Nachträglich aus dem Handschriftlichen
Blog vom 25.04.2013
Nichts zu sein, ein Niemand zu sein – unmöglich, denn man
wird immer von irgend jemandem zu irgendwem gemacht. Es sei denn, man würde es
schaffen sich gänzlich aus der menschlich-sozialen Welt zurückzuziehen, was
aber wiederum voraussetzen würde, dass man es schafft die zwangsläufig
erhaltene Prägung und Kategorisierung der eigenen, persönlichen Existenz in der
Phase bedingter, existenzieller Abhängigkeit sozusagen während der ‚Aufzucht‘
zu überwinden und zu transformieren in- Nichts.
Aber es ist gut nicht zu wissen wer man ist. Ich habe es nie
wirklich gewußt und mich selbst immer wieder dazu gezwungen, mein Leben lang
unter dieser Tatsache zu leiden. Dieses Leiden hätte schon früh ein Ende nehmen
und meinen Blick auf mich und das Leben hätte sich klären können, aber ich war
zu verbohrt, zu verbissen und zu ängstlich loszulassen. Ich wollte wissen, ganz
sicher sein wer ich bin und wozu ich hier bin. Das allein mag ja auch nicht
verwundern wenn man bedenkt, dass die Grundlage und der Ausgangspunkt dieser
Suche nach dem „wer bin ich?“ als selbstverständlich gegeben hingenommen wird,
obwohl er eben eine reine Übereinkunft, ein Glaube und letztlich eine
Einbildung ist, nämlich derart, dass diese Welt, die menschliche Kultur und
Gesellschaft natürliche, unabdingbare und alternativlose Systeme seien und dass
die Art und Weise der Selbstwahrnehmung als „Ich“, als Person und persönliche
Geschichte, als Separat, abgetrennt „erlebend“ und „beobachtend“ die absolute
und einzig richtige, gesunde Selbstidentifikation des Menschen sei, dann wird
deutlich warum eine solche Suche erfolglos und frustrierend verlaufen muss.
Die Suche nach der unumstößlichen Sicherheit von einem
imaginären Standpunkt der Selbstwahrnehmung aus, der jederzeit erschüttert,
umgeworfen und zerstört werden kann ist sinnlos und führt weit, weit weg von
der eigentlichen Ursächlichkeit dieser Sehnsucht überhaupt. Durch diese
fehlgeleitete Suche lassen sich die absurdesten kulturellen, gesellschaftlichen
Werte und Strukturen, vor allem aber auch die ihnen allen eigene
Wirkungslosigkeit erklären.
Von den frauenverachtenden Kulturen und Religionen über die
rassistischen Ideologien bis zu dem alles Leben verachtenden, mächtigsten
System, dem kapitalistischen Profitsystem, all diese ideologischen
Verblendungen polarisieren die Welt mit Angst, Hetzerei und versprechen
scheinheilige Sicherheit unter bestimmten Bedingungen, irgendwann, , in der
Zukunft. Alle basieren sie auf Angst und Hoffnung und binden den Menschen and
systematische Bedingungen. Die Hoffnungen werden aus den oben bereits erwähnten
Gründen niemals erfüllt werden und die Systeme der gedanklichen Bindung durch
Hoffnung bestehen immer weiter aufgrund der hierarchischen Struktur, aufgrund
der Tatsache, dass ebenso ängstiche, nach Sicherheit strebende Menschen die
mächtigen Positionen dieser Systeme
besetzen und ihre scheinbar gesicherte Stellung nun um alles in der Welt
verteidigen müssen und wollen.
In dieser Welt gibt es keine Identität, keine authentische
Selbstwahrnehmung. Hier gibt es nur Rollen, vorgegebene oder aufgezwungene
Scheinidentitäten.
Das Leben selbst ist das, was wir wirklich sind. Nicht das „Ich“,
die persönliche Geschichte, die aus konstruierten, geborgten Szenarien
zusammengesetzt und auf der Leinwand des Bewußtseins abgespielt wird. Als das
Leben sind wir eine Einheit, sind das Leben und diese Existenz.
Es ist gut, nicht zu wissen wer man ist.
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