  Verständnis eben dieser inneren Gedankensysteme und Wertstrukturen zu leben um sie ändern zu können, um sich von ihrer mentalen Umklammerung lösen zu können, so ist das ein Motiv dass einem die Kontrolle wieder ermöglicht, ein bewusst gewählter Schritt der nicht dem Eigennutz und Eigensinn folgt, sondern ein Kompromiss für die Selbstbefreiung ist und darin den kleinstmöglichen Schaden oder Verlust anstrebt.


Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir erlaubt und es zugelassen habe in meiner Vergangenheit immer wieder zu versuchen bestimmten Menschen zu gefallen, um an ihrem Leben als Freund teilhaben zu können, weil ich glaubte ohne die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe verloren und wertlos zu sein, dass ich durch diese Angst vor dem ‚mit mir alleine sein‘ den Kontakt zu mir selbst nahezu vollständig verloren hatte und mein Leben und mein Streben sich lediglich noch mit den Versuchen der Anpassung an erwartete Normen und Verhaltensweisen beschäftigt hatte.

Ich vergebe mir selbst, dass ich es mir erlaubt und es zugelassen habe nicht zu erkennen, dass in diesen verzweifelten Versuchen meine Eigenverantwortlichkeit für mich, mein Leben und das Leben aller nach außen abzugeben, meine inneren Unsicherheiten und Konflikte an den Leben anderer zu gesunden ich diese Probleme die ich mir selbst durch Ignoranz und Feigheit verursache in andere hineinprojiziere, sie übertrage, mit mir trage wohin ich gehe und diese Konfliktpotentiale in alles mit hineinbringe mit dem ich interagiere, so dass ich in der einen oder anderen Weise unvorbereitet mit den Konsequenzen meiner eigenen Verantwortungslosigkeit konfrontiert werde.

Ich bestimme mich selbst als Mensch und als das  Leben zur Selbstkorrektur in der Wahrnehmung meiner Unsicherheiten und Ängste wann immer sie auftauchen, indem ich mich ihnen in bedingungsloser Selbstehrlichkeit stelle, sie analysiere und zurückführe auf ihre Ursachenzusammenhänge, sie dekonstruiere und mich von diesen Gedankenmustern eigenständig und selbstbestimmt befreie, da ich erkannt und verstanden habe, dass ausschließlich in Selbstehrlicher Einheit und Gleichheit mit mir selbst als dem Leben, in der Wahrnehmung allen Lebens in Einheit und Gleichheit eine soziale Interaktion in Aufrichtigkeit, auf lebendige und gleichwertige Weise möglich ist. 



Bastian Neumann / Ramstein / Deutschland / 26.03.2013
 

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