Post vom 14.05.2013
Selbstbestimmte Entscheidungen sind uns fremd geworden, sie
sind lästig, überflüssiger Ballast in der verklärten Welt der Selbsterfahrung,
sie bremsen den Systemfluss und verbauen uns die Chance auf die Gnade der
glücklichen Fügung, der Belohnung für unseren Fleiß und die treue Unterwerfung.
Die Belohnung diewir immer vor Augen haben aber nie wirklich in unseren Händen
halten oder verinnerlichen können. Wir wissen ja in den meisten Fällen nicht
einmal genau wie sie aussieht, woraus sie bestehen wird. Das worauf wir hoffen
ist ein vages, diffuses Bild unserer Selbst in einer sorgenfreien, geschützten
Zukunft. Wir sind bereit alle erdenklichen Wege zu gehen, alle Verträge und
Verpflichtungen einzugehen um das für uns selbst zu erreichen. Aber mit wen
gehen wir diese Verträge ein? Wer ist dieser Vertragspartner der uns dieses
Entgegenkommen zugestehen soll? Wer sind wir in Beziehung zu ihm? Ist es das
Schicksal? Sind wir tatsächlich dermaßen gläubig? Ist es die Macht eines
anderen Menschen? Wer gibt ihm diese Macht? Wer garantiert seine Position wenn
nicht unsere Einwilligung und die Akzeptanz unserer Rolle als Bittsteller? Und
was unterscheidet diesen Menschen von uns? Das Schicksal?
Wir sind selbst das Schicksal dieses Lebens, dieser
Existenz. Wir haben die Vorgänge mitbestmmt, wir stützen und tragen die
bestehenden Systeme durch unser Tun und unser Nicht-Tun gleichermaßen. Wir sind
keine Opfer und wir sind auch keine Bittsteller. Wir haben keinen
Vertragspartner außer uns selbst.
Es ist die Grundlage aller Selbstrechtfertigungen die
Existenz einer Übermacht zu unterstelen, die weder genau definiert noch bewiesen
ist, der wir unseren Willen aber angeblich unterworfen haben und auch zuknftig
unterwerfen müssen. Diese diffuse Macht übernimmt oder trägt eben auch die
Verantwortung für all unser Tun und hat die Knsequnezen unserer Lebensweisen
vor sich selbst zu rechtfertigen. Diese Vorstellung stellt eine scheinbare
Erleichterung für unser Bewußtsein dar, ist aber eine Illusion, eine
Externalisierung der Schuld, eine kindlich naive Abweisung der ‚unangenehmen‘
Verantwortung.
Doch die eigentliche Frage müsste zunächst sein „Warum
empfinden wir diese Verantwortung als unangenehm?“. Und da kommt wieder die
Systematik ins Spiel, das System der Gesellschaftsordnung als Projektion
unserer inneren Welt, unserer inneren Rechtfertigungsmechanismen, in dem wir
Institutionen der Erziehung und Konditionierung geschaffen haben, die unser
Bewußtsein und unsere Persönlichkeit eben derart konstruieren und gestalten,
dass wir grundlegende Werte dementsprechend anerkennen.
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